Mobbingstreifen für Fahrradfahrer
Bedrängt, ausgebremst, eingeklemmt. So geht es Fahrradfahrern, die es wagen, die auf die Straßen aufgemalten sogenannten Schutzstreifen zum Beispiel auf der Schillerslager Straße, der Uetzer Straße und der Straße vor dem Celler Tor zu benutzen. Hier hat das oft missbrauchte Wörtchen „sogenannt“ wirklich seine Berechtigung. Denn diese Streifen sollten besser als „Mobbingstreifen“ bezeichnet werden. Schutz bieten sie nämlich auf keinen Fall.
Leider werden diese gefährlichen Einrichtungen sogar vom Radfahrerclub ADFC als erstrebenswert proklamiert, obwohl jeder, der diese Streifen benutzt, um sein leibliches Wohl fürchten muss. Wenn er es denn mal wirklich selber probiert. Immerhin hört man laut und deutlich, wenn Autos über die unterbrochenen Markierungen rattern. Dann heißt es: Luft anhalten! Denn mit dem vorgeschriebenen Sicherheitsabstand fährt selten ein Fahrzeug vorbei. Seit März 2020 sind die 1,50 Meter Überholabstand nun auch gesetztlich fixiert. Mehr zu Recht und Gesetz betreffs Fahrradfahrer.
Wirtschaftliche Interessen vor Menschenwürde
„Grundsätzlich dürfen sich alle Lebewesen frei bewegen. Die Deutsche Verfassung garantiert ihrem Volk unveräußerliche Menschenrechte. Autoverkehr und die damit einhergehende Zerstörung des Lebensraums, des Lebens und der Gesundheit ist aber als Allgemeinwohl eingestuft und steht über dem Artikel 1 der Deutschen Verfassung. Wirtschaftliche Interessen stehen über der Würde des Menschen.“
So beginnt ein lesenswerter Beitrag über diese „Mobbingstreifen“ im Magazin „Fahrrad-Zukunft“. Da die Autoindustrie bekanntlich nicht daran gehindert werden darf, möglichst viele Autos zu verkaufen - man kann es fast täglich im Wirtschaftsteil der Tagespresse studieren -, muss Autofahren attraktiv gehalten werden (möglichst schnell dort ankommen, wohin man ohne Auto meistens gar nicht erst fahren würde). Und Fahrradfahrer stören den Verkehrsfluss ebenso wie Fußgänger.
Sicherheitsabstand schrumpft
Die Autorin Gabriele Köpke hat in Rostock die selben Erfahrungen gemacht wie viele Burgdorfer: "Mit Schutzstreifen wurde ich erstmals 1997 in Rostock konfrontiert. Hielten die Autofahrer vorher beim Überholen größtenteils einen Sicherheitsabstand ein, so unterbleibt dies jetzt fast ständig. Wenn diese Streifen dann auch noch auf Straßen aufgemalt werden, wo alle nur erdenklichen Mindestmaße auch noch unterschritten werden, wird’s gefährlich. So begleitet mich ständig die Angst, von Überholenden Kfz an die parkenden Kfz gedrückt und von aufklappenden Türen zu Boden geworfen zu werden. Menschen, die diese Situation als Ausnahmesituation erleben, stecken dies weg. Nicht so, wenn prekäre Situationen ständige Begleiter werden. Ein Grund, warum viele nicht Fahrrad fahren."
Mischverkehr ohne aufgemalte Streifen und generelles Tempo 30 in den Wohngebieten wären vielleicht eine Lösung.
Kritische Stimmen von Rad fahrenden Praktikern muss man suchen wie diese Internetadresse von Bernd Sluka. Dieser Beitrag steht übrigens schon seit 2006 im Netz und enthält auch folgenden für den Bauträger nicht unbedeutenden Satz: „Schutzstreifen liegen im Randbereich der Fahrbahn, dort wo sich auch Gullideckel und andere Hindernisse befinden. An ihrem Rand ist die Fahrbahn häufig beschädigt.“
Autoverkehr kostet wertvollen Lebensraum
Gabriele Köpke fragt sich am Ende ihres Beitrages: „Wo bleiben die Parteien, die der Zerstörung unseres Lebensraums Einhalt gebieten.“ Und: „Ist die Förderung des Autoverkehrs nicht dass größte Verbrechen an der Menschheit?“ Nachzulesen in Ausgabe 18 von Fahrrad-Zukunft, PDF-Datei, und online hier.
Vieles geht auch ohne Auto. Man muss es nur wollen ...
Mehr über "Recht und Regeln" das Fahrradfahren betreffend finden Sie hier.
Bürgerreporter:in:Dieter Hurcks aus Burgdorf |
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