Marques de blanco
Marques de blanco
Wir sind ihm begegnet- dem legendären Marquez de blanco. Viele Geschichten umkreisen ihn und hüllen ihn ein in das das flatternde Tuch der Poesie. Bei seinem ersten Auftreten wussten wir, er muss es sein- besser, er ist es.
Die majestätische Ausstrahlung, die blitzenden Augen, die königliche Haltung, die maßlose Arroganz, der ausgeprägte Macht- und Freiheitswille, der früher Revolutionen entfachte.
Ah, ich vergaß zu sagen: Es war im April 2016, der uns Fluchtgedanken gebären ließ, die alemannische Kälte mit den warmen Lüften auf Fuerteventura zu vertauschen. Unser Domizil war der „Palast der Winde“ am Playa de Esquinzo. Nach unserer Ankunft umhüllten sofort die Sonne, das azurblaue Wasser und der säuselnde Wind unsere verfrorenen Gedanken und ließen sie auftauen in den lauen Lüften der südlichen Hemisphäre. Wir saßen zum Mittagessen auf einer der schönsten Terrassen, die wir je kennen lernen durften, sahen auf das glitzernde Meer aus der majestätischen Höhe eines dahin segelnden Adlers. Surfer, Segelboote in vielen Farben, die sich in dem paradiesisch blauen Wasser lautlos bewegten. Dabei schien das Meer in unnachahmlicher Weise zu summen.
Das alles wurde gelegentlich vom Klappern der Teller, von dahin schwirrenden Wortfetzen der Menschen, die gelöst um uns herum saßen, unterbrochen. Nach dem üppigen Essen breitete sich eine wohltuende Müdigkeit über uns aus. Der vorzügliche Rotwein ließ uns eintauchen in eine Welt, die das Paradies versprach. Unsere Augen schlossen sich traumverloren und blieben nur einen kleinen Spalt offen, um den märchenhaften Blick auf zu saugen und das Gesehene dann zu konservieren. 2 Makkaroni lagen verweist auf einem unserer Teller. Da plötzlich ein Schatten, der über unserem Tisch auftauchte und sich kreisförmig bewegte. Dann ein kaum wahrnehmbarer Luftzug, der um unsere Nasen streifte. Plötzlich machtes es Platsch,- vor uns stand er der Marquez de Blanco in seiner schwarzen Pracht. Er schaute uns mit seinen dunkel blitzenden Augen vorwurfsvoll an, die sagen wollten: „Ihr sitzt auf meinem Stammplatz in meinem Revier! Ihr seid Fremdlinge, die ich nur mit großem Wohlwollen in meinem Terrain dulde.“ Er genoss die aufkeimende Ängstlichkeit in unseren bleichen Gesichtern. Unsere Augen waren starr geöffnet. Flucht oder Angriff? Für Beides blieb keine Zeit. Ohne eine weitere Frage zu stellen, versenkte er seinen großen Schnabel in eine der weichen Makkaroni, die er dann genussvoll wie ein Balzac verspeiste. Er nickte uns dabei wie ein Diktator wohlwollend zu, bevor er auch die 2. Nudel mit ausgiebiger Wollust hinunterschluckte. Ohne uns eines 2. Blickes zu würdigen, startete er wie ein Hubschrauber, sein Schatten verweilte noch Sekunden auf unseren Tellern. Wir schauten uns mit ängstlichen Gesichtern verlegen an, dann verdrängte ein Lächeln unsere Erstarrtheit. Wir hatten ihn kennen gelernt und waren soeben eingewebt in eine Geschichte, die uns nur Nebenrollen zuerkannte.
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Bürgerreporter:in:Werner Jung aus Bad Ems |
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