Entwidmung der Herrenwaldkirche - Teil 3

Besucher im letzten Gottesdienst der Herrenwaldkirche
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Am 31.12.2013 fand um 19 Uhr der letzte Gottesdienst in der Herrenwaldkirche statt. Eigentlich war es aber eine große Beerdigung, die gefeiert wurde.

Der Gottesdienst fing weihnachtlich an: Als das Glockengeläut verstummt war, erklang "O holy night" von Orgel und Saxophon. Anschließend wurde wie in den meisten Gottesdienst das Lied 156 "Komm Heiliger Geist" gesungen. Pfarrerin Stefanie Busch begrüßte die Gemeinde, wobei bei ihrer Begrüßung der traurige Anlass der Veranstaltung klar wurde: "Ich bin das A und das O. Der Anfang und das Ende, spricht Christus. Und damit begrüße ich Sie und euch heute abend zu diesem letzten Gottesdienst in dieser Kirche." Bei letzterem Satz war Pfarrerin Stefanie Busch den Tränen nahe. Die unglaubliche Traurigkeit in den letzten Worten war so unüberhörbar, dass schon die nachträgliche Wiedergabe dieser Begrüßung den Zuhörer zum Weinen bringen kann. Die Pfarrerin schaffte es jedoch, einen offenen Ausbruch von Trauer abzuwenden und konnte so mit dem Gottesdienst fortfahren: "Und das kann uns trösten, dass wir hoffen auf den, der bei uns bleibt, der ist und der war und der kommt. Und wir gehen miteinander weiter. Und ich bin froh, dass so viele gekommen sind."

Etwas später wurde das Lied "Gott ist gegenwärtig" gesungen. Dieses Lied, zu dessen Melodie es auch den Text "Wunderbarer König" gibt, drückte in diesem Gottesdienst wahrscheinlich nicht das aus, an das viele Kirchenbesucher dachten.

In den Bittrufen dankten verschiedene Gemeindemitglieder für das, was die Gemeinde in dieser Kirche erlebt hatte.

Pfarrerin Stefanie Busch begann in ihrer Predigt mit einem Rückblick auf die Kirche, die mehr ist als nur aufeinandergeschichtete Steine. Sie erinnerte an die Flüchtlinge, die nach dem Krieg voller Tatendrang eine Stadt aus einem kleinen Bauerndorf entstehen ließen und diese schnörkellose Kirche errichteten. An die Erweiterungen der Gebäude durch Pfarrer Lauer. An den früheren Kirchturm, dem wie einst dem Turm von Babel seine zu große Höhe Probleme bereitete. An die Russlanddeutschen, die nach der Öffnung der Grenzen nach Stadtallendorf kamen und im Gemeindezentrum Herrenwald ihre neue Heimat fanden.
Leider ist die Gemeinde durch die schlechtere finanzielle Lage an eine Grenze angekommen, an der sie nicht mehr alle einst aufgebauten Gebäude halten kann. "Manchmal müssen wir uns von etwas trennen, um weiterleben zu können." - das ist eine schmerzhafte Erkenntnis.
Auch die letzte Jahreslosung "Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir." drückt aus, dass es keinen Ort gibt, an dem wir für immer bleiben können. Wir wollen zwar an den guten Momenten festhalten, aber alles verändert sich. "Immerzu ist unser Leben im Wandel." Der Wandel kann aber auch ein Segen sein, da durch ihn auch die Belastungen des Lebens nicht für immer bleiben.
"Sehen Sie einmal nach oben. Diese Kirche ist ein Zelt." Sie erinnert an das Volk Israel, das nach dem Auszug aus Ägypten unterwegs war und seine Zelt immer wieder neu aufbauen musste. Gott war bei die ganze Zeit bei ihnen, auch wenn sie immer wieder aufbrechen mussten. "Das nehmen wir mit. Liebe, die immer da ist, in der wir angenommen und aufgehoben sind. Hoffnung darauf, dass alles, was ist, so wie es gerade ist, gut ist."
So bedeutet dieser Abend nicht nur Abschied, sondern auch einen Aufbruch, bei dem man die Erinnerungen an seine Kirche mitnehmen kann - auch wenn der Aufbruch erst einmal mit großer Traurigkeit verbunden ist.

