Die Roten Khmer – Schreckensherrschaft und Genozid in Kambodscha

Kambodscha in den 1970er Jahren. Nur selten blickt Europa auf die Geschichte der Länder, die außerhalb des europäischen Kontinents liegen, nur selten thematisieren europäische Schulen oder europäische Literatur die tragische Geschichte des Landes in Südostasien. Die Angehörigen der Millionen von Menschen, die dem Regime der Roten Khmer in Kambodscha zum Opfer gefallen sind, haben nicht dieses Privileg, das wir haben. Das Privileg, diesen Genozid zu Vergessen. In diesem Beitrag soll es um die Hintergründe der Roten Khmer gehen, sodass auch wir die Taten dieses Regimes nicht so einfach vergessen.

Machtergreifung

Nachdem Kambodscha im Jahre 1953 unabhängig von der Kolonialmacht Frankreich wurde, folgten zwei Jahrzehnten voller Tumulte:
– die kambodschanischen Studentenrevolte von 1963
– der Vietnam-Krieg
– und die Jahre 1970-1975, in denen Instabilität und Krieg im Land herrschten.
In der Geschichte haben es Diktatoren immer wieder geschafft, solche Zustände der Ungewissheit für ihre eigenen Zwecke zu nutzen und so war es auch in Kambodscha der Fall. Der bis dahin im Untergrund agierende Pol Pot schaffte 1975 mit seiner Guerillagruppe, die Roten Khmer, den damaligen Machthaber Lon Nol zu stürzen und die kambodschanische Hauptstadt Phnohm Penh einzunehmen.

Das Regime der Roten Khmer

Polt Pot und die Roten Khmer verfolgten eine radikal-kommunistische Ideologie, deren Ziel es war, eine agrarisch geprägte Gesellschaft zu schaffen. Dabei wurde die städtische Gesellschaft als Klassenfeind angesehen, weshalb alle Städte evakuiert werden sollten. Die nach der Machtergreifung sofort folgende Deportation der Stadtbevölkerung auf die Felder des Landes machte die Provinzstädte, darunter auch die Hauptstadt des Landes, innerhalb weniger Tage zu Geisterstädten. Das System der Roten Khmer glorifizierte das Bauerntum und die Führungsspitze handelte in Verborgenheit, weshalb deren Herrschaft auch als „Steinzeitkommunismus“ bezeichnet wird.

Eine vier Jahre lange Schreckensherrschaft

Vier Jahre (von 1975 bis 1979) befand sich Kambodscha in den Fängen der Roten Khmer. In diesen vier Jahren war eine Terrorisierung der Gesellschaft an der Tagesordnung. Wie sah diese Schreckensherrschaft genau aus?
– Kambodscha wurde zum Arbeits- und Gefangenlager
– man machte jede Person zum Arbeiter und man musste schwarze Einheitskleidung tragen (jegliche Individualität wurde somit abgeschafft)
– strenge Überwachung der Arbeiter, jeder Fehltritt wurde hart (oft mit dem Tod) bestraft
– Geld, Bücher und Privatbesitz generell schaffte man ab
– die gesamte intellektuelle Bevölkerung des Landes hat das Regime ermordet
– jegliche Religionsausübung wurde verboten, Anhänger von Religionen wurden verfolgt und deren Kirchen, Klöster und Moscheen zerstört

Genozid in Kambodscha mit über 1,7 Millionen Opfern

Diese erschreckenden Grausamkeiten waren jedoch noch lange nicht alles, was die Roten Khmer in Kambodscha anrichteten. Sie führten sogenannte Massensäuberungen (= Autogenozid, da die Regierung die Vernichtungsmaßnahmen gegen das eigene Volk richtete) durch, was vor allem Minderheiten, Vietnamesen und Ausländer betraf. In Todeslager oder bei der Zwangsarbeit auf den Reisfeldern starben zwischen 1,7 und 2,2 Millionen Menschen. Diese Opferzahlen entsprachen über 30% der Bevölkerung. Ein Symbol des Terrors wurde außerdem das Folter- und Verhörzentrum Tuol Sleng. In dieses sogenannte „Sicherheitsgefängnis 21“ wurden von 1975 bis 1979 über 14.000 Menschen in Gefangenschaft genommen, von denen angeblich nur sieben Insassen überlebten.

Das Ende des Regimes

Das Regime der Roten Khmer marschierte Ende 1978 in das Nachbarland Vietnam ein, um ein ehemaliges kambodschanisches Gebiet zurückzuerobern. Die Roten Khmer konnten allerdings dem darauffolgenden Gegenangriff der Vietnamesen keinen Widerstand leisten. Die Truppen eroberten Phnom Penh und beendeten das Regime der Roten Khmer am 7. Januar 1979. Die von den Vietnamesen in Kambodscha eingesetzte Regierung bestand aus geflohenen Intellektuellen und ehemaligen Mitgliedern der Roten Khmer. Die vietnamesischen Truppen bleiben bis 1989 in Kambodscha. Bis zu diesem Zeitpunkt waren sie in Konflikte mit Guerillagruppen und den Roten Khmer verwickelt. Aber erst nach dem Tod von Pol Pot 1998 kapitulierten die letzten Kampfverbände der Roten Khmer.

Mehr zu dem Regime der Roten Khmer gibt es in einem neuen YouTube-Video

Eine Geschichte zur Zeit der Roten Khmer

Der Roman „Roulette Khmer“ von Carl Isengard spielt zur Zeit des kommunistischen Systems der Roten Khmer. In der Geschichte erleben LeserInnen die Grausamkeiten der Schreckensherrschaft gemeinsam mit der Protagonistin Shanra, die mit ansehen muss, wie ihre Eltern in einem Lastwagen abtransportiert und zu einem Arbeitslager gebracht werden. Als Frau begibt sich die erwachsene Shanra auf einen Rachefeldzug, um Gerechtigkeit für die vielen Opfern des Völkermordes, die sie als Geister und verlorenen Seelen begleiten, zu verüben.

„Roulette Khmer: Tanz der langen Stunden einer kambodschanischen Rachegöttin inmitten eines makabren Kammerspiels“ von Carl Isangard ist erhältlich auf indayiedition, thalia, Hugendubel, Amazon

Bürgerreporter:in:

Dantse Dantse aus Darmstadt

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