Jakobsweg - vor einem Jahr: Epilog
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Freitag, 30.05.2008
Pilgermesse in Santiago de Compostela
Den Tag nach unserer Ankunft lassen wir geruhsam angehen. Ausschlafen und Frühstück am Praza de Galicia mit Kaffee und Croissant. Danach sehen wir uns weiter in der Altstadt um, schauen noch einmal am Pilgerbüro vorbei und begeben uns dann in die Kathedrale.
Wir sind eine Stunde vor Beginn der Messe da und finden Plätze weit vorn, die eine unverstellte Sicht zum Geschehen am Altar gewährleisten. Da wo gestern noch das legendäre Weihrauchfass hing, hängt heute ein einfaches Gegengewicht. Mit dem Schauspiel des fliegenden Gefäßes wird es also nichts werden.
Eine neben uns stehende deutsche Pilgerin wundert sich mit ihrer Nachbarin darüber, dass sie hier eine schwertschwingende Figur mit unterlegenen Gegnern gesehen habe. Wer das wohl sei – das weiß auch ihre Begleiterin nicht. Ich wundere mich meinerseits über so viel Ignoranz bei Jakobs-pilgern. Also kommentiere ich laut vor mich hin, dass das der Apostel selbst sei, den man in einer Legende eben zum Helfer der Spanier in höchster Not im Kampf gegen die maurischen Eroberer gemacht habe. Matamoros, der Maurentöter. Aha!
Etwa eine halbe Stunde vor Beginn der Messe übt eine Nonne mit wunderbarer heller Stimme die Gesänge ein, die die versammelten Pilger während der Messe mitsingen sollen.
Pünktlich um 12.00 Uhr ziehen die – ich glaube, es waren sieben – geistlichen Würdenträger ein und beginnen mit der einstündigen Pilgermesse, bei der die Pilger und ihre Reise im Vordergrund stehen. Hierzu werden auch die Zahlen der am Vortag eingetroffenen Pilger jeweils getrennt nach Nationalität und Startort genannt. Leider ist heute die Lautsprecheranlage anfangs nicht richtig eingestellt, so dass wir die Zahl der Deutschen, die in Saint-Jean-de-Pierre gestartet und gestern angekommen sind, nicht verstehen können. Irgendetwas mit 75 könnte es meiner Meinung nach gewesen sein.
Vor dem abschließenden Segen wird das Abendmahl gefeiert. Ich entschließe mich, an der Kommunion teilzunehmen, obwohl ich dazu als evangelischer Christ nicht berechtigt bin. Hier und heute steht aber das gemeinsame Pilgern im gemeinsamen Glauben im Vordergrund, habe ich für mich entschieden.
Samstag/Sonntag 31.05./01.06.2008
Das Ende der Welt
Zeit wäre genug vorhanden, und die Füße würden mich auch diese zusätzlichen 90 Kilometer nach Finisterre tragen, aber ich habe genug von den drei letzten Regentagen. Der Wetterbericht ist auch nicht eindeutig. Walter wäre in keinem Fall mit von der Partie. Also fahren wir am Samstag mit dem Linienbus ans Ende der Welt und bleiben bis Sonntag an der Küste. Denn hin wollen wir schon. In unseren Bus steigen auch Uta und Klaus sowie Jessica. Sie wissen noch nicht, wie lange sie bleiben. Von Jessica aus Hildesheim weiß ich allerdings, dass sie mit mir zusammen zurück nach Hannover fliegt.
Je näher wir an die Küste kommen, desto besser wird das Wetter.
Gleich nach der Einquartierung im Hotel gehen wir eine letzte Strecke gemeinsam: vom Ortszentrum über die Küstenstraße an das Kap Finisterre mit seinem Leuchtturm. Das Meer erstreckt sich tief unter uns in drei Himmelsrichtungen. Die Küstenfelsen erscheinen unüberwindlich und unten tosen die Brecher gegen den steilen Fels. Nur nach Süden hin bietet das Gelände einen Pfad durch Gras und Stein, der sich dann aber auch bald verliert. Bis hierhin gehen die Pilger, um das zu tun, was offenbar auch Tradition ist: sie verbrennen ein Teil ihrer Kleidung oder sonst etwas angesichts des Endes der Erde. Wenn auch jetzt kein Feuer glimmt, die Spuren liefern den Beweis. Jetzt stehen und sitzen die Pilger am Kap und lassen die eindrucksvolle Umgebung auf sich wirken.
