Die Herrscher über Einruhr
Damit es nicht verloren geht!
Da, wo keine schriftlichen Dokumente mehr vorhanden sind, müssen mündliche Überlieferungen die fehlenden Puzzles ersetzen. Diese mündlichen Überlieferungen wurden als Geschichten von Generation zu Generation weitergegeben. Dabei runden Orts- und Flurnamen (in alter Volkssprache), Wegverläufe sowie Reste von alten Gebäuden und Gräber (Kulturdenkmale) das geschichtliche Erscheinungsbild ab. Geschichtliche Interpretationen werden nie ein endgültiges Erscheinungsbild präsentieren können, denn die Interpretationen sind immer subjektiv und erleben durch spätere Neuentdeckungen oftmals eine gewaltige Veränderung. Wenn die vorhandenen Puzzlesteine auch noch kein scharfes Bild ergeben, sollten sie trotzdem archiviert werden, damit spätere Erkenntnisse womöglich leichter einzuordnen sind.
Die neue Serie hat sich zum Ziel gesetzt, einen breiten Kreis von geschichtlich Interessierten anzusprechen, sich zu beteiligen um vergessene Geschichte wieder mit Leben zu erfüllen. Heute geht es um:
Die Herrscher über Einruhr
In Adenau gab es anstelle der späteren Johanniter-Komturei wohl einen Herrenhof der Sigebodonen, die im 10. Jh. als Gaugrafen im Eifelgau in Erscheinung treten und als Vorfahren der Grafen von Are gelten. Im frühen Mittelalter rangen die geistlichen Gewalten (Domkirche Aachen, Erzstift Köln) sowie die weltlichen Herren (Pfalzgrafen, Grafen von der Ahr u. die Herrn von Hengebach [=Heimbach]) um große Teile der Nordeifel. Zeitweilig hat die Kölner Kirche im Ausbau der Schenkung König Heinrichs IV. vom 7. Oktober 1069 im 12. und zum Teil im 13. Jahrhundert fast landesherrliche Rechte im Gebiet zwischen Römerstraße, Urft (damals noch Olef genannt) und Erkensruhr ausgeübt (also das Land Überrur). Ungeachtet dieser erheblichen Rechte der Kölner Kirche war das Land Überrur im 12. und 13. Jahrhundert Teil des Herzogtums Limburg bzw. der Herrschaft Monschau, denn das westlich an die Herrschaft Schleiden anschließende Land Überrur befand sich 1145 im Besitz der Grafen und späteren Herzöge von Limburg. Vor und nach der Schlacht von Worringen (1288) hatten zunächst die Valkenburger und nach 1288 die Brabanter für kurze Zeit das Zepter in der Hand. Im Laufe der Zeit haben sich die Besitzverhältnisse dann ständig verändert.
Parallel dazu benennt man (um 1100) erstmals die Herren von Schleiden (möglicherweise handelt es sich dabei um eine Nebenlinie des Hauses Blankenheim). Des Weiteren ist 1322 das Dorf Schleiden und 1343 das Thal Schleiden vermerkt. 1376 wird Herzog Wenzel von Luxemburg zum römischen König gekrönt.
Das Amt Wollseifen im Land Überrur war jülichsches Lehen, das durch Erbschaft der Mechtilde von Schönforst (+13.04.1364; blieben aber ohne männliche Nachkommen und somit wurde ihre Tochter Mechtild von Kronenburg alleinige Erbin von Kronenburg-Neuerburg. Mechtild brachte das Erbe um 1391 durch Heirat an Gerhard von Bolchen-Useldingen und dessen Tochter, Irmgard von Bolchen-Useldingen, vermählte sich mit Johann III. von Rodemachern und so kam es an die von Rodemachern. Deren Tochter, Franziska von Rodemachern, heiratete 1467 Wilhelm von Virneburg-Falkenstein (das Land Überrur ging dadurch an die von Virneburg über) und eine ihrer Töchter, Mechtild von Virneburg, nahm sich 1476 Kuno (Konrad) I. von Manderscheid zum Ehemann.
Inzwischen stirbt um 1435 mit Johann II. von Blankenheim-Schleiden das Geschlecht im Mannesstamm aus. Bis 1450 regiert ein Graf von Nassau, Diez und Vianden und ab 1450 ein Graf von Manderscheid-Schleiden in Schleiden.
Dietrich IV. von Manderscheid, der Sohn von Kuno I. von Manderscheid heiratet Marguerite von Sombreffe. Ihr Sohn, Franz Graf von Manderscheid-Schleiden, wurde dann erster Schleidener Herr im Land Überrur.
