Opposition darf nicht antreten und beklagt undemokratische Verhältnisse / Mitglieder erklären ihren Austritt
Bielefeld (fei). Eigentlich hätte die jüdische Kultusgemeinde allen Grund zur Freude: Die „hohen Feiertage" um Jom Kippur, Laubhüttenfest und Simchat Tora sind abgeschlossen, das interreligiöse Abrahamsfest ist in vollem Gang. Hinter den Mauern der Synagoge aber brodelt es gewaltig. Grund ist die anstehende Gemeindevertreterwahl am 6. Oktober, die für einige Gemeindemitglieder zu einer Farce zu verkommen droht.
„Der Gemeindevorstand versucht, uns systematisch auszuschließen", klagt der Bielefelder Rechtsanwalt Alois Wasser, dessen Zorn sich insbesondere gegen den offiziellen Ansprechpartner der Gemeinde Paul Yuval Adam und dessen Ehefrau Irith Michelsohn richtet. Letztere hatte bis 2011 als Vorsitzende fungiert und stellt sich nun erneut zur Wahl. Adam hingegen sei laut Beschluss des Obersten Schieds- und Verwaltungsgerichts beim Zentralrat der Juden zu Unrecht im Amt, agiere „im rechtsfreien Raum".
Für Wasser und fünf Mitstreiter Grund genug, bei der Gemeindevertreterwahl den Hut in den Ring zu werfen. Trotz fristgerecht eingereichter Kandidatur aber wurde die „Opposition" für die Wahl nicht zugelassen. Wasser habe seine Kultussteuer nicht bezahlt, so die Begründung der Wahlkommission.
Nachvollziehen kann Wasser diese Entscheidung nicht: Der Einzug der Steuer sei ein Verwaltungsakt, auf den er keinen Einfluss hätte. „Zum anderen geht aus der Wahlordnung nicht hervor, dass eine Kandidatur an die Steuer-Zahlung geknüpft ist." Per einstweiliger Verfügung versuchte Wasser erfolglos, doch noch auf die Wahlliste gesetzt zu werden. Es handele sich um „innerkirchliche Angelegenheiten", urteilte das Verwaltungsgericht und zerstörte so die Hoffnung der Opposition.
Für Wasser ist die Spitze des Eisbergs damit erreicht. „Seit Jahren hoffen wir auf Gerechtigkeit und laufen dabei gegen Wände", sagt Wasser mit Blick auf den Ausschluss von Mitgliedern und die intransparente Buchführung des Vorstandes. „Da wird permanent gegen demokratische Grundsätze verstoßen." Schädlich sei das vor allem für die öffentliche Wahrnehmung der Gemeinde, bedauert Wasser. Auch deshalb habe er nun seinen Austritt erklärt. „Judentum kann auch anders erlebt werden", sagt er. Die Kultusgemeinde war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Quelle: Neue Westfälische, Samstag 28.09.2013
Bürgerreporter:in:Laus Lausilov aus Bielefeld |
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