Plötzlich tauchen Roswita und Michael auf. Sie sind mit einem örtlichen Reiseveranstalter hier und wollen noch weiter bis Muxia im Norden. Hier verabschieden wir uns von ihnen, nicht ohne dass noch ein paar Fotos gemacht werden. Die Email-Adressen sind ausgetauscht.
Wieder zurück im Dorf treffen wir wieder auf Uta und Klaus. Sie fordern mich mit ihrem Plan heraus, den Sonnenuntergang am Ende der Welt zu erleben. Walter will nicht ein zweites Mal den 3 km langen Weg zum Faro gehen. So breche ich allein auf. Und treffe am Kap nicht nur Uta, Klaus und Jessica sondern auch Raf.
So sind sich hier am Kap Finisterre noch einmal die begegnet, deren Wege sich auch auf dem Camino so oft gekreuzt haben. Zufall?
Wir erleben nur das warme rote Sonnenlicht leider nur bei der Annäherung an das Wasser. Das „Eintauchen“ ganz zu sehen, verwehren uns Wolken, die vom Festland über das Meer ziehen. Als es dunkel wird, verbrennt jemand noch seine Schuhe. Die meisten Pilger machen sich auf den Heimweg in das Dorf. So auch wir.
Montag, 02.06.2008
Das letzte Stück des Weges noch einmal.
Vor unserem Abflug bleibt uns noch ein voller Tag in Santiago de Compostela. Das bessere Wetter lässt in mir die Idee reifen, das letzte Stück des Weges vom Monte do Gozo zur Kathedrale noch einmal zu gehen. Der schlechte Eindruck unserer Ankunft soll korrigiert werden. Wir wollen den Einzug in Santiago bei Sonnenschein erleben. Haben wir doch vom Berg der Freude außer Regenschleier und Wolken nicht viel gesehen.
So fahren wir am 02.Juni nach einer sehr guten Nacht in unserer neuen Unterkunft „Pensión da Estrela“ mit dem Stadtbus an den Monte do Gozo. Durch die große Ferienanlage mit ca. 3.000 Betten, von denen 450 den Pilgern vorbehalten sind - in einem Heiligen Jahr sogar noch mehr -, gehen wir zunächst zur Cafeteria, hinauf, um dort zu frühstücken. Von hier sind es nur noch wenige hundert Meter zum höchsten Punkt, wo zu Ehren der Päpste, die Santiago besucht haben, 1993 ein modernes Denkmal errichtet wurde. Eine Seite ist Johannes Paul II gewidmet.
Ca. 400 Meter weiter südlich steht ein weiteres Denkmal, das einen deutlich besseren Blick über die Stadt bietet. Die zwei Pilger blicken hinüber zur Kathedrale von Santiago, ihrem Ziel. Für einige Momente genießen auch wir, wie sie, den Ausblick über die Stadt.
Dann wenden wir uns dem Weg ins Zentrum Santiagos zu. Den Berg hinab, über den Río Sar und die Bahnlinie, so stehen wir schon bald wieder am Ortsschild von Santiago. Ich sehe heute deutlich mehr Hinweisschilder auf dem Camino als vor vier Tagen. Nicht nur die Orientierung ist besser, auch der vom Rucksack befreite Rücken erleichtert den Weg.
Die Altstadt erreichen wir über die Porta do Camino, und dann sieht man schon bald die Türme der Kathedrale über den Dächern der alten verwinkelten Straßen und Häuser auftauchen.
Auf dem Platz vor der Kathedrale steht auch heute wieder ein älterer Mann mit grauem Vollbart in traditioneller Pilgerkleidung, in brauner Kutte, die Kapuze aufgesetzt und mit langem Pilgerstab. Mit ihm lassen sich immer wieder Pilger und Besucher der Kathedrale fotografieren. Am Abend, in einer Bar, kommt mir ein Mann mit grauem Bart bekannt vor. Ich frage ihn, ob er der „Pilger“ vom Praza do Obradoiro ist. Ja, er ist es. Und er gestattet mir, dass ich eine Porträtaufnahme von ihm mache. Leider ist er an unserem morgigen letzten Tag in Santiago bis zum Mittag nicht auf den Platz vor der Kathedrale zu sehen. Unser letzter Besuch in Santiago de Compostela gilt - wie der erste - der Kathedrale und dem Heiligen Jakobus.
Wir holen unsere Rucksäcke aus dem Hotel und fahren mit dem Bus zum Flughafen. Dessen Bild wird noch bestimmt durch die Pilger. Das ändert sich beim Umsteigen in Palma de Mallorca schlagartig.
Wir sind wieder in einer anderen Welt. Eigentlich schade.
Bürgerreporter:in:Heinz Schumann aus Burgdorf |
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