Stadtallendorf: Aktionstag im Hallenbad

Aktionstag im Hallenbad Stadtallendorf: Bürger werden im zum „Informationspool“ umfunktionierten Nichtschwimmerbecken über die Konzepte zur Zukunft der Stadtallendorfer Bäder informiert (20.11.2011)
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Das 1976 eröffnete Hallenbad hat sich in den vergangenen 35 Jahren von einer klassischen Schwimmsportstätte zu einem Sport- und Freizeitbad und zu einem sozialen Treffpunkt entwickelt. Das Bad ist aber auch in die Jahre gekommen und mittlerweile ist ein größerer Sanierungsbedarf aufgelaufen. Defizite bestehen u.a. bei der effizienten Energienutzung und der Wärmedämmung sowie bei der Gestaltung der Dusch- und Sanitärbereiche. Derzeit werden mit der Sanierung des bestehenden Hallenbades und dem Neubau eines kombinierten Hallen- und Freibades auf dem Gelände des heutigen Freibades zwei Alternativen zur Weiterentwicklung des Bäderkonzeptes diskutiert. Am 20.11.2011 konnten sich die Bürger über die grundsätzlichen Überlegungen zur Zukunft der Stadtallendorfer Bäder informieren und bei einer Befragung die bevorzugte Lösung wählen.

Am Tag der offenen Tür bot sich den Besuchern des Hallenbades ein ungewöhnlicher Anblick: Das abgelassene Nichtschwimmerbecken war kurzerhand in einen „Informationspool“ umgewandelt worden. Anstelle Wasserspielen gab es Stuhlreihen, Rednerpulte und großformatige Informationstafeln, auf denen die Ideenskizzen für die Neugestaltung von Hallen- und Freibad präsentiert worden. In einer von Markus Hirth (Projektbüro Soziale Stadt) moderierten Präsentation erläuterten Dr. Nicole Riedl vom beauftragten Planungsbüro, Giselher Pontow (Leiter der Stadtwerke) und Klaus Hütten (Bauamts-Fachbereichsleiter) die unterschiedlichen Konzeptionen und Ideenskizzen.

Bürger wünschen sportorientiertes Familienbad
Nach 35 Jahren ist das Hallenbad ein Sanierungsfall: Die Ausstattung ist nicht mehr zeitgemäß und strahlt noch „den Charme der 70er Jahre“ aus. Im Badebereich für Kleinkinder ist ein Becken defekt, und die unzureichende Abgrenzung zum Nichtschwimmerbecken stellt eine Gefahrenstelle dar. Umkleide- und Sanitärbereiche sind ebenfalls modernisierungsbedürftig. Im Kellerbereich befindet sich ein rund 600 m² großer Raum, der nicht genutzt wird.
Bei der Weiterentwicklung des Bäderkonzeptes wurden die besondere Bedeutung des Schwimmsportes in Stadtallendorf und die Wünsche der Bürger berücksichtigt. Die erfolgreiche Schwimmabteilung des TSV Eintracht Stadtallendorf, das DLRG, Tauchsportvereine sowie Schulen, Kindergärten, Versehrten- und Seniorensportgruppen nutzen die zentral in der Kernstadt gelegene Sporteinrichtung. Ein reines Freizeitbad wird von den verschiedenen Nutzergruppen nicht gewünscht.

Bäderkonzept mit zwei Planungsalternativen
Zur Behebung der Probleme sind mit der Kernsanierung des Hallenbades in der Stadtmitte und dem Bäder-Neubau am Standort des heutigen Freibades Alternativvorschläge entwickelt worden. Die Argumente zu den Planungsalternativen wurden von Giselher Pontow und Klaus Hütten präsentiert.

Variante 1: Kernsanierung des Hallenbades: Die geplante Kernsanierung des Hallenbades kommt einen Neubau gleich, da das Gebäude bis auf das Rohbauskelett abgetragen wird. Von dem alten Gebäude bleiben nur das Fundament, die Stützen und Teile der Außenwand stehen. Die übrigen Einrichtungen werden neu gebaut. Durch den Erhalt des Rohbauskeletts können die Baukosten reduziert werden, da diese Gebäudeteile einen Wert von 1,7 Millionen Euro besitzen. Die Kosten für die Kernsanierung einschließlich der Demontage des alten Bades und der Honorare für Planer und Techniker werden mit 6,6 Millionen Euro beziffert. Im derzeit ungenutzten Kellerbereich ist der Bau einer Sauna mit Umkleiden, einer Saftbar und einem separaten Zugang angedacht. Der Nachteil: Bei einer Kernsanierung der Halle in der Stadtmitte ist für eineinhalb Jahre kein Schwimmsport möglich.

Varianten 2 und 3: Neubau einer Badelandschaft am Standort des Freibades : Für den Standort des Freibades sind zwei Varianten entwickelt worden. Bei Variante 2 werden ein Hallen- und ein Freibad mit einem 50- oder 25-Becken im Außengelände gebaut. Dafür müssen das vorhandene 50-Meter Becken und das Funktionsgebäude abgerissen werden. Wegen des hohen Flächenbedarfes der Badeanlagen bleibt von der heutigen Liegewiese nur ein Drittel der Fläche erhalten. Die Lage in der Schutzzone II des Wasserschutzgebietes ist problematisch, da die Bau- und Planungskosten durch strenge Umweltauflagen in die Höhe getrieben werden. Die Kosten für den Neubau des Bades werden mit 13,50 Millionen Euro beziffert. Durch Bauauflagen und Umfeld- und Infrastrukturmaßnahmen erreichen die Gesamtkosten einen Betrag von 15,50 Millionen Euro.
Bei Variante 3 wird ein Hallenbad mit einem ganzjährig nutzbaren Außen- und Sprudelbecken (10*20m) kombiniert. Ein Freibad ist bei dieser Planungsvariante nicht mehr vorgesehen. Die Gesamtkosten liegen bei 15 Millionen Euro.

