Was heißt denn das?
"Israels Sicherheit ist deutsche Staatsräson"

Fregatte HAMBURG in Marschfahrt, begleitet von einem Bordhubschrauber SeaLynx | Foto: NATO
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Die Bedrohungslage für Israel hat sich weiter verschärft. Es gibt nicht nur den täglichen Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen durch die Hamas und aus dem Libanon durch die Hisbollah. Auch aus dem 2.000 km weit entfernten Yemen droht Ungemach durch schiitische Huthi- Rebellen:

„Mit der Hilfe Gottes, des Allmächtigen, haben unsere Streitkräfte eine große Anzahl von ballistischen und geflügelten Raketen sowie Drohnen auf verschiedene Ziele des israelischen Feindes in den besetzten Gebieten abgefeuert“, hieß es in einer Erklärung des Huthi-Militärs, die in der letzten Woche über den Fernsehsender Al-Masirah TV ausgestrahlt wurde.

„Dies ist die dritte Operation zur Unterstützung unserer unterdrückten Brüder in Palästina“, erklärte der Sprecher Yahya Sare'e. „Die Streitkräfte werden weitere qualitative Raketen- und Drohnenangriffe durchführen, bis Israel seine Aggression einstellt“.

Das klingt bedrohlich. Und ein häufig formulierter Satz bekommt plötzlich immer mehr Beachtung:

„Israels Sicherheit ist deutsche Staatsräson“,

betonen Politiker in Deutschland seit dem brutalen Überraschungsangriff der Hamas auf Israel. Der Erklärungsdruck steigt, wie diese Staatsräson konkret aussehen soll. Der Sicherheitsexperte Carlo Masala, Professor an der Universität der Bundeswehr in München sagt dazu:

„Es ist nie in Deutschland ausbuchstabiert worden, was das heißt. Wenn man es wirklich ernst meint, dass das Teil der deutschen Staatsräson ist, dann hat das moralisch, politisch eine Art Verfassungsrang. Dann bedeutet das, in dem Moment, wo die Existenz Israels auf dem Spiel steht, müsste Deutschland bereit sein, aktiv Israel zu verteidigen. Das ist die logische Konsequenz“.

"In diesem Moment gibt es für Deutschland nur einen Platz. Den Platz an der Seite Israels. Das meinen wir, wenn wir sagen: Die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson", beschrieb es Bundeskanzler Olaf Scholz in seiner Regierungserklärung und hinterließ Fragen. Wie weit geht denn die deutsche Verantwortung aus dieser "Staatsräson"? Ist sie nur ein Lippenbekenntnis? Oder wird sie sich mit Leben füllen? Damit meine ich nicht die vielen Solidaritätsbekundungen, sondern die praktische Unterstützung. Werden wir wieder erleben, wie wir nach ein wenig Sanitätshilfe erneut Helme anbieten, um dann ein Jahr später die Reste noch vorhandenen Militärmaterials Richtung Israels zu senden? Oder nehmen wir diesen Satz der "Staatsräson" ernst und helfen Israel auch mit Soldaten?

Diese Diskussion hat in Deutschland noch gar nicht eingesetzt. Aber sie wird kommen. Und angesichts der Lage im Nahen Osten wohl auch kommen müssen. Wie wird sich die Bundesregierung dann, im Falle eines Falles, positionieren?

Wenn besagter Satz nicht nur ein Lippenbekenntnis bleiben soll, dann wird die Ampel nicht umhin kommen, die Bundeswehr ggfls. in einen Kampfeinsatz zur Verteidigung Israels entsenden zu müssen. Um das zu umgehen, gäbe es eine "elegante" Alternative: Die Deutsche Marine besitzt mit ihren drei F 124er Fregatten ("SACHSEN", "HESSEN" und "HAMBURG") drei Luftabwehr- Spezialisten, die man durchaus als "state of the art" bezeichnen darf. Das Abfangen von Huthi- Raketen aus einer Position im Golf von Akaba wäre dieser Art von Fregatte ein Kinderspiel. So könnte Deutschland sich aktiv an der Verteidigung Israels beteiligen und durch die zu erwartende erfolgreiche Flugkörperabwehr würde sie nicht nur israelisches Leben schützen, sie würde damit auch ihr international sicherheitspolitisches Image aufpolieren können. Eine win- win- Situation. Zudem wäre die Bedrohungslage für unsere Soldatinnen und Soldaten überschaubar. Eine solche Aufgabe würde den so oft salbungsvollen Satz um die Staatsräson tatsächlich mit Leben füllen. Und vielleicht verhindern, an wirklich gefährlichen Bodeneinsätzen teilnehmen zu müssen. Aber ich fürchte, selbst dazu fehlt der Ampel der Mut.

