Wie kam Erkensruhr/Erkensrur zu seinem Namen?
Damit es nicht verloren geht!
Da, wo keine schriftlichen Dokumente mehr vorhanden sind, müssen mündliche Überlieferungen die fehlenden Puzzles ersetzen. Diese mündlichen Überlieferungen wurden als Geschichten von Generation zu Generation weitergegeben. Dabei runden Orts- und Flurnamen (in alter Volkssprache), Wegverläufe sowie Reste von alten Gebäuden und Gräber (Kulturdenkmale) das geschichtliche Erscheinungsbild ab. Geschichtliche Interpretationen werden nie ein endgültiges Erscheinungsbild präsentieren können, denn die Interpretationen sind immer subjektiv und erleben durch spätere Neuentdeckungen oftmals eine gewaltige Veränderung. Wenn die vorhandenen Puzzlesteine auch noch kein scharfes Bild ergeben, sollten sie trotzdem archiviert werden, damit spätere Erkenntnisse womöglich leichter einzuordnen sind.
Die neue Serie hat sich zum Ziel gesetzt, einen breiten Kreis von geschichtlich Interessierten anzusprechen, sich zu beteiligen um vergessene Geschichte wieder mit Leben zu erfüllen. Heute geht es um:
Wie kam Erkensruhr/Erkensrur zu seinem Namen?
Erkensruhr, ein Ortsteil von Simmerath in der Eifel, liegt ca. 1 km von Einruhr entfernt direkt an der Erkensrur, von der es auch seinen heutigen Namen bekommen hat.
Im Folgenden soll versucht werden in Erfahrung zu bringen, woher die Erkensrur ihren Namen hat: Die Erkensrur ist schon sehr früh in die Akten gekommen, als nämlich Kaiser Heinrich IV. am 7. Oktober 1069 der Kölner Kirche den Wildbann (Forstrecht) und die Waldungen von der Mündung der Erkensrur bis zur Mündung der Urft (Olef zu der Zeit) geschenkt hat. In der lateinischen Urkunde ließt man den Namen: „Orcuntruram“. Der Bach-Name „Orcuntruram“ und ähnliche Formen wird dann noch öfters erwähnt, aber nur bei Grundstücken, nicht aber verbunden mit Menschen oder Häusern, die auch oft zur Namensgebung von Orten herangezogen wurden.
Sollte die Bezeichnungen wirklich aus dem lateinischen stammen, dann finde ich nur „orca = Tonne“,
„orchas = Olive“,
„orchestra = Sitzplatz der Senatoren im Theater“,
„orcinus = aus dem Totenreich stammend“ und
„orcus = Pluton [griechisch], lateinisch Pluto, ursprünglich der griechische Gott des Reichtums, der aus der Erde kommt, nach der Gleichsetzung mit Hades wurde er zum Herrscher über die Unterwelt und die Verstorbenen. Die Römer nannten ihn Dis und Orcus. In den Vorstellungen vieler Religionen erscheint das Reich des Todes (Wohnort der Verstorbenen; Herrschaftsbereich der Totengottheiten); häufig auch Ort eines Totengerichts. Im alten Ägypten nahm die Vorbereitung auf das Leben in der Unterwelt und das Bestehen vor dem Totenrichter Osiris einen herausragenden Platz ein. Im griechischen Mythos ist die Unterwelt (der Hades) im Allgemeinen das Reich der Toten unter der Erde, in dem Gott Hades (Pluton) und seine Gemahlin Persephone herrschen. Die von Hermes geleiteten Seelen werden von Charon über die Unterweltflüsse (Acheron, Kokytos, Styx) gesetzt, treten durch den von Kerberos bewachten Eingang der Unterwelt vor die Totenrichter Aiakos, Minos und Rhadamanthys und werden von diesen in das Elysium oder in den Tartaros gewiesen, so ist z. B. Tantalos zu ewigen Qualen verdammt. Dem griechischen Hades entspricht der römische Orkus (Orcus). In der germanischen Unterwelt, unter der Weltesche Yggdrasil gelegen, herrscht die düstere Totengöttin Hel (Hölle).
