Herbst
Leise Töne ...

Aktuell - Damals wie heute
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Herzlich willkommen im neuen Eintrag unseres Tagebuchs,

Sissi hat mich gefragt, als wir uns kurz im Auslauf getroffen haben, ob ich nicht Lust hätte, auch einmal einen Eintrag fürs Tagebuch zu übernehmen. Immerhin sind wir zur Zeit auch sehr viele Hunde und daher macht es Sinn, dass auch ein Vertreter aus dem Hundehaus am Tagebuch beteiligt ist.
Oh, bitte entschuldigen Sie, ich habe vergessen mich vorzustellen: mein Name ist Pinsel.
Ich weiß, das ist ein etwas ungewöhnlicher Name für einen Hund. Ich habe das schon öfters gehört und ja, es gibt diesen Namen häufiger in der Katzenwelt zu hören, als bei uns und ich bin mir auch nicht sicher, welche Hintergedanken die Menschen hatten, die mir diesen Namen gegeben haben, aber ich mag meinen Namen. Auch wenn ich natürlich nicht malen kann oder es noch nie versucht habe, ob ich es könnte, aus meinen Ohren keine Haare herausstehen, die wie Pinsel aussehen und auch der Rest meines kleinen Hundekörpers keine Verbindung zu einem Pinsel hat, so finde ich dennoch, dass der Name zu mir passt. Ich trage den Namen jetzt auch schon etwas länger und bin auch kein junger Hundemann mehr. Geboren wurde ich im Jahr 2013 und das macht mich in der Tat zu einem Senior. 
Das heißt aber nicht, dass ich zum alten Eisen gehöre - davon bin ich noch ziemlich weit weg. Ich liebe es zu spielen, Bällen hinterherrennen ist eine meiner Lieblingsbeschäftigungen. Mit meinem WG-Partner Benny hatte ich erst ein tolles Fotoshooting in einem unserer Ausläufe und da habe ich ganz klar gezeigt, dass ich auch mit 2 Bällen spielen kann und ihm immer wieder den Ball weg genommen. Er ist ein junger Hüpfer und ich war - schlau und gewitzt wie ich bin - dennoch schneller. Aber ich mag Benny, er ist ein toller Mitbewohner. Wir sind ungefähr gleich groß und damit komme ich gut klar. Große Hunde mag ich nicht so gern, auch sollten sie nicht aufdringlich und laut sein, denn das mag ich auch nicht wirklich. Menschen, ja, Menschen hab ich sehr gern. Hier darf ich auch so richtig kuscheln und bin dabei manchmal wohl noch etwas überschwänglich und drängle mich vor. Aber dazu muss man wissen, dass ich bisher mit sehr vielen Artgenossen zusammen gelebt hatte und gerade als kleinere und älterer Hund steht man da absolut nicht im Mittelpunkt. Hier im Tierheim fange ich an zu begreifen, dass man auch als Hund mal warten muss und es nicht gleichbedeutend ist mit vergessen werden. Ich möchte nie wieder übersehen oder vergessen werden, also melde ich mich immer und immer wieder und hüpfe und springe. Die Menschen hier erklären mir mit unendlich viel Geduld, dass ich das nicht tun muss, dass sie mich sehen und wirklich mögen.
Verstehen Sie mich nicht falsch...ich bin kein Draufgänger oder ein wilder kleiner Mann. Ich weiß nur noch nicht so genau, wie das alles mit den Menschen funktioniert, aber ich lerne jeden Tag immer weiter dazu, bis dann der eine tolle Tag kommt und Menschen nur zu mir kommen und nur mich kennen lernen wollen.
Im Moment sind wir sehr viele Hunde hier im Hundehaus. Insgesamt 28 Stück - davon 14 erwachsene Hunde und 14 Welpen. 
14 Welpen....können Sie sich vorstellen, welche Geräuschkulisse 14 Welpen erzeugen, wenn sie alle gleichzeitig von ihren armen geplagten Müttern etwas wollen oder etwas erzählen müssen. 14 Welpen ...  also ich weiß ja nicht, wie Loredana und Emma das machen, aber ich hätte wahrscheinlich schon um ein Einzelzimmer gebeten.
Ich wohne - wie ich schon erzählt habe - mit Benny zusammen. Er ist, so wie ich, ein netter kleiner Kerl und wir haben irgendwie rein äußerlich einiges gemein.
Gerade unsere Fellfarbe lässt uns sehr ähnlich aussehen: wir sind beide sozusagen hellbraun oder beige. Klingt das spannend? Beige ... oder klingt das eher unscheinbar und langweilig? Die Frage habe ich mir ehrlich gesagt erst gestellt, als ich am Rande gehört habe, dass "schwarz" eine negative Bedeutung zu haben scheint. Ich habe also einen Blick zu Wuschel und Blacky geworfen und mich gefragt, was damit wohl gemeint ist. So kam mir der Gedanke, was denn meine Fellfarbe für eine Bedeutung haben könnte. Nun, Sissi meint, dass beige nicht gerade eine tolle Farbe ist und ich sollte lieber bei hellbraun bleiben oder mir eine Farbe wie "sonnengebräunt" ausdenken, damit die Menschen mich nicht als unscheinbar erachten, denn unscheinbar ist keine gute Voraussetzung um gesehen zu werden.
Da hat sie recht. Diese Katze ist wirklich schlau.
Also sind Benny, Jeronemo, Bernadette und ich sonnengebräunt und in uns steckt sehr viel Abendteuer und Lebensfreude, die nur auf die richtigen Menschen wartet, um entdeckt zu werden.
Apropos Sissi...sie hat mich gebeten auszurichten, dass die versprochenen Action-Fotos von ihr natürlich in Arbeit sind und sie hat mir schon mal einen kleinen Vorgeschmack für meinen Eintrag gegeben. Aber sie meint auch, dass der Mensch, der immer die Fotos macht, manchmal einfach zu langsam ist, um sie in voller Bewegung zu erwischen.
Ja, das kann ich mir gut vorstellen...wenn Sissi mal los legt, dann muss man sicherlich sehr schnell sein.
Schöne Fotos sind auch sehr wichtig. Nicht, dass Sie glauben, dass wir auf Äußerlichkeiten achten, nein, wir achten mehr auf Düfte und Gerüche, Bewegungen und Stimmen, als auf Haarlänge, Größe oder Bekleidung - nur Schuhe, Schuhe können bei dem ein oder anderen Bewohner eine etwas größere Beachtung finden.
Aber gute Bilder sind wichtig, auch wenn dies nur Momentaufnahmen sind.
Ich habe für das Tagebuch ein paar sehr schöne Bilder von Jenny, Stella, Jeronemo, RonjaSchneewittchen und Prinzessin bekommen und muss sagen, dass manchmal Fotos in diesem einen kurzen Moment zeigen können, welch Hund sich hinter der schützenden Mauer versteckt.

