Tierschutz oder Eingriff in die Natur?
Nun gestern sind wir mit unserem Hund spazieren gegangen, als ca. 50 Meter vor uns ein Greifvogel (Bussard oder Habicht, ich kenne mich da nicht so aus) aufstieg, der in seinen Klauen etwas hielt. Er steuerte auf einen Baum zu, der auch auf unserem Weg lag. Kurze Zeit später hatten wir eben diesen Baum erreicht und der Greifvogel fühlte sich wohl durch uns gestört und er flog weiter. Kurz vor einem Gebüsch verlor er jedoch dieses etwas, was er vorher noch in seinen Klauen hatte.
Und nun fängt stellt sich einem die Frage. Sieht man nach, was es war, beachtet man diesen Vorfall nicht, oder gibt es noch etwas dazwischen?
Ich ging, gefolgt von unserem Hund, zur besagten Stelle. Da dies im kniehohen Gras war, musste ich die Halme etwas zur Seite drücken, und da sah ich ihn zitternd und schwer schnaufen vor mir liegend. Es handelte sich um ein kleines Fellknäul von Hase. Ein kleines Hasenjunges. Nun was soll man machen? Sollte man sich ihm selber überlassen, alles so sein lassen wie es ist, ihm also langsam auf den Tod warten lassen? Nicht in den Ablauf der Natur eingreifen?
Oder soll man sich ihm annehmen? Ich konnte diesen kleinen Kerl nicht einfach liegen lassen, also nahm ich Ihn, eingepackt in eine Wollmütze, und wir fuhren sofort zu einem Tierarzt.
Dieser untersuchte Ihn und konnte nur eine kleine Verletzung am Kopf und eine im Maul des kleinen Kerls feststellen.
Obgleich er ihm keine großen Überlebenschancen bescheinigte, versuchten wir es doch. Wir versuchten unser Glück mit Hilfe unserer Nachbarn und ich erkundigte mich übers Internet, wie weiter gehandelt werden sollte.
Ferner rief ich unseren Ortsansässigen Jäger an, der uns an den zuständigen Revierinhaber in Frauenstetten verwies. Dieser konnte nicht telephonisch erreicht werden, also fuhr ich mit meinem Sohn zu ihm hin.
Wir trafen aber niemanden an. Ich erfuhr jedoch, dass dessen Sohn nicht weit entfernt von seinem Haus wohnte. Also ging ich dort hin. Ich wurde von einem jungen Mädchen empfangen, die die Enkeltochter des Jägers war. Diese Junge Dame kümmerte sich rührend um den kleinen Mümmelmann und versprach, dass sie Ihren Opa informierte und uns dann telephonisch zurück rufen würde, sobald sich etwas ergeben würde. Am Abend rief sie uns an, und teilte uns mit, dass es sich um ein Hasenbaby handelte, das noch Milch benötigte, sie diese aber schon besorgt hätte - es war Sonntag. Wirklich rührend wie sie sich um dieses kleine Junge gekümmert hatte.
Manche würden sagen, dass dies wie gesagt ein Eingriff in die Natur sei, aber kann man denn so ein kleines Geschöpf sich selber überlassen? Oder soll man Herz zeigen? Wir haben uns für das zweite entschieden. Ich bin auch der Meinung, daß dies das richtige war.
Auf jeden Fall, gilt mein besonderer Dank eben diesem Mädchen, das sich um den Hasen kümmern will. Nun für mich bedeutete es natürlich auch eine Verpflichtung, da ich Sie erst in die Verlegenheit gebracht habe, Zeit und Arbeit für die Pflege des kleinen Hasen einzusetzen.
Glück für den kleinen Kerl, dass ihn ein Hundehalter fand und zum Tierarzt brachte und kein Katzenhalter - sonst hätte das Kerlchen die Praxis mit ein paar Organen weniger verlassen ;))))
Aber Scherz beiseite...:
"Manche würden sagen, dass dies wie gesagt ein Eingriff in die Natur sei, aber kann man denn so ein kleines Geschöpf sich selber überlassen? Oder soll man Herz zeigen?"
Warum sollte das Eine das Andere ausschließen?
Und eine interessante philosophische Debatte stößt du da an.
Meine Ansicht dazu... Sachlich betrachtet sind wir Menschen so veranlagt, dass wir reagieren, wenn jemand leidet und/oder dem Kindchenschema entspricht. Das dient dem eigenen Sozialgefüge und der Brutpflege.
Dieser Instinkt kann aber auch durch nichtmenschliche Tiere ausgelöst werden (bevorzugt jene, die wieder unter den Bambi-Effekt fallen und/oder je ähnlicher andere Tiere auf uns wirken - andere werden halt sich selbst überlassen oder man ekelt sich sogar vor ihnen, etc.).
Siehe u.a.:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kindchenschema
http://de.wikipedia.org/wiki/Bambi-Effekt
Also völlig normal, wenn du den kleinen Kerl da nicht einfach sich selbst überlässt.
Gegen die Natur ist es im Prinzip auch nicht, denn auch der Mensch ist Natur bzw. gehört zur Natur.
Andererseits ist es natürlich ein Eingriff. So oder so.
Nun hast du den Hasen gerettet - aber damit ggf. Vogelbabys sozusagen das nötige Futter aus dem Schnabel gerissen.
Wen mag man lieber? Gute Frage... ;)
Und ob das Hasenkind nun überhaupt normal aufwachsen kann, bleibt auch offen - ggf. wäre es ohne Eingriff weiter von der Mutter versorgt worden. Auch eine offene Frage...