Zahnärzte mit Herz - Hilfe für Obdachlose

Und wieder einer raus! In der Straßenambulanz der Caritas bleibt oft nur noch das Zähneziehen. | Foto: KZVH Jörg Pompetzki
  • Und wieder einer raus! In der Straßenambulanz der Caritas bleibt oft nur noch das Zähneziehen.
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Im Magazin „Lückenlos“, das in vielen Zahnarztpraxen kostenlos zum Mitnehmen ausliegt, fand ich diesen Beitrag aus Hessen. Ich wollte den Lesern von www.myheimat.de Gelegenheit geben, sich über diese tolle Initiative von Zahnärzten in Frankfurt zu informieren.

In der Elisabeth – Straßenambulanz behandeln Zahnärzte Menschen ohne festen Wohnsitz – ehrenamtlich. Die Obdachlosen kommen erst, wenn die Schmerzen unerträglich sind; und zählen dann zu den dankbarsten Patienten.

Georg F. ist 55 und ohne Wohnung. Nach der Mittleren Reife hat er Speditionskaufmann gelernt, seit zehn Jahren aber nicht mehr gearbeitet. Gleich zwei Frauen sind an seiner Seite gestorben, mit einer zeugte er ein Kind, das er schon einige Jahre nicht mehr gesehen hat. Und auch seine Familie nicht, die ihn meidet, worunter er leidet.

F. ist immer wieder einmal depressiv und hat bereits zwei Suizidversuche hinter sich. Zwar trinkt er schon lange nicht mehr, aber die Ärzte führen einen Teil seiner Beschwerden auf eine hirnorganische Schädigung durch schweren Alkoholmissbrauch zurück. Hobbys hat er nicht, auch keine Pläne für die Zukunft.

Mit heftigen Zahnschmerzen ist Herr F. in die Zahnarztsprechstunde der Elisabeth-Straßenambulanz (ESA) gekommen, die von der Caritas vor einem Jahr in Frankfurt eingeführt worden ist. Dass man sich hier nicht nur ärztlich, sondern auch zahnärztlich behandeln lassen kann, hat sich unter den Wohnungslosen schnell herumgesprochen.

Der Behandlungsraum der ESA ist wie eine kleine Zahnarztpraxis eingerichtet, Behandlungsstuhl und Behandlungseinheit wurden von der Industrie gespendet, Röntgengerät und Sterilisator hat die Caritas finanziert. Verbrauchmaterialien werden häufig von den ehrenamtlich tätigen Zahnärztinnen und Zahnärzten mitgebracht.

Die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen hat mit den Krankenkassen vereinbart, dass hier wie in einer „Kassenpraxis“ gearbeitet werden kann, denn fast zwei Drittel der Wohnungslosen sind krankenversichert. So kommen die erzielten Einnahmen der Ambulanz wieder zugute.

Vor der Behandlung steht jedoch die Anmeldung, denn die Zielgruppe umfasst die als wohnungslos registrierten bzw. bekannten Menschen mit Aufenthalt in Frankfurt. Deshalb wird zunächst der Status des Besuchers geprüft. Für Asylbewerber oder Illegale ist ausschließlich eine Notfallbehandlung vorgesehen.

Rund 2000 Wohnungslose beherbergt die Stadt, darunter ein knappes Viertel Frauen. Ein noch viel geringerer Teil überwindet Angst, Scham oder auch Stolz und wagt den Gang zum Zahnarzt, der neben desolaten Verhältnissen im Mund oft auch einen ohnehin schlechten gesundheitlichen Allgemeinzustand registriert. Wer einmal hier gewesen ist, kommt meistens gerne wieder. Die Warteliste der ESA ist jedenfalls immer voll.

Menschlich bewegend sind die Lebensläufe, die bei der Anmeldung erfragt werden. Das Scheitern mancher Lebensentwürfe, ob durch unglückliche oder vermeidbare Umstände, kann im Prinzip jeden treffen. Job weg, Partner weg, finanzielle Not, Flucht in die Sucht, und schnell verwandelt sich die bürgerliche Existenz in ein karges Dasein am äußersten Rand der Gesellschaft. Und am meisten leiden die, die sich am liebsten gar nicht helfen ließen, ein menschenwürdiges Leben in eigener Verantwortung aber nicht mehr hinbekommen.

Georg F. büßt an diesem Tag einen ziemlichen faulen Zahn ein, der nicht mehr zu retten war. Das Sprechen fällt ihm noch ein wenig schwer, aber ein erleichtertes Danke kommt ihm schon über die Lippen.

Die zahnärztliche Arbeit in der Ambulanz ist entspannt und entspricht einer Mischung aus normalem Praxisalltag und Notdienst. Heute überwiegen die Füllungen, morgen werden am laufenden Band Zähne gezogen. Häufig sind Fremdsprachenkenntnisse von Vorteil, denn die Metropole am Main ist auch in der ESA ziemlich multikulturell. Die Vorbereitung der Patienten, wozu auch gerne ein warme Dusche gehört, übernimmt dankenswerterweise die allgemeinmedizinische Ambulanz.

Bürgerreporter:in:

Herbert Köller aus Stadtallendorf

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