Gerhard Hogreve: "Das Beste an Ramlingen sind die Menschen!"
Gerhard Hogreve hat sich viele Jahre für die Dorfgemeinschaft Ramlingen engagiert und war bis Anfang 2010 auch Leiter des Musikzugs. Grund genug, ihn zu fragen, was das Erntefest auszeichnet, und wie er seine "neu" gewonnene Freizeit gestaltet.
Herr Hogreve, im August haben Sie sich aus dem Vorstand der Dorfgemeinschaft Ramlingen zurückgezogen. Wie lange waren Sie im Vorstand und mit welchen Aufgaben haben Sie sich hauptsächlich beschäftigt?
23 Jahre war ich im Vorstand, mir hat die Arbeit sehr viel Freude bereitet und ich könnte es ja heute immer noch. Ich sehe aber das Ganze und dazu gehört die Jugend. Ich persönlich kann mich gut zurück lehnen und mich daran erfreuen, wenn junge Menschen in unsere Fußstapfen treten, besonders wenn es die eigenen Kinder sind.
Wir haben im Vorstand viele Dinge gemeinsam gemacht, aber speziell war ich für die Verkehrssicherheit (Schilder und Straßensperrung), habe die Musikzüge betreut und die Kleinigkeiten vor Ort erledigt, wenn meine Freunde an anderen Orten ihrer Arbeit nachgingen.
Was zeichnet die Dorfgemeinschaft Ramlingen aus?
Das Beste an Ramlingen sind die Menschen. Abgesehen davon, dass unser Dorf, mit der breiten Dorfstraße, den großen Linden und den schönen Höfen, sehr reizvoll ist, bin stolz auf die Ramlinger und damit meine ich auch die Neubürger. Bei uns steht das Gemeinsame ganz oben und das ist sehr schön.
Ihr Sohn Lars ist Ihnen ins Amt gefolgt. Wie haben Sie darauf reagiert?
In den Vorstand der Dorfgemeinschaft wird man berufen, das ist schon etwas besonders in Ramlingen. Wenn der eigene Sohn dabei ist, freut einen das sehr und es erfüllt mich mit dem gebührenden Stolz.
Welches sind die Aufgaben, mit denen sich der jetzt verjüngte Vorstand beschäftigen muss? Hat sich das Aufgabenfeld für Ihren Sohn geändert?
In diesem Jahr hatten wir am Erntefest-Freitag, wieder einen Dorfabend. Er findet nur alle drei Jahre statt und bereitet zusätzlich viel Arbeit. Es findet ein zweistündiges Showprogramm statt, das nur von Einheimischen durchgeführt wird. Wer da bei der Planung und Ausführung dabei ist, der hat schon ab März genügend Arbeit.
Grundsätzlich hat sich nicht viel verändert. Mein Sohn hat meine Aufgaben übernommen, wobei dass an der Kasse stehen – und das bis 2 Uhr nachts – eine neue Erfahrung für ihn gewesen ist. Der Vorstand wird durch Timo Wöhler, der ebenfalls in den Vorstand berufen wurde, und Lars sicherlich neue Impulse bekommen. Das liegt ja in der Sache der Natur und ist auch so gewollt.
Wo liegen die Ursprünge des Erntefests?
In Ramlingen hatten wir immer ein Schützenfest, das letzte fand 1964 statt. Es gibt heute noch eine alte Fahne von 1871. Es war kein Verein, nur eine Interessengemeinschaft – und das von jeher. Als 1960 in Ehlershausen ein Schützenverein gegründet wurde, machte es in den Folgejahren wenig Sinn, in beiden Ortsteilen ein Schützenfest durchzuführen. So beschlossen vier beherzte Männer, Heinrich Könecke, Günther Nothwehr, Alfred Berger und Heinz Schlumbohm als Sprecher, ein Erntefest zu veranstalten. Das war 1968. Es begann mit einem abendlichen Ernteball. 1969 und 1970 fanden die ersten Umzüge statt und seitdem ist der Musikzug intensiv dabei. 1971 kürten wir mit Seno Meller den ersten Erntekönig. Das waren die Anfänge, die sich immer weiter entwickelten.
Was macht dessen besonderen Charme des Erntefests aus, und warum gibt es zwei Umzüge?
Der besondere Charme am Erntefest ist die freie Gestaltung, das Feiern und Gestalten mit jung und alt und das Miteinander aus allen sozialen Schichten.
Zwei Umzüge gibt es, weil wir am Samstag den amtierenden König abholen, einen Umzug mit dem Königspaar durchs Dorf machen, der dann zum neuen Erntekönig- oder Königin führt. Der Sonntag steht ganz im Zeichen des neuen Königspaares, das wir natürlich mit den schönen Erntewagen und den Fußgruppen unseren Gästen präsentieren wollen.
Erntefeste sind traditionelle Feiern nach der Ernte im Herbst, bei dem für die Gaben der Ernte gedankt wird. Sie sind Landwirt: Wie ist in diesem Jahr die Ernte ausgefallen?
Sicher haben wir als Bauen und Landwirte eine besondere Beziehung zu den
Früchten und der Ernte, weil es unser Familieneinkommen ist. Aber letztlich sind wir alle davon abhängig, was die Natur uns gibt. Es gibt viel Reichtum in Deutschland aber auch immer mehr, die in Abhängigkeit geraten, was ich als ein großes Problem sehe. Aber wirkliche Not muss keiner erleiden.
Zur Ernte: Wer seine Felder gut mit Wasser versorgen konnte, hat eine normale
Ernte gehabt. Ohne Wasser sah es schlecht aus. Wir Ramlinger haben unsere
Feste immer gefeiert, denn wer hart arbeitet, sollte auch ein Fest feiern.
Anfang des Jahres haben Sie Ihr Amt als Leiter des Musikzugs abgegeben, jetzt den Vorstandssitz in der Dorfgemeinschaft. Wie verbringen Sie Ihre „neue“ Freizeit?
Meine Freizeit ist noch voll aus gefüllt. Ich habe 40 Jahre Lyra gespielt und vor einem Jahr bin ich umgestiegen auf Tenorhorn. Es macht schon viel Arbeit, das Instrument zu beherrschen und alle Musikstücke nachzuholen. Außerdem habe ich den Vorsitz von der Realgemeinde und bin noch in anderen Verbänden im Vorstand.
Mal abgesehen von der Dorfgemeinschaft: Was macht Ramlingen lebenswert? Und was sollte besser werden?
Ich liebe Ramlingen so wie es ist. Wenn es so erhalten bleibt, mit dem Waldbad, bin ich, wie viele im Dorf, zufrieden. Schade ist nur, dass man uns die politische Eigenständigkeit genommen hat, die die Dörfer erst im 19. Jahrhundert zurück bekommen hatten.
Seit mehr als zwei Jahren schreiben Bürgerreporter auf myheimat.de, dem Mitmachportal des Anzeigers. Was halten Sie davon?
Es ist sehr gut, dass es das Mitmachportal gibt. So haben die Bürger die Möglichkeit, in einem schönen Rahmen ihre Dörfer und das Dorfleben vorzustellen.
Vielen Dank an Ellen Lüdke, die die Fotos vom Erntefest-Freitag zur Verfügung gestellt hat.
myheimat-Team:Annika Kamissek aus Bad Münder am Deister |
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