Mein Tagebuch
Wer hätte es gedacht? Ich der unbekannte Straßenköter aus Griechenland habe ein eigenes Tagebuch!
Ja, ich weiß ... es ist eigentlich Pinos Tagebuch und ich darf dabei helfen, aber überlegen Sie sich doch einmal wo ich angefangen habe und wie weit ich jetzt schon gekommen bin. Wenn man es so betrachtet, dann bin ich ein verdammtes Glückskind, denn ich lebe noch.
Mein Leben begann recht wild und unbeständig auf der Straße, wurde dann etwas besser, doch ich war noch nicht so weit mit Menschen zu leben und wusste nicht, wie ich mich benehmen sollte.
Über Umwege bin ich dann hier im Tierheim in Höchstädt gelandet und bin hier, wie unsere Menschen so schön sagen, erwachsen geworden. Ich habe zwischendurch mit Menschen gelebt, aber das hat nicht so funktioniert, wie wir uns das alle vorgestellt haben. Sie waren gut zu mir, aber wahrscheinlich war es einfach auch noch zu früh für mich.
Jetzt wäre ich so weit! Ich habe viel gelernt und weiß mittlerweile so ungefähr, was der Mensch erwartet...gut, sicher weiß ich nicht nicht alles, aber ich denke, ich bin so weit, es raus zu finden.
Wahrscheinlich hat mich Pino deswegen gefragt, ob ich ihm helfen möchte mit dem Tagebuch, weil er für mich hofft, dass diese viel erwähnte Magie bei mir funktioniert.
Das ist ziemlich selbstlos von ihm und hat mich sehr überrascht - gefreut natürlich, aber eben auch überrascht. Nicht, dass Sie glauben, dass Pino ein egoistischer Trottel ist ... nein, aber Pino und ich sind fast gleich lang hier, also er sogar länger als ich und er ist ja auch um einiges älter als ich und da dachte ich mir schon, dass er die Magie viel mehr für sich nutzen möchte.
Ich habe zwischendurch eine kleine Familie gehabt, er bisher leider noch nicht.
Als er mich gefragt hat, ob ich mir vorstellen könnte, über das Leben im Tierheim zu schreiben, habe ich mich das erste Mal gefragt, wie es ist, er zu sein. Wie ist es, wenn man doch schon eine zweistellige Zahl vor seinem Alter hat und dennoch keinen Plan hat, was morgen passiert.
Wie ist es, wenn man zwar schon zum Gassigehen geholt wird und auch geliebt wird, aber es doch irgendwie anders ist, als feste Menschen zu haben.
Wie ist es, dass die Menschen die kommen, einen sehen, aber nicht wahrnehmen.
Ich glaube das leben als Pino ist nicht so einfach, wie ich mir das immer vorgestellt habe. Er wirkt so übermütig und glücklich und bellt und rennt und freut sich scheinbar immer und über alles, aber in Wahrheit ist dem wohl nicht so.
Ich habe mich immer gefragt, wenn ich ihn beobachtet habe, warum er denn nicht mit den Menschen kuschelt, wenn sie Zeit für ihn haben.
Zuerst dachte ich, er weiß nicht wie das geht. Mittlerweile glaube ich, dass er sich selbst schützt - sich versucht vor der Enttäuschung zu bewahren, dass der Mensch eigentlich garnicht ihn meint, sondern es nur aus Pflichtgefühl heraus tut. Ich denke, hinter diesem harten Kerl, den Pino versucht darzustellen, steckt ein sehr sensibler Hund, der es nicht zulassen kann, nochmal verletzt und im Stich gelassen zu werden.
Ja, ich weiß, so einen genauen Blick hat mir kaum einer zugetraut, wenn man bedenkt, dass ich leicht schiele und manchmal angeblich Schatten jage ... ja, ich weiß schon, was man so über mich erzählt. Nur weil ich ein paar blonde Stränchen habe, heißt das nicht, dass ich viel mehr verstehen kann, als man wohl so glaubt.
Ich bin schon ein ganz kluges Kerlchen - sonst hätte ich mein Leben vor meinem Leben in Deutschland nicht überlebt. Das Leben auf den Strassen in Griechenland ist für Tiere nicht einfach - das ist auch hier nicht einfach, denn das ist nirgendwo einfach!
Dieses Leben zu meistern erfordert viel Instinkt, kein Vertrauen in irgendwas und irgendwen und einen wachen Blick.
Viele meiner Freunde von damals werden nicht mehr leben - da muss ich mir nichts vormachen. Ich hatte Glück. Ich wurde gerettet. Auch wenn ich bei diesen Menschen nicht glücklich werden konnte und wir zusammen nicht nur Gutes erlebt haben, muss ich diesen Menschen mein Leben lang dankbar sein, dann sie haben mir die Chance auf ein neues Leben als Hund geschenkt.
Auch das ist mir bewußt!
Und mein Einzug hier in Höchstädt war mein nächster Glücksgriff. Ich glaube nicht, dass es viele Orte gegeben hätte, wo ich mich hätte so entfalten dürfen - in aller Ruhe ohne Druck und Stress.