Dem Küsterehepaar Kroll dankte Pfarrerin Stefanie Busch für den Dienst im Gemeindezentrum. Frau Kroll wird nun den Dienst in der Stadtkirche übernehmen, während Herr Kroll die noch erforderliche Pflege der Herrenwaldkirche übernimmt. Umrahmt wurde die Danksagung von zwei Musikstücken, die Marie Biletic sang unter Begleitung an der Gitarre durch ihren Vater.

Fürbitten wurden von verschiedenen Gemeindemitgliedern verlesen. Anschließend wurden die ersten drei Strophen des Liedes "Von guten Mächten wunderbar geborgen" gesungen. Dieses Lied wird gerne auf Beerdigungen gespielt und passte dadurch wunderbar zum gegebenen Anlass.

Propst Helmut Wöllenstein übernahm den zweiten Teil des Gottesdienstes. Er verlas den Beschluss zur Entwidmung der Herrenwaldkirche:
"In Anlehnung an seine Beschlussfassung zum Verkauf der Herrenwaldkirche in seiner Sitzung am 22. Mai 2012 bestätigt der Kirchenvorstand Stadtallendorf, dass die Herrenwaldkirche zum 31.12.2013 geschlossen wird. Sie wird an diesem Tag in einem feierlichen Gottesdienst unter Mitwirkung des Propstes entwidmet."
In seinem nun folgenden Redebeitrag wies darauf hin, dass die Gemeinde nicht durch ein Kirchengebäude besteht, sondern lebt, weil sie ein Teil vom Leib Christi ist und aus Menschen von Fleisch und Blut besteht. Außerdem lobte er die Predigt von Pfarrerin Stefanie Busch.

Nun begann der Abbau der liturgischen Geräte. Nach auf das jeweilige Geräte bezogenen Dankesworten wurden Kerze, Taufbecken, Bibel, Abendmalsgerät und Altarausstattung von Gemeindemitgliedern zunächst bis zur Tür gebracht.

"Von nun an ist die Herrenwaldkirche nicht mehr dem Gottesdienst gewidmet. So geht nun aus diesem Haus, liebe Gemeinde, in der Erwartung der Zukunft des Herrn. Geht in der Zuversicht, dass er euch vorangeht, geht in seinem Frieden." Das waren die letzten Worte des Propstes in der Herrenwaldkirche.

Zwei weitere Strophen des Liedes "Von guten Mächten..." wurden gesungen, und Sabine Glöde lud die Kirchenbesucher in die Stadtkirche ein. Beim Orgelnachspiel zog die Gemeinde aus der Kirche aus. Voran gingen die Gemeindemitglieder mit den liturgischen Geräten, die in das am Zugang zum Kirchhof stehende Auto der Pfarrerin geladen wurden. Die Gemeinde stand im Halbkreis auf dem dunklen Kirchplatz. Hans Christian Malzahn hielt noch die brennende Kerze aus der Kirche in den Händen. "Komm, Herr, segne uns... ", sang er eine Strophe zum Saxophonspiel von Gereon Muckelmann. Anschließend wurde von der Gemeinde das letzte Vaterunser begleitet von vollem Glockengeläut gesprochen.

"Geht in diesen Abend, und geht in ein neues Jahr. Geht in eine neue Gemeinschaft in Stadtallendorf und in einem neuen Kirchenraum unter Gottes Segen.
Der Herr segne dich und behüte dich, der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden. Amen" Mit diesen Worten verabschiedete Propst Helmut Wöllenstein die Gottesdienstbesucher, bevor noch einmal die Melodie von "Komm, Herr, segne uns" erklang. Das war übrigens auch das letzte Lied, was in der Traumkirche gespielt wurde. Die Traumkirche war für den Hessentag 2011 durch Umgestaltung einer normalen Kirche entstanden. Nach nur zehn Tagen Betrieb wurde sie wieder abgebaut, und die Gemeinde bekam ihre gewohnte Jugendstilkirche wieder zurück. Beim Bau der Herrenwaldkirche hingegen war keine Betriebsdauer festgesetzt worden, und niemand hätte damit gerechnet, dass noch nicht einmal 50 Jahre nach der Einweihung der letzte Gottesdienst gefeiert würde.

Links
Teil 1 - Vorbereitungen
Teil 2 - Empfang am 31.12.
Teil 3 - Gottesdienst am 31.12.
Artikel zur Herrenwaldkirche

Die Traumkirche

Bilder von Sören-Helge und Leif-Erik Zaschke

Bürgerreporter:in:

Sören-Helge Zaschke aus Stadtallendorf

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