Weiter ist Orcus ein Gott des Eides, weil ihm der Eidbrüchige, der bei seinem Leben schwur, zu überantworten war. Er gilt als Ende aller Dinge.Der Name Orcus soll von Vragus, „des Nachtrabes Führer” abgeleitet sein, von urgere, „antreiben”, weil Orcus der antreibende Gott ist, vom griechischen Wort für den Eidschwur, als Gott des Eides, oder dem für die Verzäunung, weil der Orcus das Ende der Dinge ist. Sein Name wird auch von dem hebräischen arka, „Erde”, abgeleitet, seinem unterirdischen Wesen entsprechend (n. HEDERICH, Sp. 1794 u. 1795).
Ob das bewaldete, dunkle Seitental des Rurtals, das Tal der Erkensrur, seinen Namen von „orcus“ erhalten hat, wäre denkbar.
In alten Steuerlisten aus dem Jahre 1543/44 ließt man: „Claeßges Bendt zu der kleyner Orken-Ruyrgen“ und 1544/45 „der herren bend in der Orkenrouren“. Dann gibt es eine Weinkaufrechnung vom Jahre 1622/23 im Stadtarchiv Monschau, wonach am 21. November „gegolden hat Joris Graeff contra (von) Hutten Claeß johans wittib (Witwe) und ihren Kinderen ein Erb (Grundstück) gelegen in der Orckens Rauren“ für 12 Thaler.
Erkensruhr/Erkensrur liegt im Land der Eburonenland, wo Caesar einst eine schreckliche Niederlage erlitt. Er schreibt in seinem „De Bello Gallico“ (Der Gallische Krieg), im sechsten Buch, Kapitel 24 [...]So besetzten die tektosagischen Volcer die so fruchtbaren Landstriche Germaniens um den Hercynischen Wald und siedelten daselbst. Von diesem Walde hatten, wie ich sehe, auch Eratosthenes und einige andere griechische Schriftsteller, die ihn den Orcynischen nennen, gerüchteweise gehört[...].
Caesar hat sich also im Eburonenland aufgehalten! Die Erkensrur (Orcuntruram) fließt im Eburonenland! Ist es da nicht möglich, dass der Name „Hercynia“ auch in Verbindung steht mit „Orcuntruram“?
In Griechisch ist zu finden: „orcynia silva“, was Hercynischer Wald bedeutet.
Eine Assimilation von „orcynia“ zu „orcynta“, und weiter zu „orcunta/orcunt“ (Orcunt-ruram) ist anzunehmen; das „h“ wird im Lateinischen nicht ausgesprochen und als „ercynia“ „ercynta“ gesprochen.
Wo befindet sich der Hercynische Wald? Im Zuge der herzynischen Gebirgsbildung, d.h. vor 350 bis 225 Millionen Jahren, wurden das armorikanische Gebirge, die Ardennen (ehemals nannte sich der gesamte Raum zwischen Maas und Rhein so) sowie die Vogesen aufgeworfen, also gewissermaßen eine westliche, nordöstliche und östliche „Begrenzung“.
(Erdschichten von Wikipedia siehe unten Bild 2)
Man unterscheidet in Mitteleuropa von S nach N das Moldanubikum, das Saxothuringikum, das Rhenoherzynikum und die Subvariszische Vortiefe. Zum Rhenoherzynikum gehört zum Beispiel das Rheinische Schiefergebirge.
Nördlich des Rhenoherzynikums lag der Old Red Kontinent. Die südliche Abgrenzung ist die Mitteldeutsche Kristallinschwelle (MdKS). Nördlich der MdKS liegt die Phyllitzone als metamorphes Rhenoherzynikum. Rheinisches Schiefergebirge (RS) und Ardennen, die beide dem Rhenoherzynikum angehören, sind durch eine N-S-verlaufende Achsendepression getrennt. Im E taucht das RS unter das permomesozoische Deckgebirge der Hessischen Senke.