Dieses Jahr haben wir das Themenjahr „Backhäuser 2021“
Die Stadt Marburg und die Land Tourismus GmbH haben dies unter dem Projekt Backhäuser ‘21 zusammen mit der Naturpark-Lahn-Dill-Bergland ins Leben gerufen.
Das Projekt hat zum Ziel, die Backhaus-Tradition in der Region nachhaltig zu beleben - für Einwohner, Gäste und Besucher.
Und das kann nur mit den Akteuren vor Ort erreicht werden!
Bis heute konnten 120 Backhäuser in der Gebietskulisse ausfindig gemacht werden, von denen nach bisherigen Informationen 42 aktiv betrieben werden.
Früher hat beinahe jeder Haushalt in unseren Dörfern sein Brot selbst gebacken. Dieses wichtige Ereignis wiederholte sich bei manchen Familien alle acht , bei
anderen wieder alle vierzehn Tage, je nachdem, wie lange der Vorrat reichte.
Dann strömte der Duft der Holzfeuer und des frischgebackenen Brotes vom Backhaus auf die Straße und durch die Häuser. Samstags wurde Kuchen gebacken, meist Hefekuchen und Zwetschgenkuchen.
"Die Backhäuser waren landauf landab Kommunikationsmittelpunkte,
Treffpunkte für Unterhaltung und Begegnung, mancher Ort hatte sogar zwei oder mehr für seine Bewohner. Die alten Backhäuser sind noch heute ein Schmuck unserer Dörfer. Sie erzählen uns von Mühe und Arbeit und von der Dankbarkeit für das tägliche Brot, für das man ein ganzes Jahr lang schwer Schaffte".
(E. Blöcher,1985,Bd.1,S.94)
Ich selber kann mich noch gut erinnern, hatte ich doch eins direkt hinterm Haus meiner Eltern „Am Hintertor“ in Niederklein, gleich neben dem Orts-Gericht.
Damals, so berichtet der Dialektdichter Heinrich Bastian (ein besonders guter Kenner des hessischen Volkslebens). So stammt zum Beispiel dieses Gedicht
aus seiner Feder:
Bei frouhe Stoun ean ernste Zeire
D`s Backhaus spielt do immer met.
Dem Menschen, der hierher kam, sah man`s an,
Ob frouh, ob ernst „sein Backen“ eas bestimmt.
Die Backtermine für die Haushalte wurden früher noch ausgelost. Und der die Nummer eins war, musste dann vorher den Backofen vorheizen.
Die zu Hause vorgeformten Laibe wurden dann auf das so genannte Backbrett
gelegt und dann auf dem Kopf auf einem Kitzchen (ein kleines zu einem Ring geformten Kisschen) zum Backhaus transportiert.
Dort angekommen wurden sie mit dem so genannten Haler/Heller, einem Schieber in den Ofen geschoben.
Die Backzeit betrug ca. 1 Stunde. Zwischendurch und kurz vor dem Ende der Backzeit, holte man die Laibe jeweils einzeln heraus und bestrich sie mit Wasser
damit sie richtig glänzten und schob sie noch einmal kurz in den Ofen. Während der Backzeit hatten die Frauen genug Zeit um sich über die neuesten Geschehnisse im Dorf auszutauschen.
Die Frauen waren froh und zufrieden, wenn das Brot gelungen war, denn das Brot spielte früher eine viel größere Rolle, als es heute der Fall ist. Ausfälle konnte sich eine Familie, vor allem dann, wenn sie nicht zu den reicheren Bauern zählte, kaum leisten. Jeder Brotrest musste verbraucht werden, auch wenn er vierzehn Tage alt und nicht mehr gut zu kauen war.
Und wer mehr wissen will über die Zubereitung und es auch einmal gerne selber ausprobieren will, der kann an speziellen Seminaren, wie z.B. im Backhaus Mardorf teilnehmen (siehe u.a. Link).
Qellenangabe und Infos zum Thema:
Hans Friebertshäuser „Landbevölkerung in Hessen im Wandel“ Frankfurt 1993
Hessischer Rundfunk HR4 Beitrag vom 22.03.2021:
https://www.hr4.de/programm/podcast/mittelhessen/b...
Hinweis auf das Backhausjahr 2021:
https://ol.wittich.de/titel/1020/ausgabe/38/2020/a...
Backkurse im Backhaus in Mardorf. Bericht der OP von 2015:
https://www.op-marburg.de/Themen/Specials/Besser-E...
Bildquellen:
1. Plakette vom Landkreis für alle Backhäuser im Landkreis
2. Foto vom Backhaus am Hintertor von Ortwin Koch „Doas win mer nit verg’easse“, 2009
3. Backhaus in Niederklein in der Schweinsberger-Straße ca. 1950 Privataufnahme
4. Backhaus Mardorf 1936 Mathilde Hain. Das Lebensbild eines oberhessischen Trachtendorfes. Von bäuerlicher Tracht und Gemeinschaft, 1936, Abb. 12.
Bürgerreporter:in:Erich Schmitt aus Stadtallendorf |
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