Das Amt Wollseifen, seit alters im Land Überrur (inklusive St. Nikolausbrück) gelegen, gehörte dann seit 1476 (oder 1488, als die vollständige Aufteilung des Manderscheider Besitzes erfolgte) mit nur kurzer Unterbrechung (s. u.) zur Herrschaft Schleiden, wo es bis 1794 verblieb. Es wurde begrenzt durch die Erkensrur, die Rur, die Urft und die alte Römerstraße, die mitten durch Dreiborn führte.
Monschau übte bis 1549 im Land Überrur die hohe Gerichtsbarkeit aus. Aber laut dem Heimatkalender 1961 des Landkreises Monschau (S. 111-115) sollen bis 1569 die Grenzen des Landes Monschau das gesamte Land Überrur eingeschlossen haben (gemäß Grenzbegehung). Warum und wer danach diese ausführte ist nicht klar zu erkennen. Ist der Grund der gleiche, wie er vielleicht auch für die Erstellung des Weistums des Monschauer Landes von 1549 vorlag oder war die Belehnung des Dietrichs IV. (welcher auch der ältere, auch wohl der Weise genannt wird) von Manderscheid-Schleiden mit der Grafschaft Schleiden durch Kaiser Karl V. in 1549 in Nachfolge seines Vaters Kuno (Konrad) I. von Manderscheid-Schleiden (gemäß Eiflia Illustrata)?
Mit dem Tod des Grafen Dietrich VI. von Manderscheid-Schleiden (Sohn von Dietrich V. von Manderscheid-Schleiden) in 1593 geht die Gewalt dann an den Grafen Philipp von der Marck durch dessen Ehefrau und Erbin des Manderscheid-Schleidener Erbes, Katharina von Manderscheid-Schleiden, über (offiziell seit 1611). Dessen Sohn, Ernst von der Mark-Schleiden wurde daraufhin Herr über das Land Überrur. Darauf folgten dessen Sohn, Franz Anton von der Mark-Schleiden, und wiederum dessen Sohn, Ludwig Peter von der Mark-Schleiden, sowie sein Sohn, Ludwig Engelbert von der Mark-Schleiden. Seine Tochter, Louise Marguerite von der Mark-Schleiden heiratete Charles Leopold von Arenberg und somit ging das Land Überrur an die von Arenberg.
Am 8. Juli 1670 kaufte Johann von Harff in Dreiborn das Land Überrur mit dem Dorf Wollseifen und dem Walberhof für 10.000 Reichstaler von dem an ihn hochverschuldeten Franz Anton von der Mark-Schleiden.
Am 22. November 1681 jedoch befahl König Ludwig XIV. die Rückgabe an Schleiden.
1697 rebellierten die Wollseifener gegen die von Harff, weil ihre „uhralten freyheiten und gerechtigkeiten gravirt“ würden. Die Grafen von der Mark-Schleiden, hinter denen die von Luxemburg-Habsburg standen, meldeten immer wieder ihre Ansprüche an.
Am 1. Februar 1713 kam das Land Überrur dann wieder an Schleiden.
Ab 1748 regieren unter Raymund die von Arenberg.
((1298: Heirat der Mathilde von Arenberg, der letzten Trägerin des Namens (die sich überdies noch durch die Absichten des Fürstbischofs von Köln bedroht sah, der bereits den Besitz der Familie in Köln unter Zwangsverwaltung gestellt hatte), mit ihrem Cousin, dem Grafen Engelbert von der Mark. Aus dieser Ehe gehen sechs Familienzweige hervor, die später noch von sich reden machen:
- die Herzöge von Kleve, Jülich, Berg und Ravensberg,
- die Herzöge von Nevers, die Herren und Grafen von Arenberg im
engeren Sinn,
- die Grafen von Rochefort,
- die Herren und später die Herzöge von Sedan und von Bouillon,
- die Barone von Lummen und
- die Grafen von Schleiden.)
In der vergangenen Zeit ist der überterritoriale Regent das Herzogtum Luxemburg. Der Deutsche Kaiser, Karl V., ist gleichzeitig auch Herzog von Luxemburg. Er übergibt 1555 seinem Sohn, Philipp II. von Spanien, die Niederlande, zu denen auch Luxemburg gehört. Neben anderen wird das Land Überrur, weil es Luxemburg untersteht, auch „Spanisches Ländchen“ genannt.
Von 1794 an unterliegt Schleiden der französischen Revolutionsregierung.
Ab 1816 haben die Preußen das Sagen.
Bürgerreporter:in:Klaus Wilhelm von Ameln aus Simmerath |
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