Gieselher Pontow plädiert für die Kernsanierung des Hallenbades. Das zentral in der Stadtmitte gelegene Bad hat sich in den vergangenen Jahren als sozialer Treffpunkt mit einem vielfältigen Angebot etabliert und zieht auch Badegäste aus den Nachbarorten an. Einzelne Besucher kommen auch mit der Bahn, da das Hallenbad nicht weit vom Bahnhof entfernt ist. Das Hallenbad ist „ein integrierter und wichtiger Bestandteil in der Sport- und Freizeitlandschaft. Ich halte diesen Standort für absolut wichtig und unverzichtbar“ so Pontow. Das Stadtallendorfer Hallenbad kann auch bei der Ausstattung punkten, zu der u.a. Anlagen wie das Sprungbecken gehören. Als Negativ-Beispiel wurde das Aquamar in Marburg aufgeführt, bei dem zunächst auf einen Sprungturm verzichtet worden ist. Die nach einigen Jahren erforderliche Nachrüstung einer Sprunganlage hat in Marburg hohe Kosten verursacht.
Ein gewichtiger Vorteil der Kernsanierung sind die im Vergleich zum Neubau deutlich niedrigeren Kosten. „Allein die Folgekosten für Zins und Tilgung sprechen für eine Sanierung“ so Pontow.

Klaus Hütten hat die Argumente für einen Neubau am Standort des heutigen Freibades präsentiert. Ein interessantes Angebot lässt sich auch durch Neubau eines Bades an einem anderen Ort erzielen. Durch die Kombination von Hallen- und Freibad können die Badeaktivitäten gebündelt werden. Der Alternativstandort am Freibad ist zudem verkehrsgünstig gelegen. Durch die Bündelung mit Heinz-Lang-Park und dem Herrenwaldstadion würde eine regional bedeutsame Freizeitanlage entstehen, durch die das Mittelzentrum Stadtallendorf aufgewertet wird. Das Hallenbad in der Stadtmitte blockiert die städtebauliche Entwicklung. Nach Aufgabe des Bäderstandortes in der Stadtmitte könnten zusätzliche Flächen für Handel, Dienstleistung und Wohnen bereit gestellt werden. Als Nachteil der Neubauoption sind die deutlich höheren Kosten anzuführen, da u.a. das Rohbauskelett nicht mehr genutzt werden kann und der vollständige Abriss zusätzliche Kosten von 500.000 Euro verursacht. Landeszuschüsse werden zudem nur für die Sanierung und nicht für den Neubau von Badeanlagen gewährt. Bei einer volkswirtschaftlichen Betrachtung wird trotz der deutlich höheren Kosten ein Mehrwert erzielt, der Schaffung von Synergien und den Gewinn städtebaulicher Spielräume zurückzuführen ist.

Architekt Willibald Bechthold äußerte bei der anschließenden Fragerunde Kritik an den Planungsvorschlägen und sieht keine Notwendigkeit für die Kernsanierung. Das Hallenbad in der Stadtmitte ließe sich auch durch eine behutsame Modernisierung in Verbindung mit einer energetischen Sanierung ertüchtigen. Lösungskonzepte sollten in einem Architektenwettbewerb erarbeitet werden. Mit Aufgabe des Hallenbades zugunsten eines Standortes am Freiband würde in der Stadtmitte ein Frequenzbringer verloren gehen.

Besucherbefragung: Mehrheit für Kernsanierung
Bei einer Befragung konnten die Besucher des Aktionstages für die bevorzugte Lösung votieren. An der Abstimmung haben sich rund 200 Bürger beteiligt. 76 Prozent der abgegebenen Stimmen entfielen auf die Kernsanierung des Hallenbades in der Stadtmitte.

Auf einen Blick – Vor- und Nachteile der Planungsvarianten

Kernsanierung des Hallenbades in der Stadtmitte (Variante 1)
Vorteile
*Innenstadtlage
*Synergien für den Einzelhandel, Hallenbad ist Besuchermagnet
*Gastronomie im Hallenbad vorhanden
*Gebäudeteile im Wert von 1,7 Millionen Euro sind noch nutzbar
*Auf den Komplettabriss des Bades kann verzichtet werden
*Kernsanierung ist erheblich kostengünstiger
*geringerer jährlicher Betriebskostenzuschuss
Nachteile
*Funktionsgebäude (Umkleiden, Duschen) am Freibad muss zukünftig saniert werden
*Das Hallenbad ist während der Sanierung für 15 Monate geschlossen, Schulen und Vereine müssen auf Bäder in der Umgebung ausweichen

Neubau einer Badelandschaft auf dem Freibadgelände (Varianten 2 und 3)
Vorteile
*Konzentration der Sportbereiche im Bereich Herrenwaldstadion
*Hallenbad in der Stadtmitte kann während des Neubaus parallel weiter betrieben werden
Nachteile
*Freibad muss abgerissen werden
*Hallenbad muss vollständig abgerissen werden
*Keine Nutzung des Rohbau-Skeletts des Hallenbades möglich (Wert: 1,7 Mio. Euro)
*Schwimmbadgelände befindet sich in Randlage der Stadt
*Standort liegt im Wasserschutzgebiet; Auflagen erhöhen die Baukosten
*Neubau-Varianten im Freibad-Gelände sind deutlich teurer
*Höherer jährlicher Betriebskostenzuschuss

Weitere Informationen
http://www.schwimmbaeder.stadtallendorf.de
Technikführung durchs Hallenbad

Bürgerreporter:in:

Leif-Erik Zaschke aus Stadtallendorf

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