Liebes Tagebuch

Betty
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Ringo hat mich gebeten etwas sehr Ungewöhnliches zu tun. Ich soll für Dich, liebes Tagebuch, die Bewohner des Hundehauses bewerten. Nun ja, seien wir ehrlich, er hat gesagt, ich solle sie mal von meiner Sicht aus vorstellen – vielleicht ist bewerten ein nicht ganz so freundliches Wort. Und er hat mir gesagt, ich solle mich kurz halten und nicht ständig abschweifen.
Gut … ob er sich sicher ist, was er da tut und von mir erwartet kann? Wobei es mich ja an sich nie interessiert, was irgendwer von mir erwartet, sondern ich prinzipiell sehr gerne mein Leben nach meinem Willen lebe. Zugegebenermaßen ist dieser Wunsch im Moment etwas eingeschränkt oder beschränkt, da ich hier doch nicht ganz nach meinem freien Willen tun und lassen kann, wie ich es will und wann ich es will, aber es kann ja auch nicht immer alles perfekt sein im Leben.
Also Ringo ich werde mal sehen, was mir zu Deinen Kumpels einfällt, auch wenn ich nicht alle persönlich kenne, aber da erlaube ich mir dann eine kleine Einschätzung.
Laß mich also mal anfangen. Wen hätten wir denn da?
Fangen wir mit einem unserer „Sorgenkinder“ an Kay.
Groß, stattlich und beeindruckend sind die ersten Begriffe, die mir zu Kay in den Sinn kommen. Er ist ein sehr gelehriger Kerl, das konnte ich beobachten, als er noch sehr viel im Auslauf unterwegs war. Manchmal war er alleine, da ist er fast nur im Kreis gelaufen - warum hat sich mir nie erschlossen - oder es war ein Mensch bei ihm und er hat immer wieder die gleichen Übungen gemacht. Komisch, daß Hunde immer so Übungen machen sollen oder wollen. Wir Katzen machen sowas nicht – ob jetzt nicht notwendig oder es ohnehin vergebens wäre uns Übungen beibringen zu wollen, überlasse ich ganz Deiner Einschätzung, liebes Tagebuch. Ich schweife ab! Dann ist Kays Unfall passiert und was soll ich sagen, was nicht schon allen gesprochen wurde, er hat sehr viel über sich ergehen lassen müssen. Nicht nur 2 OPs und zuerst Schrauben innen, dann Schrauben außen, dann diesen schrecklichen Kragen, dann immer nur an der Leine laufen, dann immer nur kleine Runden, dann immer nur drinnen sein und das über einen so langen Zeitraum ... ich dachte immer der große Kerl wäre ungeduldig und stur, aber er hat das alles über sich ergehen lassen und ganz gut weggesteckt, soweit ich es beurteilen kann. Erstaunlich. Er ist wohl ein echt harter Kerl und jetzt endlich auf dem Weg der Besserung. Dennoch hat auch er so eine kleine schwarze Seite, ein kleines Problemchen wie ich erfahren konnte. Er scheint nicht immer zielsicher den Unterschied zwischen drinnen und draußen zu erkennen, wenn es um seine Geschäftchen geht. Eine ungute Angewohnheit, die aber vielleicht auch einfach nur an seiner aktuellen Lebenssituation liegt. Wissen wie oft wir schon von Ehemaligen gehört haben, daß sich unschöne Angewohnheiten wie von selbst ablegen ließen, als sie im eigenen Zuhause angekommen waren. Wer weiß, was Kay alles an seelischen Müll von sich werfen könnte, wenn er ein richtiges Zuhause hätte. Davon abgesehen, ist er halt einfach kein Schoßhund, auch wenn er für sein Leben gern kuschelt und schmust. Ab und dann zwickt er auch mal. Aber hallo, wer von uns Katzen verteilt nicht auch hin und wieder ein paar Liebesbisse.
Dann wäre da das nächste Notfellchen Hugo. Das ist ein ganz spezieller Fall dieser Hugo. So ein kleiner Kerl, denkt aber er ist ein ganz Großer, schreckt vor nichts und niemandem zurück, ist göttlich zu beobachten, wenn er versucht mit seinen größeren Nachbarn mitzuhalten und mit seinen kurzen krummen Beinchen durchs Gehege fliegt. Hugo ist einfach ein Dackel. An sich ist es ganz einfach … man muß ihn lieben so wie er ist. Es wundert mich, daß er noch immer bei uns lebt, denn auch wenn er eine raue Schale zeigt, so ist es doch glasklar und ohne Zweifel zu erkennen, daß er ein kleines Sensibelchen ist, das doch nur eine warme Decke will, einen Garten, so daß er aus sicherer Entfernung ab und dann stänkern kann und ein gutes Zuhause, wo es Futter und Streicheleinheiten nach Aufforderung gibt. Du solltest mal sehen, liebes Tagebuch, wie Hugo zu verstecken versucht, wenn er mit seinen Kumpels nicht mehr mithalten kann und pseudomäßig drinnen nach dem Rechten schauen muß, anstelle noch eine Runde Rennen durchs Gehege mitzumachen. Er ist ein gewiefter alter Knochen der gute Hugo mit einem großen Dackelherz, das auch nur Liebe und Verständnis sucht.
Bei Hugo fällt mir natürlich sofort Kasimir ein.
Kasi .... hm, laß mich nachdenken .... Kasi ... warum ist der noch hier? Er hat genau die richtige Körpergröße für einen Hund, er ist lebendig, hat aber auch seine ruhigen zurückhaltenden Seiten. Er liebt Menschen, sobald er Vertrauen gefaßt hat und sich sicher ist, daß ihm keiner was tut. Er kuschelt gern, er spiel gern, er geht gern Gassi, er hat keine gesundheitlichen Probleme und wenn es abends dunkel und ruhig wird, dann verzieht er sich in sein Körbchen und schläft. Warum ist Kasimir noch bei uns? Gut, er hüpft gerne wenn er aufgeregt ist, das mag die Menschen vielleicht erschrecken und er bellt auch, wenn Besucher vorbei gehen oder andere Hunde, aber das ist doch auch nicht unnormal. Er ist ein Hund! Hunde bellen, wenn sie etwas aufregt oder sie etwas nicht erkennen oder verstehen! Deswegen bellen manche Hunde einfach auch sehr viel, weil sie nicht so wirklich viel verstehen. Aber Kasimir ist kein Dauerkläffer oder eine Nervensäge. Er ist vielmehr ein echt toller mittelgroßer Kerl, der bisher wohl vollkommen mißverstanden wurde. Weißt Du Tagebuch, wenn es heißt, daß ein Tier am Anfang etwas zurückhaltend ist, bedeutet das nicht, daß man Monate investieren muß, um sein Zutrauen zu gewinnen. Manchmal geht das auch schon in einem Tag, mit ein paar feinen Leckereien und einem weichen Bett. Ich weiß nicht, warum Kasi noch nicht sein großes Glück gefunden hat.