Aber zumindest in einem Bereich hat sich etwas getan:

Deutschland steht nach den Terroranschlägen der Hamas in einem engen militärischen Austausch mit Israel. Bereits Mitte Oktober flogen Transportmaschinen der Bundeswehr Tel Aviv an und lieferten Material, über die keine öffentliche Auskunft gegeben wurde. Bekannt ist zumindest, dass Deutschland Israel die Nutzung von Heron TP- Kampfdrohnen ermöglicht, welche die Bundeswehr von Israel geleast hat. Aber damit nicht genug:

Inzwischen wurden zusätzlich rund 1.000 Spezialkräfte der Bundeswehr nach Zypern verlegt, um deutsche Staatsbürger im Notfall unter militärischem Schutz aus Ländern des Nahen Ostens evakuieren zu können. Offenbar sind Lehren gezogen worden aus der verschlafenen Anfangsphase des Konflikts, als man es im Außenamt versäumte, zumindest die in Israel befindlichen Jugendgruppen mit der Bundeswehr zu evakuieren. Dieses Mal achtet man darauf, vor der Lage zu bleiben, das heißt: sich präventiv auf alle Eventualfälle einzustellen, um notfalls agieren (und nicht nur reagieren) zu können. Die Bundesre­gierung hatte in der zweiten Oktoberhälfte mitgeteilt, in Absprache mit dem Auswärtigen Amt habe das Verteidigungsministerium angewiesen, „die eigene Reaktionsfähigkeit zu erhöhen. Dazu gehört ein Aufwuchs der Führungs- und Planungsfähigkeiten unseres Einsatzverbandes für Evakuierungsoperationen“.

Gute Idee! Wenn auch etwas spät.

Zu eben diesem Zweck wurden neben den Bundespolizeikräften der GSG 9 auch Bundeswehrsoldaten des KSK (Kommando Spezialkräfte) und der SEK M (Spezialisierte Einsatzkräfte Marine) nach Zypern und Jordanien verlegt. Insbesondere für den Fall, dass sich der Konflikt ausweitet und Deutsche aus dem Libanon herausgeholt werden müssen, seien die Kräfte nun vorbereitet. Die Botschaften in Israel und in den Nachbarländern wurden mit Krisenunterstützungsteams, denen auch Spezialkräfte angehören, verstärkt. Verlegt wurden zusätzlich auch Schiffe, Flugzeuge, Hubschrauber und logistisches Material. Logistischer Vorposten ist Limassol auf Zypern. Al- Azraq in Jordanien ist ein weiterer Standort der Bundeswehr.

Militärische Evakuierung bedeutet, dass im Notfall Waffengewalt angewendet werden darf und das Parlament dann – situationsbedingt auch im Nachgang – seine Zustimmung geben muss. Bei den aktuellen Schritten handle es sich um Maßnahmen im Rahmen der sogenannten „Nationalen Krisenvorsorge zum Schutz und zur Sicherheit deutscher Staatsangehöriger im Ausland“.

Im östlichen Mittelmeer operiert die Marine mit derzeit zwei Schiffen. Die Korvette OLDENBURG fährt bereits seit Wochen im Rahmen der Überwachungsmission UNIFIL vor der libanesischen Küste. Theoretisch soll die Korvette im Rahmen ihrer Aufgaben unter anderem den Waffenschmuggel an libanesische Terrormilizen wie die Hisbollah verhindern. Die Korvette hat aber auch praktische Aufklärungsmöglichkeiten. Der Einsatzgruppenversorger FRANKFURT AM MAIN (A1412) war bislang bei einer EU-Überwachungsmission zwischen der Türkei und Griechenland eingesetzt.

Auf dem Versorgungsschiff mit 174 Metern Länge können sowohl Soldaten und Material transportiert als auch Flüchtlinge aufgenommen und Verletzte professionell medizinisch versorgt werden. Das Schiff war vorige Woche im zyprischen Hafen Limassol eingetroffen. Dort landeten auch mehrere Transportflugzeuge vom Typ A 400 M. Die Startflughäfen, wie etwa Köln-Wahn, ließen darauf schließen, dass auch Kommandos der GSG 9 der Bundespolizei entsandt wurden. Der Leiter der Operation bestätigte das indirekt.

In den vergangenen Tagen lief die Fregatte BADEN- WÜRTTEMBERG aus Wilhelmshaven mit Ziel Limassol aus. Ursprünglich sollte die neue Fregatte der Baureihe F 125 die Korvette OLDENBURG im Rahmen der UNIFIL- Mission ablösen. Es ist der erste Einsatz des neuen Schiffs, das mit Helikoptern und Schnellbooten bestückt ist.

Eine Mandatierung des Bundestages ist für diese Bereitschaftsstufe nicht notwendig, aber die Obleute des Verteidigungsausschusses wurden informiert. Der Kommandeur der Joint Task Force, Generalmajor Dirk Faust, sagte, man sei bereit, „sowohl luft- als auch seegestützt zu operieren“. Die volle Einsatzbereitschaft der Vorort- Kräfte stünde kurz vor dem Abschluss.

Bürgerreporter:in:

Peter Gross aus Bochum

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