Mit dem Abo-Upgrade unterwegs: Rückblick

Ohne Jobticket Stufe 7 auf der Karte macht das Fahren im RMV nicht so richtig Spaß.
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  • Ohne Jobticket Stufe 7 auf der Karte macht das Fahren im RMV nicht so richtig Spaß.
  • hochgeladen von Sören-Helge Zaschke

Die Abo-Upgrade-Aktion bot tolle Möglichkeiten für Ausflüge mit dem ÖPNV, und die Umsetzung hat recht gut funktioniert. Allerdings lief der eine oder andere Ausflug wegen verpasster Anschlüsse nicht ganz nach Plan.

gesammelte Erfahrungen
Der erste Schritte für die Teilnahme an der Aktion lief nicht glatt: Nach der Registrierung am Vormittag des 7.9. kam zunächst keine Bestätigungsmail. Sie traf mit wenigen Stunden Verspätung ein. Nach dem Bestätigen der Registrierung ging es deutlich flotter voran, und ich hatte mittags mein Ticket, welches als PDF verschickt wurde. Laut der PDF-Metadaten ist es bereits am 1. September generiert worden.

Bei Kontrollen gab es keine Probleme mit dem Aktionsticket. Allen Prüfern war die Abo-Upgrade-Aktion bekannt. Oft wurde eine kurze Sichtkontrolle durchgeführt, bei der wahrscheinlich nicht auf die Kartennummern geschaut wurde. Gelegentlich wurde das eTicket eingelesen.

Verspätungen von mehr als zehn Minuten gab es bei drei Fahrten. Zweimal wurde der geplante Anschluss verpasst und führte dazu, dass das Ziel erst etwa eine Stunde später erreicht werden konnte. Bei der Fahrt nach Kaiserslautern sorgte eine Signalstörung vor Bad Kreuznach für eine zu große Verspätung für den Anschluss. Bei der Fahrt nach Köln hingegen blieben die Fahrgäste welchen schlechter Organisation auf der Strecke: Eigentlich gibt es keinen Grund, bei einer Umsteigemöglichkeit an einem Bahnsteig direkt vor den ankommenden Umsteigern abzufahren. Einerseits hätte der Lockführer vor der Abfahrt noch nach dem erwarteten Zug schauen können, andererseits hätte der Fahrdienstleiter die Abfahrt aufgrund der vorgemeldeten Verspätung verhindern können.

Wiederholung?
Laut VDV-Vortrag vom Mai sollte die Aktion einmalig sein. Aber falls die Erfahrungen mit der Aktion positiv waren, ist es matürlich denkbar, dass man die Aktion in ähnlicher Form wiederholt - zumal man die nötige Technik weitestgehend wiederverwenden kann. Die Aktionsdauer könnte verändert werden. Ebenso könnte man eine bestimmte Anzahl von Tagen in einem bestimmten Zeitraum anbieten.

Im Fragebogen zur Aktion gab es übrigens eine Frage, welches Zusatzangebot bei so einer Aktion am nützlichsten gewesen wäre: Fahrradmitnahme, Mitnahmemöglichkeit oder Fernverkehr.

Alternative Ticketangebote
Eine Fahrtkarte, die ähnliche Möglichkeiten wie das Abo-Upgrade-Ticket bietet, gibt es aktuell nicht im Angebot. Wer mit dem Bus zum Bahnhof, mit der Bahn ins Nachbarland und dann noch ein Stück Tram fahren möchte, braucht meist drei Fahrkarten dafür. Noch nie gab es die Möglichkeit, alle Fahrten im Nahverkehr in großen Teilen Deutschlands mit einer Fahrkarte abzudecken.

Die aktuell angebotenen Tageskarten bieten deutlich weniger Möglichkeiten:
- Quer-Durchs-Land-Ticket (42 Euro): nur Schienenverkehr, unter der Woche erst ab 9 Uhr nutzbar
- Ländertickets (DB): Ähnlich Quer-Durchs-Land-Ticket, aber günstiger
- Hessenticket: Kompletter Nahverkehr in Hessen für fünf Personen, unter der Woche erst ab 9 Uhr nutzbar; Hund und Fahrrad inklusive
- Verbund-Tagesticket
Verbundfahrkarten bieten teilweise Extras, die durchs Abo-Upgrade-Ticket nicht abgedeckt sind, nämlich die Mitnahme von Rad oder Hund ohne Aufpreis.

