Der RW7 - Einmal rund um die Schanze
Eine alte Heerstrasse, ein verschwundenes Dorf und eine Kaldaunengasse
Das herrliche Wetter am 16. Mai 2020 verleitete uns förmlich zu dieser Wanderung bei Bad Gandersheim.
Start dieser interessanten und 12 km langen Rundwanderung ist der Parkplatz am ehemaligen Kurhaus, an der Brücke über den Fluss Gande, in unmittelbarer Nähe des Viaduktes.
Die gesamte Route ist bestens mit einer roten sieben auf weißem Quadrat ausgezeichnet und man benötigt praktisch keine Wanderkarte. Wer möchte, kann auf der Internetseite der Stadt Bad Gandersheim, unter der Rubrik Kultur und Tourismus / Wandern, eine Übersichtskarte und weitere Informationen herunterladen.
Zunächst führt unser Weg auf breiter Straße links an den Osterbergseen vorbei, um dann später über eine Holzbrücke auf die linke Seite des Flüsschen Eterna zu wechseln. Diesem schönen Waldweg folgen wir für ca. einen Kilometer und biegen dann links durch ein Wiesental hoch und später nochmals links in den Hochwald ab. Wir sind jetzt auf dem Borberg mit großen Bereichen abgestorbener Fichten und folgen später einem breiten Forstweg rechts zum Äbtissinberg.
Eine sehr gute Rastmöglichkeit bietet sich bei dem verwitterten Kriegerdenkmal an dem Abzweig nach Seboldshausen. Eine schöne Aussicht in das Tal mit den Dörfern Seboldshausen, Hachenhausen, Harriehausen gibt es dazu. Weit im Blick nach Osten sind die Vorharzberge und nach Westen Bad Gandersheim und der Selter auszumachen. Direkt gegenüber sehen wir von links den Vogelberg, den Äbtissinberg (! korrekt) und weiter nach Westen den Kühler.
Immer am Waldrand entlang, auf schmalem Pfad mit Wurzeln, teilweise durch enges Unterholz, später auch leicht bergab, kommen wir an einen breiten Forstweg, dem wir links bergan folgen. Wir passieren oberhalb der Obstplantagen -Fällerwasser- ein Hinweisschild, dass wir uns auf der alten Braunschweiger Heerstraße befinden, die von Holzminden an der Weser, über Kreiensen, Bad Gandersheim, über den Heber nach Seesen und weiter nach Braunschweig führte. Erst um 1765 ließ der Herzog von Braunschweig die Straße, auf Grund von bodenrechtlichen Gründen, auf den alten B64-Verlauf verlegen.
Diesen Weg säumen Löwenzahn, Sternmiere, Männertreu, Butterblumen, Knoblauchrauke, Goldnesseln und, wir können es förmlich riechen, blühender Bärlauch. An einer Sitzbank machen wir noch einmal kurz Halt, um die Aussicht ins Tal zu genießen, verschmähen allerdings einen Schluck aus der Wasserflasche, die vermutlich ein Vorwanderer hier vergessen hat.
Nun geht es in dem Hochwald aus Rotbuchen auf schmalen Weg weiter bergab in ein verwunschenes Tal mit einem Bach, den wir über eine neue Holzbrücke problemlos überqueren können. Die jetzt erreichte Landstrasse -Heber- müssen wir nur links ca. 200 m bis zum Hochzeitsstein folgen, dann biegen wir wieder links in den Wald ab.
Der Hochzeitsstein wurde von dem Gutsherren Wittekop aus Hachenhausen zur Erinnerung an die Hochzeit seiner Tochter 1904 einw Linde gepflanzt und ein Gedenkstein gesetzt. Angeblich soll unter dem Stein das Hochzeitskleid „begraben“ sein.
Wir passieren nun wieder eine geschichtlich interessante Stelle, wie der Inhalt eines Hinweisschildes aussagt. In diesem Bereich soll sich das im Mittelalter „wüst“ gewordene Dorf Heverhagen befunden haben. Dieses Land gehörte der Äbtissin vom Reichsstift Gandersheim; welches der Kaiser Heinrich II ihr 1021 geschenkt hatte. Heute ist das Dorf verschwunden und nichts deutet mehr auf dessen Existenz hin.
Wir gehen jetzt einen mit Gras und Buschwerk dicht bewachsenen Hohlweg bergan und können auf halbem Weg auf einem Hinweisschild lesen, dass wir uns in der Kaldaunengasse befinden. Der Sage nach soll das hier früher gelegene Heberdorf Herberhagen während eines Krieges Einquartierungen von Soldaten gehabt haben. Ein Soldat kam einer Bauersfrau zu nahe und wurde vom Bauern deshalb erschlagen und in den Brunnen geworfen. Das Fehlen eines Soldaten wurde natürlich am nächsten Tag bemerkt und die Leiche dann auch im Brunnen entdeckt. Der Oberst ließ daraufhin alle Dorfbewohner zusammentreiben und auf schreckliche Weise umbringen. Auf diesem Weg sollen dann das Blut geflossen sein und die Eingeweide gelegen haben. Deshalb der Name Kaldaunengasse. - Geschichtlich ist das in keiner Weise belegt; der Name Kaldaunengasse hat aber bis heute überlebt.
Auf der Anhöhe angekommen, bietet sich jetzt ein wunderbarer Rundumblick: die Heberbörde mit dem Höhenzug Heber, weiter westlich die Hildesheimer Berge, und nach Osten können wir den Harz ausmachen. Die Schutzhütte mit Bänken innen und außen laden nochmals zu einer längeren Rast in der Sonne ein. Die Hinweistafeln geben auch Auskunft über den hier verlaufenden Europaradweg R1 von Dover nach Petersburg.
Auf asphaltiertem Feldweg wandern wir nun weiter nach Wolperode hinab, ein Ort, der als einer der schönsten in der Heberbörde gilt; so zumindest sagt es das Internet aus. Am Ortsausgang geht es dann wieder durch die Feldmark hoch zur Schanze. Auf sehr schmalem Pfad wandern wir nun an Feldrändern entlang und werden zwischendurch an Hinweisschildern über die Entstehung der Schanze und der Heberbörde aufgeklärt.
Steil führt der Weg dann durch ein Waldstück hinab und erst nach einem Schießstand dann scharf links auf einen breiten Waldweg. Ab hier weicht unser Weg von der ausgeschilderten RW7-Route ab, da wir nun oberhalb der Häuser im Wald bis zum Ende der Dr.-Heinrich-Jasper-Str. gehen und dieser dann bergab bis zum Brunnenhäuschen an der Wilhelmsquelle folgen. Nach einem Schluck aus der Solequelle führt uns der Philosophenweg am Freibad vorbei rechts wieder zum Viadukt und Parkplatz zurück.
Noch ein abschließender Tipp vom Autor dieses Berichtes, der in Bad Gandersheim aufgewachsen ist: unbedingt noch die Stiftskirche, den Marktplatz und Nebenstraßen, wie Steinweg, Alte Gasse, Moritzstr., Hennebergstr. usw. mit den wunderschönen Fachwerkhäusern besuchen. Dort gibt es auch gemütliche Cafés und Restaurants.
Karl-Heinz Pfennig
Ilse Kalkbrenner
Bürgerreporter:in:Karl-Heinz Pfennig aus Barsinghausen |
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