Na(h) gut: Essen ohne Angst

Einen Rinderbraten vom Wittelsbacher Weidrind zeigt der Pöttmeser Metzgermeister Franz Ottilinger. Auf dem Etikett lässt sich die Herkunft des Fleisches lückenlos nachvollziehen.  Sowohl Züchter als auch Schlachter und das Datum der Schlachtung sind ausge
  • Einen Rinderbraten vom Wittelsbacher Weidrind zeigt der Pöttmeser Metzgermeister Franz Ottilinger. Auf dem Etikett lässt sich die Herkunft des Fleisches lückenlos nachvollziehen. Sowohl Züchter als auch Schlachter und das Datum der Schlachtung sind ausge
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„Na(h) gut“ heißt ein Projekt, das die Menschen im Wittelsbacher Land zu gesunder Ernährung hinführen soll. Mehr als 100000 Euro investieren der Landkreis Aichach-Friedberg, der Freistaat Bayern und die Europäische Union, um Kinder und ihre Eltern weg vom Fastfood, hin zu schmackhaftem Essen mit Produkten aus der Region zu bringen.

„Der Skandal um Dioxin in Hühnereiern und Schweinefleisch macht deutlich, wie wichtig eine Rückbesinnung zu nachhaltig und nachvollziehbar produzierten Lebensmitteln ist“, sagt Ulrike Schmid. Sie ist die Geschäftsführerin des Wittelsbacher Land Vereins, unter dessen Regie „Na(h) gut“ läuft. Seit rund drei Jahren arbeitet der Verein am Konzept des Projekts. Jetzt gab es dafür Grünes Licht vom Bayerischen Landwirtschaftsministerium und von der Leader-Förderstelle der EU. Genehmigt wurden verschiedene Maßnahmen. So sollen an den Schulen des Landkreises Geschmacksschulungen durchgeführt werden, Kinderkochschulen sind geplant und Betriebserkundungen, bei denen die Buben und Mädchen erfahren, wie Lebensmittel entstehen. Denn: „Jedes sechste Kind im Landkreis Aichach-Friedberg ist übergewichtig“, heißt es in dem Aktionsplan. Weil immer mehr Eltern berufstätig sind, hätten sie wenig Gelegenheit, den Söhnen und Töchtern gesunde Mahlzeiten zuzubereiten. Auch in der Mittagsbetreuung in Schulen und Kindergärten würden gerne praktisch handzuhabenden Convenience-Gerichte verwendet. Die Folge dieser mangelhaften Ernährung seien vermehrt auftretende gesundheitliche Probleme, zum Beispiel Allergien.

Seit mehr als zehn Jahren setzt sich der Wittelsbacher Land Verein für die Förderung regionaler Produkte ein. Er unterstützt die rund 60 Direktvermarkter, die sich im Landkreis nachhaltiger ökologischer Lebensmittelproduktion verpflichtet haben, und vergibt sein Qualitätssiegel an Unternehmen, die regionale, gentechnikfreie und sozialverträgliche Produktion garantieren. Mit dem „Wittelsbacher Weiderind“ und dem „Wittelsbacher Landschwein“ wurden eigenständige Zuchtlinien geschaffen, die allen Anforderungen einer artgerechten und umweltverträglichen Tierhaltung entsprechen. Mehr als ein Dutzend Rind- und Schweinehalter haben sich per Vertrag verpflichtet, ihr Vieh entweder freilaufend oder auf Stroh zu halten und nur Futtermittel aus hofeigenem Anbau oder aus dem Zukauf von ortsnahen Höfen zu verwenden. „Wir schließen damit aus, dass industrielle Wachstumsförderer eingesetzt werden, die – wie beim jetzigen Dioxin-Skandal – mit Industriefetten gepanscht sind“, sagt Franz Ottilinger. Der Metzgermeister, der in seiner Pöttmeser Hofmetzgerei und den neun Verkaufsfilialen 110 Mitarbeiter beschäftigt, vermarktet für die Bauern das „Wittelsbacher Weiderind“ und das „Wittelsbacher Landschwein“. Beliefert werden nicht nur Konsumenten in der Region, sondern auch eines der führenden europäischen Feinkosthäuser in München und seit neuestem das Hofbräuhaus. Ottilinger flachst: „Wir arbeiten gerade dran, den Namen „Wittelsbacher Land“ in die Welt hinaus zu tragen. Im Hofbräuhaus essen täglich immerhin 3000 Menschen aus jedem Winkel der Erde zu Mittag...“

Tatsächlich sei das Fleisch aus dem Landkreis Aichach-Friedberg deswegen nachgefragt, weil es schlicht „besser“ sei. Ottilinger: „Ein Wittelsbacher Weiderind lebt an frischer Luft drei Monate länger als ein eingepferchter Mastbulle, der im Supermarkt landet. Auch das Wittelsbacher Landschwein bekommt fünf statt vier Monate Zeit zur Schlachtreife.“ Deshalb sei das Fleisch dieser Rassen durchwachsener, trockener, und geschmackvoller. Und deswegen natürlich etwas teurer. 50 Cent mehr für das Kilo Rind-, 30 Cent für das Kilo Schweinefleisch bekommen die Erzeuger. Der Verbraucher zahlt entsprechend mehr an der Theke. „Dafür brutzelt das Fleisch beim Braten aber auch nicht in sich zusammen“, sagt Ottilinger. Die Münchener Feinkostler wüssten dies zu schätzen, aber auch die Kunden vor der Haustüre. „Jetzt, wo alle vom erneuten Lebensmittelskandal verunsichert sind, fragen die Leute nach, wo ihr Fleisch herkommt.“

Nachfragen, wie Lebensmittel entstehen, sollen auch die Kinder, die am Projekt „Na(h) gut“ teilnehmen. Insbesondere Grundschüler ab der zweiten Klasse will der Wittelsbacher Land Verein mit seinem Angebot ansprechen. In die Schulen geschickt werden Fachleute, die den Kids wichtiges über gesunde Ernährung beibringen oder Gastronomen, die mit den Kindern kochen. Sofern sich Sponsoren finden, wird eine mobile Küche angeschafft, die von Schule zu Schule im Landkreis reisen kann. In größeren Schulen könnten auch „Schülerunternehmen Kochen“ geschaffen werden: Die älteren Jahrgangsstufen bereiten den Mittagstisch für die unteren Klassen, die Gastronomie wird als tatsächliches Wirtschaftsunternehmen geführt. Für die Umsetzung dieser Idee gibt es sogar Geld: Bis zu 4500 Euro pro Schule stellt das Bayerische Staatsministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten zur Verfügung.

Weitere Informationen aus dem Wittelsbacher Land: www.wittelsbacherland.de

Bürgerreporter:in:

Konstantin Kohler aus Aichach

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