Die sieben Säulen der Weisheit

Es ist lange her, das sich die Arabischen Stämme angeregt durch einen Engländer aufmachten, das Joch der osmanischen Unterdrückung abzuschütteln. Auch wenn sie rein kriegstechnisch Erfolg hatten, so wurden sie politisch, von den Kolonialmächten danach über den islamgrünen Tisch gezogen.
Erst Jahre und Jahrzehnte später, zogen sich die westlichen Besatzer zurück und überließen die Araber wieder ihren Wüsten und Ziegen.

Doch der Fund von Erdöl veränderte die Lage plötzlich kolossal. Die westlichen Wirtschaften die immer mehr nach dem schwarzen Gold lechzten, hoffierten plötzlich die arabischen Potentaten. Und dabei machte es absolut nichts aus, das praktisch keiner dieser Wüstensöhne ohne Gewalt an die Macht gekommen war und diese Macht auch völlig undemokratisch seit jeher, mittels Druck, Repressionen und Polizei gegen die eigenen Untertanen verteidigten.

Europas und Amerikas Industrie musste laufen, für eventuelle Menschenrechtsfragen war kein Platz. Und während die Söhne und Prinzen der jeweiligen Regierungschefs ihre islamischen Verbote nun außerhalb in Nizza, Monte Carlo und Kitzbühl in Alkohol ertränkten, die Petrodollars mit willigen Gespielinnen an dem Spieltischen auf der ganzen Welt verzockten, begann plötzlich bei einigen ihrer, streng gläubigen Untertanen ein Umdenken.

Und so begann 2011 das große Arabische Domino. Beginnend in Tunesien begannen die hauptsächlich armen jungen Leute nach zu denken und beschlossen, besonders unbeliebte Potentaten zum Teufel zu jagen. Tunesien, Ägypten und Libyen standen am Anfang, auch in Jemen, Syrien und Bahrein regt sich lauter Widerstand.

Nachdem sich die Europäer und vor allem die Amerikaner vom Erstaunen über den ungewohnten Freiheitsdrang der arabischen Bevölkerung seit Lawrence of Arabia erholten, begannen sie damit den Völkern zu helfen. Zuerst in den Medien und per politischer Äußerungen, dann später auch mit mehr oder weniger sanfter Gewalt.

Zum jetzigen Zeitpunkt vor allem in Libyen, dessen lernresistenter Diktator Gaddafi inzwischen zusehen muss, wie sein Spezialtruppen aus den Luft zerbröselt werden. Er will nicht verstehen, dass sein Volk ihn irgendwie nicht mehr mag. Zumindest dort, wo er keine Macht mehr ausüben kann.
Auch in Syrien treten immer mehr Unruhen auf, mal sehen wie sich Potentat al-Assat dagegen wehren wird.
Nun könnte man meinen, ist ja toll, dass sich Demokratie und Freiheit der Völker in ganz Arabien ausbreiten. Doch halt, ist das wirklich so toll? Was passiert eigentlich, wenn sie auch in Saudi-Arabien erste freiheitliche Bewegungen zeigen?

Seit dem 01.August ist Abdullah ibn Abd al-Aziz, König, Premierminister und uneingeschränkter Potentat in Saudi-Arabien. Und das Saudi Königshaus hat per Verfassung noch ein paar tolle Zugaben.

„Der Monarch (Malek) ist sowohl Staatsoberhaupt als auch Regierungschef und zugleich Kustos der beiden heiligen Städte. Er ist „legibus solutus“ (lateinisch für „von den Gesetzen losgelöst“), das bedeutet, dass er den Gesetzen, die er selbst erlässt, nicht untersteht. Gemäß den Artikeln 60 und 61 der Grundordnung ist der König oberstes sicherheitspolitisches Gremium und der oberste Befehlshaber der Streitkräfte. Er besitzt damit die alleinige und uneingeschränkte (absolute) Vollmacht über die Polizei, die Mutawwa, den Geheimdienst (Al Mukhabarat Al A'amah) und das saudische Militär. „ (Auszug aus der Wikipedia).

Das ist ja geil, „legibus solutus“, selbst Adolf Hitlers Notstandsgesetze aus der Weimarer Republik gaben nicht so viel her. Das, also der Diktatoren Persilschein auf der einen, aber vor allen Dingen das Öl auf der anderen Seite, verändern die Lage in SA doch völlig.

Denn gerade das „Land of the free“ ist der große Bruder der dortigen Araber. Ungeachtet z.B. das die Mehrzahl der Terroristen, die am 11.September 2001 das städtebauliche Bild von New York nachhaltig veränderten, aus Saudi-Arabien kam, nichts kann anscheinend die dicke Freundschaft zwischen König und Präsidenten trüben.

Selbst als im Zuge der aktuellen Freiheitsbestrebungen der Arabischen Völker der Herrschen von Bahrein die Saudis um Hilfe rief und diese umgehend, mit ihrem aus dem USA ausgestatteten Militär in Bahrein einrückten, um den potentiellen Volksaufstand nieder zu schießen, gab es kein bösen Wort aus den USA. Als eine ähnliche Aktion von Saddam Hussein durch geführt wurde, geriet ganz Amerika in Rage und der Golfkrieg brach aus.

Daher bin ich der festen Überzeugung, selbst wenn alle Potentaten im Nahen Osten Probleme bekommen, die Erdölschweren Saudis werden auch weiterhin an der Macht bleiben. Zu sehr wiegt die Macht der energiehungrigen Konzerne, als dass es sich selbst der Demokrat Obama erlauben könnte, negativ über das Saudische Königshaus zu äußern. Er wird sich daher an den Worten von Mark Twain orientieren, „Demokratie beruht auf drei Prinzipien: auf der Freiheit des Gewissens, auf der Freiheit der Rede und auf der Klugheit, keine der beiden in Anspruch zu nehmen.“

Und daher dürften die Auswirkungen des arabischen Dominos noch einige Überraschungen und Wendungen zeigen, nun ja auch andere Demokratien können ja vom Deutschen Außenminister lernen. Vielleicht hilft es ja, wenn der Westen überhaupt erst einmal eine Begrifflichkeit der Vorgänge in der arabischen Welt erstellt.
Um was handelt es sich eigentlich?
einen lokalen Aufstand
eine Volksaufstand
eine Rebellion
eine Revolution
einen Bürgerkrieg
begrenzter militärischer Konflikt
bewaffnete Unruhen
oder gar einen Krieg?

Dann könnte man ja zum Beispiel sagen, Volksaufstand (Tunesien, Ägypten, Libyen) ist gut, bewaffnete Unruhen (Bahrein, Saudi-Arabien) sind schlecht.

Es ist doch alles eine Frage der Definition.

Bürgerreporter:in:

Torsten Meletzki aus Cölbe

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