Die Nutzbarkeit ab 9 Uhr kann für Tagesausflüge schon eine deutliche Einschränkung sein. Wer unter der Woche früh startet, profitiert von Angebotsverdichtungen am Morgen und am Nachmittag. Zudem sollte man die Heimfahrt nicht zu spät ansetzen, um selbst bei ungeplanten Problemen nicht die letzte Fahrmöglichkeit zu verpassen. Am Wochenende kann es passieren, dass wegen eines geringeren Angebots länger auf Anschlüsse gewartet werden muss und sich dadurch die Reisezeiten verlängern.

Für Einzelfahrten (ohne Rückfahrt) sind natürlich auch Einzelkarten verfügbar. Wenn aber neben dem Schienenverkehr noch andere Verkehrsmittel benötigt werden, kann der Kauf von drei Fahrkarten nötig sein. Dabei kommt noch als Nachteil hinzu, dass die Fahrten für den Verbundverkehr oft erst bei Reisebeginn gekauft werden können.

Beim Schienenverkehr sei noch ein Problem erwähnt: Für Fahrten, bei denen in einem Abschnitt ein Fernverkehrszug genutzt wird, sind oft günstigere Preise beim Vorbuchen mit Zugbindung im Angebot. Ohne Fernverkehrsanteil entfallen diese Sparpreise, und die Fahrt kann ein Vielfaches teurer sein.

Abo-Angebote für Privilegierte
Das Abo-Upgrade war eine schöne Belohnung für Zeitkarteninhaber, die den ÖPNV gerne auch mal für die Freizeit nutzen. Für das Ziel, die Kundenbindung zu stärken, hat man aber nicht immer die richtigen Gruppen getroffen. Einige der Begünstigten haben nämlich das Privileg, ein Ticket umsonst oder fast geschenkt zu bekommen. Hier sind einige Beispiele aus Hessen:

- Landestickets
Das Landesticket bekommen Beschäftigte des Landes Hessen geschenkt. Es umfasst sogar eine Mitnahmemöglichkeit. Ein ÖPNV-Ticket mit gleichem Gültigkeitsbereich ist noch nicht einmal käuflich zu erhalten.

- Semestertickets
Semstertickets sind uniweite Solidartickets, die für den einzelnen Studenten günster als jede Monatskarte sind. Bei der Uni Marburg ist auch die Nutzung einiger Fernverkehrslinien über Hessen hinaus enthalten.

- Schülerticket Hessen
Das Schülerticket bietet die gleichen Möglichkeiten wie das Landesticket und ist mit 365€ im Jahr günstiger als jede Monatskarte. Ein Verzicht auf diese Karte lohnt sich nur für Schüler, die weder mit dem ÖPNV zur Schule fahren noch ihn regelmäßig in der Freizeit nutzen.

- Seniorenticket Hessen
Auch Senioren können für 365 Euro im Jahr durch ganz Hessen fahren - aber unter der Woche erst ab 9 Uhr. Für 625 Euro gibt es eine ganztägige Karte in der ersten Klasse mit der üblichen Mitnahmeregelung.

- Jobticket
Wer das Glück hat, dass der Arbeitgeber Jobtickets für die Mitarbeiter bestellt, kommt für wenig Geld an eine Zeitkarte. Das JobTicket gibt es aber nur für Arbeitgeber mit mindestens 51 Beschäftigten. Außerhalb der großen Städte hat man kaum eine Chance, einen Arbeitgeber mit Jobticket zu finden.

- RMV-Jahreskarte
Die RMV-Jahreskarte kann jeder bekommen - dafür zahl man aber auch deutlich mehr als für die genannten Angebote. Wer in seiner Freizeit ohne Fahrkartenkauf durchs ganze RMV-Gebiet fahren möchte, muss fast 3000 Euro im Jahr zahlen. Das lohnt sich erst so richtig, wenn man etwa zweimal die Woche eine Tageskarte für die höchste Preisstufe braucht.

