"Gut Ding braucht Weile": Ein Interview mit Bürgermeister Klaus Habermann über Stadtentwicklung, ein neues Elternportal und schöne Momente 2016
myheimat: Herr Habermann, beim Thema „Stadtentwicklung“ kam es im Jahr 2016 zu einigen Verzögerungen. Der bereits fest ins Auge gefasste städtebauliche Wettbewerb für die Untere Vorstadt wird nun wieder kontrovers diskutiert. Kritiker argumentieren unter anderem, dass es keinen Sinn mache, private Grundstücke zu überplanen, wenn die Eigentümer kein Interesse daran hätten. Was halten Sie von diesem Einwand?
Habermann: Tja, so geht das halt manchmal. Aber gerade in der Stadtentwicklung gilt der Grundsatz: „Gut Ding braucht Weile!“ Und dass die Dinge gut werden, das haben wir ja bei der Neugestaltung des Tandlmarkts oder auch beim Parkplatz Alter Friedhof bewiesen. Generell ist so eine Planung ja auf Langzeit ausgerichtet, das heißt: Natürlich wird kein Grundstückseigentümer zu etwas gezwungen, aber er hat - wie auch der Stadtrat bei künftigen Entscheidungen - quasi einen „roten Faden“, eine Vorgabe, wie das mal im Idealfall bei Neubebauung aussehen könnte. Leben in der Innenstadt ist halt nur dann interessant, wenn auch das Umfeld stimmt. Wenn es gelingt, das Typische, das Besondere einer Stadt herauszuarbeiten.
myheimat: Aus Ihrer Sicht ist ein städtebaulicher Wettbewerb für den Bereich „Untere Vorstadt“ nach wie vor wichtig, um Mittel aus der Städtebauförderung zu bekommen?
Habermann: So ein Wettbewerb sichert nicht nur das Fließen von Zuschüssen, sondern er generiert auch eine Fülle von Ideen, die man sonst nicht hätte. Eben nicht nur den erstbesten Entwurf zur Entscheidung zu haben, sondern aus vielen neuen - vielleicht auch mal unkonventionellen Ideen - auswählen zu können. Zumal es ja neben dem „Realisierungsteil“ dabei auch immer einen „Ideenteil“ gibt, der einfach mal Möglichkeiten aufzeigt, die nun nicht sofort umgesetzt werden müssen.
myheimat: Wie wird es mit der ursprünglich für Herbst geplanten Bürgerwerkstatt zur Unteren Vorstadt weitergehen?
Habermann: Unser Fokus liegt aktuell auf der Oberen Vorstadt, wo nach Vorlage der vom Staatlichen Bauamt geforderten Verkehrserhebungen Entscheidungen getroffen werden müssen. Aber ich hoffe, dass wir auch in der Unteren Vorstadt im ersten Halbjahr 2017 weiter machen können, u.a. auch mit einer Bürgerwerkstatt.
myheimat: Sie plädierten nachhaltig für die Fortschreibung des Verkehrsentwicklungsplanes. Eine unabdingbare Voraussetzung für alle weiteren städtebaulichen Planungen, oder?
Habermann: Das ist absolut richtig. Der fließende Verkehr hat nun mal zu einem großen Teil unmittelbaren Einfluss auf die Stadtgestalt. Ohne Kenntnis der aktuellen und künftig zu erwartenden Verkehrsbewegungen lässt sich halt nicht nachhaltig erfolgreich planen. Der vorliegende Verkehrsentwicklungsplan stammt zum Teil noch aus dem Jahr 2000.
myheimat: Auch im städtebaulichen Bereich der Oberen Vorstadt geriet der Prozess etwas ins Stocken. Knackpunkt war auch hier die Verkehrssituation. Im Juli stoppte eine Mehrheit im Stadtrat den weiteren Fortgang und verweigerte einen Durchführungsbeschluss für die Augsburger Straße. Inwieweit haben Sie diese Entwicklung „als Rückschlag“ erlebt?
