Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?

Szene aus dem Film "Es geschah am hellichten Tag".
  • Szene aus dem Film "Es geschah am hellichten Tag".
  • hochgeladen von Karsten Hein

Man mag es nicht glauben, aber Kinderschänder sind keine Erfindung der Neuzeit. Es gibt sie schon seit Anbeginn der Menschheit und so auch in den 1960er-Jahren. Ein besonderer Spielfilm, der dies eindrucksvoll bestätigt, ist das Schauspiel „Es geschah am hellichten Tag“ von 1958 mit Heinz Rühmann und Gerd Fröbe in den Hauptrollen. Der Zeit angemessen natürlich in schwarz-weiß Ausstrahlung.

Unsere Mutter warnte uns schon als Kleinkinder, nie mit fremden Männern mitzugehen oder gar in deren Auto zu steigen. Sie sprach in diesem Zusammenhang immer vom schwarzen Mann, was wohl auf den eingangs erwähnten Film zurück zu führen ist, in dem der Bösewicht ganz in Schwarz gekleidet seine Schandtaten verübt. Nun ergab es sich, dass meine Eltern zu Verwandten im etwa 2 Kilometer entfernten Kleinburgwedel eingeladen waren und diese Einladung auch wahr nahmen. Ohne uns Kinder. Ich war damals 7 Jahre alt – plus minus 12 Monate – und meine Schwester, mit der ich mir das kleine Kinderzimmer teilte, drei Jahre jünger. In der Regel hatten wir einen Babysitter, ein pubertierendes Nachbarmädchen passte gelegentlich auf uns auf. Warum sie an diesem späten dunklen Abend eines lauen Altweiber-Sommermonats nicht bei uns war, kann ich nicht mehr sagen, auf jeden Fall wurde ich durch meine Schwester geweckt. Sie klagte über Übelkeit, hatte sich erbrochen und ihren Schlafanzug beschmutzt.

Ganz der große fürsorgliche Bruder zog ich ihr ein frisches Schlafgewand an und da ich ansonsten nicht weiter wusste – Telefone in Privathaushalten waren zu dieser Zeit höchst selten - zogen wir kurzerhand los. Im Schlafanzug. Barfuß. Richtung Nachbarort. Im Dunkeln. Der Weg zu unseren Verwandten war mir bekannt und ich musste ja irgendwie meine Eltern benachrichtigen, dass meine Schwester kränkelt. Alleine lassen konnte ich sie schlecht, also gingen wir Hand in Hand auf dem Grasstreifen der Landstraße entlang. Immer die Warnung meiner Mutter vor dem schwarzen Mann im Ohr, schubste ich meine Schwester, sobald ich die Lichtkegel eines vorbei fahrenden Autos bemerkte, in den trockenen Graben und sprang hinterher. Das ging ein paar Mal gut, dann aber wendete ein Wagen, dessen Scheinwerfer uns scheinbar noch streifen konnten.

Drinnen saß ein Herr Doktor, wie ich später erfuhr. Er fragte uns aus, bugsierte uns trotz meiner anfänglichen Gegenwehr ins Auto und fuhr zurück zu unserer Adresse. Dort hinterließ er einen Zettel, dass wir auf dem Weg nach Kleinburgwedel sind, wohin er uns dann auch brachte. Das war vielleicht eine Aufregung, die ganze Festivität geriet nachträglich in Panik. Was hätte nicht alles passieren können. Als erstes packte uns unsere Mutter und wusch unsere kleinen, schmutzigen, verkühlten Füße im Waschbecken unter warmen Wasser ab und etwas später fuhren wir dann nach Hause. Zusammen. Geschockt. Glücklich.

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Bürgerreporter:in:

Karsten Hein aus Barsinghausen

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