Präventions-Theater der Kripo gibt wertvolle Tipps
So legen Betrüger gutgläubige Senioren rein
Ein vermeintlicher Handwerker klingelt an der Wohnungstüre: „Wasserrohrbruch beim Nachbarn? Oh Gott!“ – „Kann ich mal bei Ihnen nachschauen?“ – „Freilich, kommen´s nur rein.“ – Während die Seniorin vom „Handwerker“ im Bad abgelenkt wird, schleicht sich über die nicht geschlossene Wohnungstüre der Dieb ein. Das ist nur eines von insgesamt sechs Fallbeispielen, die an diesem Nachmittag in einem ebenso unterhaltsamen wie aufklärenden Theaterstück behandelt wurden.
Zur kriminalpolizeilichen Präventionsveranstaltung „Lug und Betrug“ strömten am Freitagnachmittag rund 350 interessierte Seniorinnen und Senioren aus Stadt und Land ins Aichacher Pfarrzentrum. Dort präsentierten Barbara Macheiner und Günter Müller von der Kripo Augsburg – im wechselnden Zusammenspiel mit der Theatergruppe des Musikvereins Graben (Lechfeld) –– ein polizeiliches Lehrstück der besonderen Art. Darin ging es um die vielfältigen Tricks von Betrügern, die es vornehmlich auf die ältere Generation abgesehen haben. Eingeladen hatten die Aichacher Ruheständler, die Stadt Aichach und das Polizeipräsidium Schwaben-Nord.
„Kuriose Mischung aus Schauspiel und Prävention“
Wie Hauptkommissar Müller in einem vorab geführten Gespräch erklärte, sei die Idee dazu Anfang 2021 entstanden. Zur Bühnenreife umgesetzt wurde das Stück schließlich mit den Laiendarstellern aus Graben, die mit ihrem Durchschnittsalter zwischen 60 und 75 Jahren die „Zielgruppe“ der Betrüger überzeugend darzustellen wussten.
Seit knapp zwei Jahren zieht diese „kuriose Mischung aus Schauspiel und Prävention“, wie es Ruheständler und Organisator Helmut Beck in seiner Begrüßungsrede bezeichnete, nunmehr durch schwäbische und oberbayrische Lande. „Eine derartige Resonanz wie in Aichach haben wir noch nie erlebt.“, freute sich der Präventionsbeamte Müller. Dieser hatte mit seinem Team sogar die „vier Wände“ samt Wohnzimmereinrichtung für das Bühnenbild mit nach Aichach gebracht.
Wie Aichachs Inspektionsleiter Michael Jakob bei der Begrüßung erläuterte, haben seine Kollegen nahezu täglich mit Trickbetrügern zu tun, die sich vornehmlich ältere Mitbürger als Opfer aussuchen. Dass Kommentare wie „Das kann mir nicht passieren.“ oder „Wie kann man nur so dumm sein!“ dabei völlig unangebracht sind, bewiesen die realitätsnahen Rollenspiele auf eindrucksvolle Weise.
Die Tricks der Betrüger sind vielfältig
In allen sechs Einaktern ging es um gewissenlose, meist gewerbsmäßige Betrüger, die mit raffinierten Tricks täuschen, Angst erzeugen und die Gutgläubigkeit der Seniorinnen und Senioren ausnutzen. Mal sind es falsche Handwerker nach einem frei erfundenen Wasserrohrbruch, mal unbekannte Besucher, die „nur kurz eine Nachricht für den Nachbarn schreiben“ wollen (Zettel-Trick) oder sich durch Vortäuschen von Unwohlsein (Glas-Wasser-Trick) Zutritt in die Wohnung verschafften, um daraus Wertsachen zu entwenden. In einem anderen Fall fiel eine Seniorin auf mehrfache Anrufe eines falschen Polizisten herein, der vor einem Einbrecher warnte, der sich noch in der Nachbarschaft herumtreiben sollte. „Vorsorglich und nur zu Ihrer Sicherheit“ nahm schließlich ein Kollege des Anrufers alle Wertsachen der alten Dame „in polizeilichen Gewahrsam“. Bei einem sogenannten Schock-Anruf kam eine vermeintlich in Not geratene Enkelin ins Spiel, die dringend von der Oma Geld benötigte (Enkel-Trick). Und ein Senior, der niemals an einem Gewinnspiel teilgenommen hatte, freute sich zu früh über die Mitteilung „Sie haben 39.000 Euro gewonnen!“. Vor der Gewinnauszahlung seien laut Anrufer lediglich 900 Euro an Auszahlungsgebühren fällig. Vielfach wird von den Betrügern der Kauf von sogenannten Gutscheinkarten und die anschließende Übermittlung der darauf befindlichen Zahlenkombination verlangt, um sich das Geld dann irgendwo unerkannt auszahlen zu lassen.