Habermann: Ganz ehrlich: Natürlich war ich nicht begeistert. Ich will ja, dass weiterhin was vorangeht. Und dass die Dinge richtig gut werden, das haben wir ja bewiesen. Aber Stadtentwicklung ist nun mal kein einfacher Prozess, da wollen viele mitgenommen werden. Und gerade aus schweren Geburten wachsen ja nicht selten besonders schöne Kinder heraus!
myheimat: Wenden wir uns nun den erfreulicheren kommunalpolitischen Feldern zu. Die Kinderbetreuung startete mit dem LITTLE BIRD® Elternportal am 12. November 2016 in eine neue Ära. Welche Vorzüge bietet das neue System?
Habermann: Gerade die aktuelle Rechtsprechung hat ja gezeigt: Wir Kommunen brauchen größtmögliche Planungssicherheit, um den Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz darstellen zu können. Die Internetplattform gibt uns da tagesgenau konkrete Bedarfszahlen, ist aber vor allem auch für die Eltern ein echtes „Serviceangebot“! Sich via Internet schon sehr früh und bequem über die vorhandenen Angebote informieren und sich dann auch gleich anmelden zu können, das ist schon spitze. Wir sind da übrigens führend im gesamten Landkreis.
myheimat: Einen schönen Tag erlebten Sie auch am 27. September 2016 im Max-Joseph-Saal der Münchener Residenz. Aus den Händen von Finanz- und Heimatminister Dr. Markus Söder erhielten Sie den Förderbescheid zum Ausbau des Breitbandnetzes in Aichach. Für welche Gebiete und Stadtteile wird sich die Internetversorgung damit spürbar verbessern?
Habermann: Das war schon hoch aufgehängt: allen Respekt. Mit den dabei zugesagten staatlichen Fördergeldern von rund 366.000 Euro können die bisher noch eher unterversorgten Stadtteile Griesbeckerzell, diverse Weiler, aber auch das Baugebiet Beckmühle auf bis zu 50 Mbit/s aufgerüstet werden. Die städtische Zuzahlung beläuft sich auf „nur“ 162.000 Euro. Wir haben gerade auch im Bereich „schnelles Internet“ in den vergangenen Jahren unglaublich viel erreicht.
myheimat: Ein persönliches Highlight war für Sie sicherlich auch die Weihe der fünf neu gegossenen Kirchenglocken mit einem beeindruckenden Festgottesdienst an Mariä Himmelfahrt und der spektakuläre Ausbau der alten Glocken. Wie erlebten Sie diese Tage?
Habermann: Sowas erlebt ein Bürgermeister ja in der Regel im günstigsten Falle nur einmal. Ich hatte bereits bei unserem Sebastianskirchlein die Ehre, Guss und Weihe miterleben zu dürfen. Also jetzt zum zweiten Male, wobei die Glocken unserer Stadtpfarrkirche schon etwas ganz Besonderes waren!
myheimat: Eine der sechs neuen Glocken ist beim Gießen gesprungen und musste neu gegossen werden. Wann werden in Aichach die neuen Glocken läuten?
Habermann: So alles gut geht, hoffentlich zu Weihnachten.
myheimat: Wie immer an dieser Stelle nach all den politischen und kulturellen Gesprächsgegenständen noch eine persönliche Frage: Welche „menschliche“ Begegnung hat Sie im Jahr 2016 am meisten beeindruckt?
Habermann: Da gab es wieder viele schöne Begegnungen. Besonders eingeprägt hat sich der Empfang des olympischen Bronzemedaillengewinners von Rio, Denis Kudla. Ein junger Ringer, der beim TSV in Aichach ausgebildet worden ist und der jetzt in unserer Partnerstadt Schifferstadt lebt. Also ein Hochgefühl gleich in zweierlei Hinsicht. Leider gab es auch furchtbar traurige Momente, wie den Tod unseres Freundes und Stadtratskollegen Stefan Stocker. Die schlimmsten Momente in so einem Bürgermeisterleben.
myheimat-Team:Joachim Meyer aus Friedberg |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.