"S P R I N G " - Die Neujahrsbotschaft der Hamburger Sparkasse

2019 wird alles besser!

Heute am ersten Tag nach Weihnachten hatte Charly alle Stammgäste zu einem Sektfrühstück eingeladen. Nachdem sie einander zugeprostet hatten, fragte Walter, was es Neues in Hamburg gäbe.
"Unser Bürgermeister Tschentscher hat in seiner Weihnachtsansprache versprochen, dass in 2019 alles besser werden wird. Vor allem der Zusammenhalt in der Gesellschaft," antwortete Ralf. "Als wenn man das so einfach 'verordnen' könnte!"

"Die Hamburger Sparkasse hat sich genau das Gegenteil vorgenommen!"  erwiderte Karl.
"Die Zahl der Filialen soll in den nächsten fünf Jahren von 130 auf 100 reduziert werden.
Man rechnet mit einem Personalabbau von 1000 Menschen."

Walter nickte. "In unserem Stadtteil haben sie damit schon angefangen. Zwei Filialen und eine Beratungsstelle sind im Dezember geschlossen und durch eine größere Stadtteil-Sparkasse ersetzt worden. Sie nennen sie auch "Begegnungsstätte". Die Nachbarschaft soll da nicht nur ihre Bankgeschäfte erledigen, sondern sich auch treffen und bei einer Tasse Kaffee miteinander kommunizieren."

Ralf winkte ab. "So eine überproportiunierte "Bank des kleinen Mannes" steht bei uns schon seit Oktober! Wenn ich da mein Geld abhole, sitzen in dem 'Begegnungszimmer' vielleicht mal zwei ältere Leute, die ein Getränk vor sich haben und gelangweilt aus dem Fenster schauen. Die 'Begegnung' - fast hautnah - findet vor dem Schalter statt. Eine Menschenschlange von ungefähr dreißig Kunden steht fast bis zur Tür. Die Nachbarn unterhalten sich aber nicht; griesgrämig und still warten sie auf ihre Abfertigung und sind froh, wenn sie wieder an die frische Luft kommen!"

"Dass das mal so kommen würde, wusste ich schon vorher", ergänzte Karl. "Frau Beyer, die meistens am Schalter saß und die ich schon über zehn Jahre kenne, hat mir das erzählt.
Das Projekt heißt 'Spring'."

Ralf grinste. "Das ist die Befehlsform von Springen oder besser: 'Springer'! Alle Angstellten, die überflüssig werden und keine Abfindung annehmen wollen, werden in die Filialen geschickt, wo  Leute krank oder im Urlaub sind."

"So kann man das natürlich auch auslegen", meinte Karl, "aber 'Spring' ist die Abkürzung für: 'Sparkasse richtig neu gedacht'.
Das bedeutet mehr Digitalisierung bei weniger Personal. Gewinnmaximierung durch Einsparung von Personalkosten, da man wegen der Niedrigzinspolitik mit Zinsen kein Geld mehr verdienen kann .Angeblich muss man sich auch auf das neue Kundenverhalten einstellen und..."

Ralf lachte und unterbrach ihn. "Das ist wohl eher umgekehrt! Wer hat denn die Schalter abgebaut und Geldautomaten aufgestellt?! Meine ehemalige Filiale hatte mal zwei
Auszahlungsschalter. Jetzt ist sie seit Oktober geschlossen und neben der Tür des
'Secondhand-Händlers', der da reigegangen ist, hängt ein Geldautomat."

"Frau Beyer", Karl übernahm wieder das Wort, " hat nur gelacht, als ich ihr gestand, dass ich nicht an den Geldautomaten gehe sondern zu ihr komme, damit der Arbeitsplatz
nicht eingespart wird. 'Das ist doch von unserer Geschäftsleitung so gewollt. Wenn mindestens 90 Prozent unserer Kunden den Automaten meiden und wieder an die Kasse zurückkehrten, würde das vielleicht wieder geändert werden. Aber das ist ebenso unwahrscheinlich wie das Meiden des Smartsphones und das Wiederaufstellen von Telefonzellen!' Außerdem hat sie mir anvertraut, dass sie den angebotenen Aufhebungsvertrag mit der Abfindung annehmen werde. Sie habe gehört, dass ab 2020  ein Roboter das Geld auszahlen solle und sie habe keine Lust,  mit so einem seelenlosen 'Kollegen' zusammen zu arbeiten."