Neues Sammelsystem: Wie aus alten Zigarettenkippen Sammelbehälter entstehen
Deutschland hat ein Zigarettenkippen-Problem. Genauer gesagt mit unachtsam weggeschnippten Zigarettenstummel. Überall sind sie zu sehen, in Fußgängerzonen, vor Restaurants und an den Ufern von Badeseen. Die gute Nachricht: Zigarettenkippen können jetzt recycelt werden. Mario Merella hat den Verein Tobacycle gegründet und sagt den Zigarettenstummeln den Kampf an. Mit einer Vielzahl von Helfern sammelt und recycelt er bundesweit die Raucherhinterlassenschaften.
„Dass die hässlichen Stummel hochgiftig und für die Umwelt extrem schädlicher Sondermüll sind, ist den meisten Menschen gar nicht bewusst“, sagt der Kölner. Eine Zigarettenkippe enthält mehrere tausend schädliche Stoffe, darunter Arsen, Schwermetalle wie Cadmium, Blei und natürlich Nikotin. Das Problem: Bei Regen sickern diese gefährlichen Stoffe in den Erdboden oder ins Grundwasser. Schon eine einzige Zigarettenkippe kann mehrere Dutzend Liter Wasser verseuchen. Nicht nur für Menschen sind sie eine große Gefahr. Immer wieder sterben Vögel, weil sie die Giftkippen für Nahrung halten und ihrem Nachwuchs als Futter bringen.
Mit dem Kippen-Problem steht Deutschland nicht allein da. Weltweit sind Zigarettenstummel der am häufigsten unachtsam weggeworfene Müll. Jedes dritte Stück Plastik in den Ozeanen ist ein Zigarettenfilter und in Städten machen Zigarettenkippen laut einer Studie der Weltgesundheitsorganisation 30 bis 40 Prozent des aufgesammelten Abfalls aus. „Ich will, dass künftig keine Zigarettenkippe mehr in der Umwelt landet“, sagt Merella. Das gesteckte Ziel ist hoch, denn Experten gehen davon aus, dass weltweit jede Sekunde mehr als 130.000 Zigarettenkippen in der Natur landen.
Sammelsystem für Zigarettenabfälle
Für seinen Kampf gegen die giftigen Kippen baut Merella ständig sein Netzwerk aus. Inzwischen machen bundesweit mehrere hundert Unternehmen und Privatpersonen beim Sammelsystem von Tobacycle mit. Bisher hat das Tobacycle-Team rund 5 Tonnen Zigarettenkippen gesammelt. „Alle Zigarettenstummel werden restlos verwertet, inklusive Asche und Giftstoffen. Die gesammelten Zigarettenkippen werden zu einem spritzfähigen Granulat recycelt, aus dem luftdicht verschließbare Behälter für das Tobacylce-Sammelsystem hergestellt werden“, erklärt Merella.
Bis zur stofflichen Verwertung der Kippen sei es ein langer Weg gewesen, sagt Merella: „Für die ersten Versuche habe ich alle möglichen Geräte verwendet, darunter Mikrowelle, Kaffeemühle und sogar ein Ultraschallbad für Brillen.“ Schnell war klar, dass es so nicht funktioniert. Aber inzwischen kann der Tüftler auf Kooperationen mit Unternehmen aus der Metall- und Kunststoffbranche bauen.
Zigarettenkippen werden zu 100 Prozent recycelt
Dort werden die gesammelten Kippen zunächst komplett gemahlen – und nicht geschreddert, wie Merella betont. Aus den gemahlenen Zigarettenkippen und gesammeltem Kunststoff werden dann in einem Spritzgussverfahren Taschenaschenbecher hergestellt. In jedem Teil stecken laut dem Tüftler etwa fünf Prozent an recycelten Kippen. „Die Giftstoffe werden bei diesem Recyclingverfahren nicht ausgewaschen, sondern verbleiben eingekapselt“, erklärt Merella.
Der Vorteil dieses Verfahrens ist, dass die gesammelten Zigarettenkippen zu 100 Prozent recyclet werden. Damit unterscheidet es sich, von dem anderer Anbieter, die zunächst die Giftstoffe auswaschen und damit ins Abwasser spülen. Und was passiert dann mit den Taschenaschenbechern: „Mit Blick auf den Müllkreislauf können sie nach ausgiebiger Nutzung wie die ursprünglichen Zigarettenkippen verbrannt werden“, erklärt Merella.
Immer mehr Städte verhängen Bußgelder
Mit seinem Sammelsystem hat Merella frühzeitig einen Trend erkannt. Das Wegwerfen von Zigarettenkippen stellt, wie auch bei anderen Abfällen eine Ordnungswidrigkeit dar. Und immer mehr Städte verhängen ein Bußgeld gegen Raucher, der ihre Kippe in die Umwelt schnippen. Das liegt in Deutschland, abhängig vom Ort, zwischen 10 Euro in Dresden und 55 Euro in Hamburg. Zum Vergleich: In der Schweiz müssen Umweltfrevler deutlich tiefer in die Tasche greife, in Basel kostet eine auf den Boden geworfene Zigarette 80 Franken.
Social-Media-Trend #fillthebottle
Unter dem Hashtag #fillthebottle haben es die Zigaretten-Reste nun sogar auch zu einer eigenen Social-Media-Challenge geschafft. Dabei sammeln Freiwillige Zigarettenkippen, füllen sie in eine leere Plastikflasche und posten ein Foto davon au Instagram. Mit der Aktion säubern sie nicht nur die Umwelt, sondern motivieren im Idealfall auch anderen, ihnen nachzueifern.
Sicher ist, dass die Arbeit den Kippensammlern so schnell nicht ausgehen wird. Allein in Deutschland landen nach einer Berechnung der Hamburger Stadtreinigung täglich 140 Millionen Kippen auf Wegen, Plätzen und Straßen. Die Initiative „Die Aufheber“ fordert nun sogar Pfand auf Zigaretten und hat dazu eine Petition gestartet. Vorerst werden Städte und Kommunen weiter unter der Belastung durch die hochgiftigen Kippen leiden.
Weitere Informationen zu Tobacycle auf www.tobacycle.de
Bürgerreporter:in:Alexander Hauk aus Berlin |
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