Sturmwache an der Mühle

Bockwindmühle Wettmar, Feb. 2020
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Orkan „Sabine“

Der Orkan „Sabine“ ist nach Südosten abgezogen und hat in unserer Region weniger Schäden hinterlassen, als man vorher befürchtete. Solche Wetterlagen sind für alle problematisch und gefährlich, insbesondere aber auch für traditionelle Windmühlen – in diesem Fall für die Bockwindmühle Wettmar bei Hannover.
Diese aus dem 16. Jahrhundert stammende Mühle wurde 2010 von ihrem alten Standort zu einem neuen windgängigen Platz verlegt und restauriert. Denn ihr alter Platz war inzwischen inmitten von Häusern und großen Bäumen gelegen, sie war renovierungsbedürftig und dort nicht mehr betriebsbereit. Sie ist heute ein bekanntes kulturhistorisches Denkmal und wieder voll funktionsfähig als Mühle.
Nachdem sie in Betrieb genommen und die erste Müllerausbildung beendet war, wurde eine sog. Sturmwache beschlossen, was sonst kaum üblich ist. Diese Sturmwache ist zwei Wochen lang verantwortlich für die Mühle und besteht aus drei Müllern bzw. einer Müllerin. Zur Zeit gibt es fünf Teams. Sie sollen möglichst täglich auf dem Mühlengelände und in der Mühle nach dem Rechten sehen.
Die wichtigste Aufgabe ist die Überprüfung der Mühlensicherheit. Das heißt, wenn die Mühle stillsteht, wird durch verschiedene Einrichtungen und Maßnahmen verhindert, dass sich die Flügel und damit die Mahleinrichtung unkontrolliert in Bewegung setzen können oder dass die Mühle insgesamt durch starken Wind beschädigt werden kann. Im Inneren gibt es verschiedene Brems- und Blockiereinrichtungen. Für den Außenbereich aber ist es notwendig, dass die Mühle per Hand durch die Sturmwache stets so gedreht wird, dass der Wind bzw. in diesem Fall der Sturm von vorn auf die Flügel strömt, denn nach hinten wird die Mühle durch den Steert, einen langen Holzbalken, abgestützt und steht so sicher im Wind. Würde ein Sturm sie seitlich treffen oder gar von hinten, dann wäre ein Umstürzen nicht überraschend oder ungewöhnlich.
Die Arbeit der Sturmwachen ist aber in aller Regel undramatischer, als der Name vermuten lässt, denn ein Sturmtief wie „Sabine“ ist selten. Im Alltag wird die Mühle daher nur kontrolliert, eventuell wird die Ausrichtung zum Wind korrigiert und alles im Betriebsbuch protokolliert. Die Sturmwachen informieren sich vorweg mit der Handy-App „Windfinder“ über die zu erwartenden Windstärken und -richtungen, schauen nach der Mühle und informierten sich teils untereinander per Messenger. Eine ständige, kleinliche Nachkorrektur der Mühlenrichtung ist auch nicht notwendig, denn ein Lüftchen von vier Beaufort (Maß für Windstärke), das auf eine Mühlenseite trifft, wirft eine Sechzig-Tonnen-Bockwindmühle nicht um, auch wenn sie nur AUF dem Boden steht und nicht in ihm verankert ist.
Der Schrecken vieler Müller ist der Orkan „Kyrill“, der im Januar 2007 über Europa hinwegzog, bis zu 225 km/h Windgeschwindigkeit erreichte und weithin Verwüstungen anrichtete – auch an Mühlen. Auch erinnert man sich, dass der Orkan „Christian“ im Oktober 2013 in Greetsiel von einer der bekannten Zwillingsmühlen die Kappe mit den Flügeln herunter riss. - Wenn also ein Orkan wie „Sabine“ mit großen Vorwarnungen angekündigt wird, dann schrillen bei Müllern die Alarmglocken. So auch bei der Sturmwache in Wettmar.
Zwei Müller des Teams mit Axel H., Lothar B. und Reinhard T.-B. verabredeten sich daher am Nachmittag der angekündigten Sturmnacht. Sie machten sich an die Kontrolle, als der Wind am Mühlenstandort schon kräftig mit Windstärke fünf bis sechs aus Südwest blies: Die Mühle stand aktuell richtig im Wind und nach Vorhersage des „Windfinder“ auch. Der Steert war durch eine Kette an der Steertwinde gesichert und durch den „Schrick“ korrekt abgestützt
Im Innern der Mühle wurden die beiden Sturmstützen nachgeschlagen, die das große „Kammrad“ blockieren. Dieses sitzt auf der Flügelwelle und treibt beim Mahlen die ganze Maschinerie an. Der „Klappenknecht“ wurde geprüft. Er verhindert, dass sich bei zwei Flügeln die „Jalousieklappen“ versehentlich schließen und die Flügel dann durch den Wind angetrieben werden können. Die Bremse auf dem großen Kammrad lag auch auf, um zu verhindern, dass sich die Flügelwelle drehen kann. Zum Schluss überprüften sie, dass der obere Mahlstein direkt auf dem Bodenstein auflag und als weitere Reibungsbremse dienten konnte. Damit war das getan, was in dieser Situation als Vorbereitung getan werden konnte. Abschließend Eintrag ins Betriebsbuch und Rückweg mit der Hoffnung, dass der Orkan keine Probleme bereiten möge. Der Wind blies kräftig!
Auch die nächsten beiden Tage erforderten erhöhte Aufmerksamkeit, aber „Sabine“ war nicht so wild, wie vorhergesagt. Sie reichte glücklicherweise nicht an „Lothar“, „Kyrill“ und „Christian“ heran und ließ die Mühle unbeschädigt. Lediglich eine nicht ganz leichte Sitzbank für Besucher wurde von ihr umgeworfen. Sie ließ sich schnell wieder aufrichten.

Bürgerreporter:in:

Reinhard Tegtmeier-Blanck aus Wedemark

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