Nach jeder gespielten Sequenz klärten die beiden Kripobeamten in ihrer lockeren, bürgernahen Art über die richtigen Verhaltensweisen auf und gaben nützliche Tipps dazu. Viel Lob und immer wieder spontanen Zwischenapplaus ernteten auch die fünf Laiendarsteller für ihr eindrucksvolles und lebensnahes Spiel. Sie zeigten dabei nicht nur, was die Opfer falsch gemacht haben, sondern im Anschluss auch, wie man sich in solchen Situationen besser verhält – und dass man selbst Betrüger hereinlegen kann.
Viele haben schon dubiose Anrufe erlebt
In der Pause war der Infostand der Kripo regelrecht umlagert. Viele Besucher und Besucherinnen kamen dabei ins Gespräch und tauschten Selbsterlebtes aus. „Sehr überzeugend“ fand die Aichacherin Christine Niklasch die gezeigten Beispiele. Sie selbst sei schon einmal durch einen Schockanruf „sehr verunsichert“ worden. Mit weinerlicher Stimme habe sich ein Anrufer als Angehöriger ausgegeben, der nach einem schweren Verkehrsunfall finanzielle Hilfe in Form eines Geldtransfers erbat. Die 75jährige Resi Hager-Wirkner berichtete gleich von mehreren Versuchen unbekannter Anrufer, die sich zum einen als Enkel in Notsituationen ausgegeben, ein anderes Mal über einen angeblichen Geldgewinn berichtet hatten. Glücklicherweise haben die Betroffenen in allen geschilderten Fällen das Spiel der Betrüger durchschaut.
Am Ende der zweistündigen Veranstaltung kam nicht nur Helmut Beck von den Ruheständlern zu der Überzeugung: „Besser kann man seniorengerechte Aufklärung kaum präsentieren.“.
Ausführliches Informationsmaterial zum Thema „Im Alter sicher leben“ gibt es unter www.polizei-beratung.de“ oder bei jeder Polizeiinspektion.
Tipps der Polizei: Wie Sie sich schützen können
Gefahren an der Wohnungstüre
- durch falsche Handwerker, falsche Polizeibeamte, falsche Hilfesuchende (Zettel-Trick/Glas-Wasser-Trick)
• Keine Unbekannten in die Wohnung lassen!
• Türspion, vorgelegte Türsperre und Sprechanlage benutzen, notfalls durch geschlossene Türe sprechen!
• Handwerker oder Mitarbeiter von Behörden kommen im Normalfall nicht ohne Ankündigung!
• Dienstausweis verlangen!
• Gegebenenfalls Rückruf bei Behörde/Handwerksbetrieb/Hausverwaltung/Notruf ankündigen und notfalls durchführen!• Besucher vor der Türe warten lassen!
• Keine Geschäfte an der Haustüre abschließen! Nichts unterschreiben!
Gefahren am Telefon
- durch Schock-Anrufe (schwerer Verkehrsunfall/Enkel-Trick/falsche Polizeibeamte), falsche Gewinnmitteilungen oder Geldversprechen
• Bei Schockanrufen misstrauisch werden! Im Zweifel auflegen!
• Rufen Sie den Verwandten oder Bekannten unter der Ihnen bekannten Nummer zurück! Nicht Rückruf-Funktion nutzen!
• Wenn die Person nicht erreichbar ist, selbst Notruf 110 wählen oder die örtliche Polizei anrufen.
• Nicht unter Druck setzen lassen! Auflegen, wenn etwas merkwürdig erscheint!
• Niemals eine telefonisch eingeforderte Vorab-Kaution oder Vorab-Gebühren bezahlen!
• Fragen Sie sich: Habe ich an einer Lotterie teilgenommen? Gewinne werden im Normalfall schriftlich mitgeteilt!
• Am Telefon keine Geschäfte abschließen oder persönliche Daten (Adresse, Konto-/Kreditkartennummer etc.) preisgeben!
• Niemals Geld oder Wertsachen an fremde Personen übergeben!
Bürgerreporter:in:Manfred Zeiselmair aus Aichach |
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