Bundestagspräsident Lammert blickt nicht mehr durch
Bundestagspräsident Lammert hat in der Frage der Laufzeitverlängerung der Atomkraftweke einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters zufolge am Mittwoch in Berlin geäußert, er "hätte einer Vereinbarung mit den Energieversorgern eine gesetzliche Regelung vorgezogen."
Dabei scheint Lammert offenbar davon auszugehen, dass das als "Geheim-Vertrag" von der Opposition geschmähte Eckpunktepapier, das die Unterschriften von vier Energie-Managern und eines Staatssekretärs der Bundesregierung trägt, das atomrechtliche Gesetzgebungsverfahren im Bundestag ersetzt. Das ist aber nicht der Fall.
Lammert, der als Parlamentspräsident auch die für die fachliche Unterstützung der Gesetzgebung zuständige Bundestagsverwaltung leiten sollte, sorgt damit für Stirnrunzeln in der Fachwelt.
Der Atomausstieg war im Jahre 2002 durch ein Gesetzgebungsverfahren des Bundestages unter Beteiligung des Bundesrates geregelt worden. Juristen streiten deshalb seit Monaten, ob eine Verlängerung der Restlaufzeiten mit einem Gesetz allein des Bundestages beschlossen werden kann, oder aber auch dem Bundesrat vorzulegen sei. Die Opposition hatte in dieser Frage wiederholt die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts angekündigt, falls die Bundesregierung im atomrechtlichen Gesetzgebungsverfahren nicht auch den Bundesrat beteilige.
Selbst wenn man dem habilitierten Sozialwissenschaftler Lammert zugute hielte, dass er diese nicht nur im Bundestag, sondern auch breit in den Medien geführte Debatte nicht mitbekommen haben könnte, so bleibt das Erstaunen darüber, dass Lammert zu der Auffassung gelangt, dass ein mit der Industrie nächtens ausgehandeltes Eckpunktepapier der Regierung die Gesetzgebungshoheit des von ihm geleiteten Bundestages außer Kraft setzen könnte.
Lammert stehen zur Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben als Bundestagspräsident und damit zur Vertretung der Interessen des Bundestages gegenüber der Bundesregierung spezialisierte Juristen der Bundestagsverwaltung zur Seite. Ein simpler Irrtum Lammerts über die Befugnisse der Bundesregierung scheint daher ausgeschlossen.
Während manche Kommentatoren höflicherweise unterstellen, das Vorgehen der Bundesregierung im Atom-Deal sei eben derart intransparent, dass nicht einmal der Vorsitz des Gesetzgebungsorgans die Verfassungsgemäßheit des Vorgehens der Regierung erkennen könne, scheinen andere, besorgniserregendere Schlussfolgerungen näher zu liegen.
Wie die Online-Ausgabe des "stern" im August erst enthüllte, war Horst Köhler am 31. Mai auf den Rat seiner Frau hin zurückgetreten, weil ihn die mit seinem Amt verbundenen Anstrengungen zunehmend. Horst Köhler blieb auch nach seinem Rücktritt einer der meistangesehenen Politiker der Republik.
Bürgerreporter:in:Lorenz Stiefelknecht aus Berlin |
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