Stadtkapelle Wertingen: Wachsende Begeisterung für junge Musikergeneration
Nach dem Generationswechsel in der Bläserphilharmonie zeigt sich zunehmend das eigene Profil ihres jungen Dirigenten.
Es ist ein schöner Brauch in Wertingen, dass die Stadtkapelle die Feste des Jahres begleitet und mit ihren Konzerten bereichert. Diese Tradition führt die Bläserphilharmonie, das sinfonische Blasorchester, auch nach dem Generationswechsel fort, der sich nicht nur an der Spitze des Klangkörpers, sondern auch in den Reihen der Musiker
vollzogen hat: Ein nicht unbedeutender Wechsel, dem man am Ostersonntag beim Osterkonzert in der Stadthalle Wertingen mit dem jungen Dirigenten Tobias Schmid seine ganze Aufmerksamkeit mit wachsender Begeisterung schenken durfte. Mit steigender Sicherheit versucht der aus Zöschingen stammende Dirigent, zuletzt Lehrer für
Trompete an der Musikschule Wertingen, das Orchester nach seinem Bilde zu formen.
Das muss man umso mehr mit Achtung würdigen, als Schmid mit der Nachfolge einer großen, prägenden Musikerpersönlichkeit in Wertingen – von Musikdirektor Manfred-Andreas Lipp, der die Bläserphilharmonie zu hohen, vielfach preisgekrönten Leistungen erzog – betraut wurde und sich als junger Mann nun quasi sein eigenes Terrain erobern muss.
Tobias Schmid hat es sicher nicht leicht, sich zwischen dem hohen Niveau seines Vorgängers, seinem eigenen Anspruch, der dem eines jungen, aufstrebenden Dirigenten gleichkommt und den Fähigkeiten seines Orchesters zu bewegen. Er muss austarieren, zu welchen Leistungen seine Musikerinnen und Musiker fähig sind, muss die jungen Neuankömmlinge integrieren und auch den langjährigen, erfahrenen Instrumentalisten ihren Spielraum lassen. Eine stark verjüngte Mannschaft – das Durchschnittsalter der rund 60 Orchestermitglieder beträgt inzwischen 22 Jahre – erfordert starke Führung. Deshalb darf man dem Vortrag des Osterkonzerts ein unbedingtes Kompliment aussprechen – die Bläserphilharmonie hat sich verändert, hat aber nichts an ihrer großen Musikalität, an ihrem großen Können eingebüßt.
Die Bläserphilharmonie ist immer noch und immer wieder ein Produkt, das aus eigenem Nachwuchs kommt, aus der Musikschule Wertingen und all den Orchestern im Zusamtal, in denen ihre Schüler und Schülerinnen musizieren. Der Dirigent eines solch qualitativ hohen Orchesters, das mit den Spitzenmusikern der Umgebung besetzt ist, muss sich deshalb immer seiner Verantwortung bewusst sein und sich an dessen Leistungen messen lassen.
Auch bei der Auswahl der Stücke für ein Konzert sollte der Dirigent das richtige Händchen haben: Die Musik soll dem Können des Orchesters entsprechen, es auch fordern und weiterbringen, sie soll aber auch dem Publikum ins Ohr gehen. Tobias Schmid hatte am Ostersonntag das richtige Händchen. „Terpischore“ – höfische Tanzmusik von Bob Margolis – und „Danza Sinfonica“, eine moderne Interpretation spanischer Volksmusik von James Barnes, zeigten die große musikalische Bandbreite des Orchesters auf und forderten seine vielfach begabten und geförderten Solisten. Im Mittelpunkt der Einzelvorträge stand diesmal die Klarinettistin Sabrina Müller aus Wertingen. Mit dem eindrucksvoll vorgetragenen Clarinet Concerto von Philip Skarke zeigte sie auf, was aus einem Musikschüler werden kann – eine Studentin an der Hochschule für Musik in Nürnberg.
Auch ein großes Werk gehört zu einem Osterkonzert – der 100-jährige Todestag von Gustav Mahler bot Anlass, den Komponisten mit der Aufführung des dritten und vierten Satzes der Sinfonie „Titan“ zu würdigen. Für Tobias Schmid offenbar eine Herzensangelegenheit, da er den dritten Satz dieser Sinfonie eigenhändig für Blasorchester bearbeitete. So hat es sich der junge Dirigent – wie schon gesagt – nicht leicht gemacht im Bestreben, dem Orchester seine eigene, persönliche Note mitzugeben. Das Publikum – viele Stadtkapellen-Fans, aber auch zahlreiche Besucher, die gerne ausgehen und ein schönes Konzert hören wollten, waren gekommen – zeigte sich höchst interessiert mit wachsender Begeisterung.
Nur eines hat ihm gefehlt – „ein bissle was für´s Herz zum Schluss, ein Marsch oder ein Frühlingsliedchen“, wie es sich eine Besucherin wünschte. Aber das, so meinte sie, „wird der junge Dirigent schon noch lernen“…