Neue Ticketangebote
Mit dem ÖPNV kann man viel mehr machen als nur zur Arbeit oder zu Schule zu fahren. Mit einer Zeitkarte macht dies besonders viel Spaß. Man muss keine Zeit für den Fahrkartenkauf vor der Fahrt einkalkulieren, kann eine Fahrt ohne Extrakosten unterbrechen, und kann auch mal für einen Anlass einsteigen, für den es sich kein Fahrkartenkauf lohnt. Allerdings lohnt sich eine Zeitkarte zum Normaltarif nur für den, der die Fahrkarte regelmäßig auf dem Arbeitsweg einsetzen kann. Ansonsten bleibt nur die Wahl zwischen Einzelfahrkarten oder der Zahlung eines deutlich höheren Betrags. Bei einem Vollzeitjob bleibt nämlich nicht genügend Freizeit für so viele Touren, dass die Zeitkarte rentabel wird.

Es gibt aber Möglichkeiten, wie man diese Angebotslücken füllen könne. Hier sind einige Ideen für Abo-Angebote:

* Schüler, Rentner und Landesbedienstete können für wenig Geld in ihrer Freizeit durch ganz Hessen fahren - nur die Helden der Arbeit müssen dafür ordentlich bezahlen. Ein angemessenes Angebot für diese Gruppe wäre das Freizeitticket Hessen, mit dem man für 365 Euro im Jahr ab 19 Uhr und am Wochenende durch Hessen fahren kann.

* Die Teilzeitkarte ist eine Zeitkarte, die unter der Woche erst ab einer beim Kauf festgelegten Uhrzeit gültig ist. Der Preis wird nicht anhand einer Tariftabelle, sondern einer vorgegeben Formel ermittelt. Damit ist man viel flexibler als mit dem jetzigen Angebot aus Vollzeit- und 9-Uhr-Karte. Durch die Wahlmöglichkeit auf Minutenbasis findet jeder das optimale Angebot. Bei der 9-Uhr-Karte würde man sich beispielsweise sehr ärgern, wenn die Züge am Heimatbahnhof stündlich zur Minute 58 abfahren und man die Karte erst eine Stunde später nutzen kann als im Nachbarort, wo Abfahrt zur Minute 01 ist. Bei minutengenauer Wahlmöglichkeit lösen wenige Euro Aufpreis das Problem.

* Für Nutzer, die zwei- oder dreimal in der Woche ins Büro fahren, gibt es das Homeofficeticket. Es gilt nur an zwei / drei Tagen die Woche. Damit es nicht zu unflexibel wird, kann man diese jederzeit innerhalb der Woche verschieben. Das funktioniert natürlich nicht mit Papierfahrkarten, sondern nur mit elektronischen Tickets. Man könnte beispielsweise das für RMV-Zeitkarten benutzte eTicket-System verwenden.

Technisch wären diese Angebote umsetzbar und bei passender Preisgestaltung auch rentabel, aber ob sie einer Marketing-Abteilung gefallen würden, ist eine andere Sache. Der RMV hat immerhin erkannt, dass es treue Nutzer gibt, für die sich Zeitkarten nicht lohnen, und hat am 3.11.2021 angekündigt, ab 2022 eine Rabattkarte anzubieten. Zum Preismodell wurde aber noch nichts verraten. Denkbar wären eine Grundgebühr für den Rabatt wie bei der BahnCard, ein Prepaid-Rabatt wie aktuell beim Handy-Ticket oder andere Modelle.

Bezüglich Freizeit-Nutzung sind übrigens einige Verbünde anderen schon einen Schritt voraus. Beim NVV kann man das Tagesticket ab Freitag 14 Uhr fürs ganze Wochenende nutzen - da macht der ÖPNV fürs Wochenende richtig Spaß. Der RMV hingegen bietet keinerlei Wochenend-Rabatte.

Links
Alle Artikel zur Abo-Upgrade-Aktion: https://www.myheimat.de/themen/abo-upgrade-aktion....

Ohne Jobticket Stufe 7 auf der Karte macht das Fahren im RMV nicht so richtig Spaß.
Der Nahverkehr braucht nicht nur neue Technologien wie den Elektrobus, sondern auch moderne Ticketangebote.
Bürgerreporter:in:

Sören-Helge Zaschke aus Stadtallendorf

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