Und jetzt hat mich die nächste glückliche Fügung getroffen: ich habe eine ganz tolle Patenfamilie, die ganz viel kommt und mit mir Gassi geht. Ich sehe sie schon ein wenig als richtige Familie an, auch wenn wir nicht zusammen wohnen, denn ich spüre, dass sie mich wirklich sehr gern haben. Manchmal laufen wir ganz weit, manchmal machen wir schöne Pausen und egal was, ich genieße es immer.
Wenn mir jemand erzählt, dass sie kommen, dann freue ich mich und bin ganz aufgeregt, denn ich weiß, dass ich eine gute Zeit haben werde.
Einige unserer Bewohner haben auch tolle Paten.
Ich weiß, dass Charlie seine Ersatz-Mama hat, die auch so oft es geht zu ihm kommt und sich dann in der Tat stundenlang nur mit ihm beschäftigt. Ich weiß, dass unsere liebe Becky eine Familie ... ah, das darf ich ja nicht sagen ... also ich weiß, dass es Becky bald richtig gut gehen wird und der Grund dafür jeden Tag kommt und sich um sie kümmert.
Und ich weiß, dass Bessy und Sammy ganz viel mit tollen Leuten unterwegs sind und wenn man die Beiden sieht, dann versteht man auch, warum sich fast jeder Gassigänger verliebt.
Sogar unsere neuen Bewohner im Hundehaus haben schon Aufmerksamkeit erregt.
Ja, das als kurze Information zwischendrin: wir haben 2 neue Bewohner im Hundehaus. Sie heißen Lulu und Leon aber über sie wird Pino das nächste mal ein wenig erzählen.
Aber Pino ... was ist denn bei Pino los, dass er jetzt schon über 2 Jahre hier ist und noch nie - wirklich nie - eine Familie für ihn da war?
Das kann ich wirklich nicht verstehen.
Das war das erste, was mir durch den Kopf ging, als er mich gefragt hat, ob ich ihm helfen wolle.
Ja, ich werde Dir helfen mein lieber Kumpel, denn ich glaube, Du brauchst alle Hilfe, die wir für Dich finden können, damit Du endlich eine Für-Immer-Familie findest.
Und noch etwas ist mir aufgefallen - wir sind mehr Hunde als Katzen! Zumindest die Bewohner des Katzenhauses, die ich sehen kann.
Denn ich habe die große Freude 2 Auszüge aus dem Katzenhaus zu vermelden.
Da wäre Franklyn der erst vor Kurzem bei uns einziehen musste und jetzt schon seine neue Familie gefunden hat und dann noch - und das ist eine ganz tolle Nachricht ... unser Gassigänger aus dem Katzenhaus Fonso hat seine Familie gefunden, die sich nicht schöneres vorstellen können, als viele entspannte Spaziergänge mit ihm zu unternehmen.
Ich das nicht toll!
Damit haben wir Hunde aber sehr deutlich die Überhand übernommen!
Gut, ich weiß, es gibt einen Bereich, den wir Hunde alle nicht kennen und ich habe gehört, dass da doch schon noch ein paar Katzen und Kater wohnen, die zur Zeit noch nicht soweit sind, eine Familie suchen zu können, aber dennoch ist es erstaunlich, dass wir Hunde endlich die Chefposition übernommen haben - auch wenn es sich so gehört.
Pino erklärt mir gerade,dass ich mit solchen Aussagen vorsichtig sein sollte, denn unsere Haus- und Hofkatzen Mila und Shircan verstehen wenig Spaß, wenn es darum geht, wer hier das Sagen hat.
Gut, ich werde mich bei den Beiden entschuldigen, wenn ich sie sehen sollte.
Mila und Shircan sind übrigens zwei wilde Katzen, die beschlossen haben, dass das Tierheim ihnen gehört und einfach sozusagen eingezogen sind.
Da unsere Menschen ja toll sind, bekommen die beiden auch immer wieder etwas Futter und sie wissen auch genau ab wann der Napf da stehen sollte und wehe, er ist nicht pünktlich an Ort und Stelle.
Die Beiden fühlen sich mit ihrem gemeinsamen Leben bei uns richtig wohl und es wäre falsch, ihnen etwas anderes aufzwingen zu wollen.
Also dürfen sie unser Tierheim als Zuhause ansehen, unsere Menschen schauen, dass es ihnen gut geht und sie zur Not auch ärtzlich versorgt werden könnten - ha, die Fangaktion würde ich zu gerne sehen - und Mila und Shircan danken es mit fernen Schnurren, Motorhaube warm halten oder Mäuse jagen.
Das ist doch auch etwas Schönes in unserem Tierheim - hier soll jeder Bewohner das Recht haben, sich nicht verbiegen zu müssen.
Ja, ich habe großes Glück gehabt, hier einziehen zu können und ich sage Ihnen, es ist an der Zeit, dass ich mit Pino zusammen und der Magie des Tagebuchs ein wenig von dem Glück verteilen kann.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit, vergessen Sie uns nicht und bleiben Sie uns treu.
Ihr
Fynn
Bürgerreporter:in:Sabine Pollok aus Dillingen |
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