Ein Motorradgottesdienst der besonderen Art
Der 21. Ökumenische Motorradfahrergottesdienst der Motorradfreunde Marburger Land e.V. sollte in diesem Jahr ein ganz besonderer werden. In der vollbesetzten Stadtkirche von Stadtallendorf schloss ein Bikerpaar den Bund der Ehe im Beisein von über 400 Motorradfahrerinnen und Fahrern. Ein weiteres Bikerpaar konnte an diesem Tag seinen Hochzeitstag feiern. Auch dieses Paar gab sich vor sechs Jahren bei einem Motorradgottesdienst in Stadtallendorf das Eheversprechen.
Als das Brautpaar von acht Motorrädern zu Hause abgeholt und zur evangelischen Stadtkirche eskortiert wurde, glänzten auf dem Parkplatz vor dem gegenübergelegenen Rathaus der Lack und das Chrom von über 230 zweirädrigen Boliden. Ihre Piloten hatten es sich vor und in der Kirche bequem gemacht und hörten entweder die Musik von „GosPop – Gospel, Pop and more“, oder stärkten sich bei wolkenlosem Himmel am Vorplatz des Gotteshauses.
„Petrus ist eben doch ein Biker“ kommentierte Marianne Pitz das Wetter, während Pfarrer Thomas Peters schmunzelnd erwiderte: „Na, wenn wir Pfarrer keinen guten Draht nach oben hätten,…..?“ Marianne Pitz ist zusammen mit den Bikerinnen der Motorradfreunde Marburger Land für das Wohl der Gottesdienstbesucher verantwortlich und hat daher den Wetterbericht genau verfolgt. Der von den Frauen selbstgebackene Kuchen, die Steaks und Würstchen, aber auch die flüssigen Erfrischungen dürfen an so einem Tag nämlich nicht ausgehen.
Als das Brautpaar dann, begleitet von den beiden Geistlichen zur Musik von GosPop, in das Gotteshaus einzog, war kaum noch ein Platz frei. Vor dem Altar hatten Motorradfahrer ihre Helme platziert und zwei Mini-Motorräder zeigten, worin es in diesem besonderen Gottesdienst ging. Motorradfahrer wissen um die Gefahr, denen sie bei der Ausübung ihres Hobbys ausgesetzt sind, sie bitten bei ihren MoGos aber nicht nur um göttlichen Schutz, sondern Gott auch darum sie selbst zum besonnen und umsichtigen Fahren zu verleiten. Dies wurde beim Bikerpsalm und den Fürbitten deutlich, die Jürgen Wasserberg, Ludger Pitz, Matthias Schneider und Ralph Porner vortrugen.
Lachen mußten die Gottesdienstbesucher bei der Begrüßung durch Pfarrer Thomas Peters: Nacheinander bat er zunächst die Katholiken ihren Arm zu heben, dann die Protestanten, danach fragte er wer einen weiteren Anfahrtsweg als 50 Kilometer, dann 100 Kilometer hatte. Als er fragte, ob auch Motorradpolizisten der Kradstaffel in der Kirche seien, stand allein ein dreijährige Junge namens Diego auf und hielt stolz eine mitgebrachte Spielzeug-Polizeikelle hoch, auf deren einen Seite ein rotes STOP / Polizei und auf der anderen ein grünes STRASSE / Frei leuchteten!
Den göttlichen Segen erhielten die Brautläute durch den evangelischen Pfarrer Thomas Peters.
Dass das Brautpaar ausgerechnet im Rahmen eines Motorradgottesdienstes den Segen erbat, hat einen sehr persönlichen Grund: Das Paar gehört zwei verschiedenen Motorradclubs an, dem Motorradclub Nieder-Ohmen und den Motorradfreunden Marburger Land.
Das erste Mal trafen sich die beiden vor vielen Jahren bei einem Motorradgottesdienst in Nieder-Ohmen. Dort hörte der Bräutigam erstmalig auch die dreizehn Musiker der Gospelformation und holte sie zum MoGo nach Stadtallendorf, zu dessen festen Bestandteil die Musiker seitdem gehören. GosPop verzichtet in jedem Jahr auf ihre Gage für den Guten Zweck, denn die Kollekte kommt demSt. Elisabeth Hospiz in Marburg zugute.
In seiner Predigt präsentierte Pfarrer Vogel den Gläubigen eine Motorradkette. Sie sei für den Antrieb verantwortlich und halte, wenn gut gepflegt, bis zu 50.000 Kilometer. Auch Menschen könnten viel bewegen, wenn sie, den Kettengliedern gleich, zusammenhielten. Den Bezug zu Gott stellte der Geistliche mit den Metallscheiben her, der die Kette vor eindringendem Wasser schütze und dem Kettenfett, mit dem die Kette gepflegt werden müsse. Die Menschen, die an Gott glaubten, fühlen sich beschützter, aber auch diesen Schutz müsse man regelmäßig pflegen!
Nach dem Einsammeln der Kollekte und dem Segen der beiden Geistlichen, schritten die Gottesdienstbesucher mit dem Brautpaar zusammen durch ein Spalier vor der Kirche wartender Vereinskammeraden und Freunden. Beim Durchschreiten des Spaliers flogen dutzende Luftballone in Form von roten Herzen in den strahlend blauen Himmel.
Bevor sich die Biker auf einen 40 Kilometer langen Korso durch den Ostkreis Marburg/Biedenkopf begaben, wurden die Motorräder von Pfarrer Diethelm Vogel mit Weihwasser gesegnet.
Pfarrer Vogel begleitete den Korso auf dem eigenen Motorrad, der von der Motorradstaffel des Polizeipräsidiums Mittelhessen abgesichert wurde.
Vom Korso zurückgekehrt fanden sich die Zweiradpiloten erneut vor der Kirche ein, um bei kulinarischen Köstlichkeiten bis in zum frühen Abend „Benzingespräche“ zu führen. Benzingespräche nennen die Biker ihre Fachsimpeleien rund um das Motorradfahren, der Technik und das Reisen.
Bürgerreporter:in:Günter Köller aus Marburg |
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