Und dann kommen für mich die ganzen neuen Bewohner im Hundehaus.
Kappo - was ist denn das für ein Name. Kappo. Also er sieht eher aus wie "Spiel mit mir", "Hallo wo bist Du", "Mir ist langweilig" .... fällt Dir dazu ein passender Name ein? Er ist aufgeweckt, manchmal ein bißchen zu sehr wie es mir scheint. Er liebt diesen großen gelben Ball, mit dem auch Mira und Marlo so gerne toben. Kappo zeigt damit ein unglaubliches Bewegungstalent. Wenn ich ihn im Auslauf beobachte, dann bin ich immer wieder erstaunt, wie geschickt er sich mit dem Ball anstellt. Aber es macht ihm an sich nur Spaß, wenn ein Mensch dabei ist. Ich habe den Eindruck, daß der gute Junge noch nie richtig mit Menschen zu tun hatte, die auch das Wort Erziehung richtig auslegen. Er ist so ein Vertreter seiner Rasse, der alles über Spiel lernen kann. Vielleicht hört er dann auch auf unsere Menschen anzuspringen und festhalten zu wollen - das macht er nämlich nur allzugern. Auch wenn er dünn aussieht, so hat er richtig Kraft in sich und die weiß er viel zu wenig zu kontrollieren. Aber er ist nie böse! Er ärgert gerne Hugo so lange, bis der versucht ihn in die Nase zu beißen - was schwer ist, weil bei Kappo da wenig Nase ist.
Ungefähr das Gleiche könnte ich auch über Marlo sagen, aber mit dem einen sehr großen Unterschied, daß Marlo sehr genau weiß, was Erziehung ist. Bei ihm funktioniert fast alles mit leisen kurzen Kommandos. Ich habe ihn erst vor kurzem im Auslauf gesehen und da hat er ganz tolle Sachen gemacht - scheinbar ohne große Mühe und mit ganz viel Begeisterung. Auch wenn er Fremden und Neuem gegenüber sehr mißtrauisch ist und sein Mißtrauen oft mit Zähnen zeigen und Knurren zum Ausdruck bringt, so ist er selbst in so einem Moment sofort bereit ein Kommando wie "sitz" zu befolgen. Ich weiß jetzt nicht so genau, wie ich das einordnen soll. Wir Katzen machen sowas ja an sich nur dann, wenn wir unsere Dosenöffner einlullen wollen, weil wir irgendwas erreichen wollen. Denken Hunde ähnlich? Will Marlo mit seinem fast perfekten Gehorsam irgendwas erreichen? Vielleicht kann mir das Ringo mal in einer ruhigen Minute erklären. Marlo ist wohl noch hier, weil auch er kein Schoßhund ist, der mal schnell in eine neue Situation geworfen werden kann. Er braucht die Gewißtheit, daß der Mensch auf ihn aufpassen kann, dann entspannt er sich und mit der Zeit wird dieser Zustand dauerhaft sein.
Mira! Hallo hier bin ich, man kann mich nicht übersehen, denn ich bin hübsch und groß und ich will spielen spielen spielen spielen laufen laufen rennen rennen spielen spielen - und dann irgendwann mal schlafen und vorher noch schön kuscheln. Das müßte Mira gut treffen. Sie ist Leben und Energie pur. Sie ist manchmal etwas stürmisch, sie müßte das Gassigehen mit Menschen an der Leine noch etwas lernen. Sie versucht mit jedem und allem Kontakt aufzunehmen, sie ist ein Teenager in einem großen kräftigen Körper, der noch nicht so genau weiß, wo die Reise hingehen wird. Sie liebt Ihren großen gelben Ball über alles. Aber wenn es Abend wird, dann ist sie auch ganz still und legt sich in ihren Korb und dann wird aus diesem großen Energiebündel Mira ein kleiner Haufen Fell, der sich versucht Geborgenheit vorzustellen.
Dann haben wir Lucky unseren roten Baron - naja, ich weiß, er ist rot/weiß, aber ich finde irgendwie paßt das mit dem roten Baron zu ihm. Er ist nett und freundlich, immer noch sehr aktiv mit seinen 7 Jahren und will nach wie vor sehr gerne Spazieren gehen. Ich habe bisher noch nichts an ihm gefunden, was ein Problem wäre. Er ist nicht gerne hier. Am Anfang war er sehr unglücklich, mittlerweile hat er sich ein wenig eingelebt, aber besser fühlt er sich deswegen immer noch nicht. Es wäre so schön, wenn auch er bald ein Zuhause finden würde.
Bella? Da bin ich am Anfang erst einmal erschrocken und habe mich gefragt, warum Bella ins Hundehaus umziehen muß, ehe ich verstanden habe,daß wir einen Hund haben, der Bella heißt. So war ich beruhigt, daß unsere Bella bei ihrem Barney bleiben darf. Ob die zwei Namensvetterinnen sich verstehen würden? Wahrscheinlich eher nicht. Ich kann die Hündin Bella noch nicht richtig einschätzen. Ich habe sie noch nicht viel gesehen. Sie scheint nicht gerne angefaßt zu werden, was wohl oder übel auf schlechte Erfahrungen zurückzuführen ist. Nun ja, es braucht noch ein wenig Zeit, ehe Bella versteht, daß Menschenhände mehr tun können als Bälle zu werfen. Das tut sie nämlich gerne - spielen.
Und auch Walker kenne ich noch garnicht. Ich habe nur gehört, daß dieser kleine Kerl es geschafft hat 9 Monate alleine zu überleben - nicht irgendwo eingesperrt, sondern alleine sozusagen in der freien Wildbahn. Wo Walker herkommt weiß ich nicht, aber es ist gut, daß er jetzt bei uns ist. Er ist noch schüchtern und wird seine Zeit brauchen, sich an Menschen und deren Angewohnheiten zu gewöhnen.