Verstehen Sie mich nicht falsch, aber wenn Sie uns, die wir aus keiner guten Erfahrung mit Menschen heraus hier eingezogen sind, wirklich kennen lernen wollen, sich wirklich für uns interessieren und nicht nur mal so nebenbei ein Haustier holen wollen, dann brauchen Sie Zeit. Wir brauchen Zeit und um uns geht es hier. Wir sind keine Stofftiere, wir haben keinen Knopf im Ohr, wir fühlen, riechen, empfinden und müssen erst Vertrauen erlernen. Sie riechen für uns vollkommen fremd, sie klingen unbekannt und wir können Ihre Bewegungen nicht einschätzen. Wir wissen nicht, ob Sie uns etwas Böses antun möchten oder ob Sie uns gerne haben werden. Natürlich ist das viel erwartet, dass man als Mensch Rücksicht auf so einen einfachen Hund wie uns nimmt, aber es geht nicht anders, wenn wir zueinander finden wollen. Wir können das Erlebte hinter uns lassen, aber das geht nicht auf Knopfdruck, nicht sofort.
Schauen Sie mich an, schauen Sie meine Bilder an, ich sehe glücklich und begeistert aus, aber ich habe auch die Zeit bekommen, zu wissen, dass der Ball und der Mensch, der ihn wirft, mir nichts tun werden. 
Zeit und Geduld kann zu Tage bringen, was Hund aus Angst und Verunsicherung erst einmal versteckt - das geht nicht mal schnell mit 30 Minuten Gassigehen.

Die schönen Bilder von uns sind übrigens nicht die einzigen tollen Bilder, die ich für meinen ersten Eintrag ins Tagebuch bekommen habe. Ich habe alte Bilder von unserem Tierheim bekommen.
Ich dachte zuerst, wo das denn sein soll, aber das ist wirklich unser Tierheim. Ist es nicht verrückt, wie es sich entwickelt hat?
Aber auch unser Tierheim ist nun in die Jahre gekommen.
Sissi hat mir erzählt, dass wenn es still wird im Tierheim, man nicht nur die Bäume um uns herum knacken hört, wenn sie sich im Wind bewegen, sondern auch die alten Gebäude, die die schwere Last von uns allen zu tragen haben.
Sie hat mir versprochen, da ich ja noch ein Frischling in Sachen Tagebuch bin, ein paar Geschichten zu erzählen. 
Ich frage mich, wann mich zum letzten mal jemand als "Frischling" bezeichnet hat....

So und damit entlasse ich Sie aus meinem ersten Eintrag ins Tagebuch und freue mich, wenn mir Sissi vielleicht nochmal die Gelegenheit gibt, ein paar Geschichten aus dem Hundehaus zu erzählen. Jetzt ruhe ich mich erst einmal ein wenig aus und überlege, welch aufregenden Geschichten ich von Sissi hören werde.

Es hat mich sehr gefreut, Ihr Gastgeber im Tagebuch zu sein.
Ihr
Pinsel

Tierheim Höchstädt

Bürgerreporter:in:

Sabine Pollok aus Dillingen

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