Herrje, jetzt habe ich soviel geschrieben, armes Tagebuch!

Und dabei gibt es auch noch ein paar Auszüge aus dem Katzenhaus zu vermelden. Ja, endlich wieder ein paar Auszüge.
Da wäre unser Zorro der schon vor einigen Tagen sein neues Leben begonnen hat. Und auch die Fünferrunde Bibi, Blümchen, Benjamin, Otto und Carla ist kleiner geworden, denn Otto und Carla sind ausgezogen.
Und ein Auszug der mich persönlich sehr freut, denn ich finde es immer aufmunternd wenn eine ausgewachsene Katze auszieht, das schenkt mir immer wieder Hoffnung ... unser Amadeus ist ausgezogen. Gut, das wundert mich nicht, denn er ist ein stattlicher und besonders hübscher Kater und noch dazu sehr liebenswert und nicht aufmüpfig ... also keine Frage, daß er schnell eine Familie für sich begeistern würde. Viel Glück und Spaß Euch allen.

Und weil ich Deine Seiten damit dieses Mal extrem beansprucht habe, liebes Tagebuch, mache ich jetzt Schluß mit meinem Eintrag immer in der Hoffnung, daß der Tag kommen wird, an dem Ringo über mich schreiben kann, daß ich .... - Du weißt, was ich meine.
Deine
Betty

http://www.tierheim-hoechstaedt.de

Bürgerreporter:in:

Sabine Pollok aus Dillingen

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