Wie kam Einruhr zum St. Nikolaus-Patronat?
Damit es nicht verloren geht!
Da, wo keine schriftlichen Dokumente mehr vorhanden sind, müssen mündliche Überlieferungen die fehlenden Puzzles ersetzen. Diese mündlichen Überlieferungen wurden als Geschichten von Generation zu Generation weitergegeben. Dabei runden Orts- und Flurnamen (in alter Volkssprache), Wegverläufe sowie Reste von alten Gebäuden und Gräber (Kulturdenkmale) das geschichtliche Erscheinungsbild ab. Geschichtliche Interpretationen werden nie ein endgültiges Erscheinungsbild präsentieren können, denn die Interpretationen sind immer subjektiv und erleben durch spätere Neuentdeckungen oftmals eine gewaltige Veränderung. Wenn die vorhandenen Puzzlesteine auch noch kein scharfes Bild ergeben, sollten sie trotzdem archiviert werden, damit spätere Erkenntnisse womöglich leichter einzuordnen sind.
Die neue Serie hat sich zum Ziel gesetzt, einen breiten Kreis von geschichtlich Interessierten anzusprechen, sich zu beteiligen um vergessene Geschichte wieder mit Leben zu erfüllen. Heute geht es um:
Wie kam Einruhr zum St. Nikolaus-Patronat?
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Klaus Wilhelm von Ameln, Einruhr
Nach dem Handbuch des Bistums Aachen, 3. Auflage, 1994 herausgegeben vom Bischöflichen Generalvikariat, Aachen, sollen sich die Einruhrer Bewohner 1749 eine Kapelle (einschiffiger Bruchsteinbau in drei Achsen) gebaut haben. Die Kapelle wurde 1751 durch den Wollseifener Pfarrer Hilger Maus benediziert. Das Bistum erwähnt nicht, dass die wichtigen Kirchendienste weiterhin in Wollseifen erbracht wurden. Auch teilt es Nichts mit, über die Schutzherrschaft des St. Nikolaus, dem die Kapelle geweiht wurde.
Verfügung für RD Hilgero Maus, Pastor in Wollseifen, damit einverstanden zu sein, dass in der Kapelle in Einruhr nun selbst stille Messen abgehalten werden dürfen, außer an Sonn- und hohen Festtagen:
28. 8. 1751
expedita est licentia pro RD Hilgero Maus, pastori in Wolseiffen simpliciter benedicendi sacellum in Einrohr e fundamentis extructum ac in eodem a sacerdote a dispositione pastoris unice dependente tam dom.qaum festivis dd.ac feri alibus, maioribus festivitatibus exceptis nisi de praescitu et consensu pastoris sacrum super altare portatile celebrandi ad septennium, ita tamen ut dom.ac fest.dd.bene dispositi nullumque legitimum impedimentum habentes in par.ecel.cum Do.sacellano comparere et divinis officiis assistere teneantur, dummodo necessario ornatu instructum fuerit, et in sartis tectis conservetur, iuribusque parochialis ecclesiae nullum inferatur iudicium;
23. 6. 1758 licentia fuit extensa.
8. 1. 1766 „ „ „
Der Grund für die Erbauung dieser Kapelle (von den Einruhrern „Alte Kirche“ genannt) war wohl der beschwerliche Weg (erst recht zur Winterzeit) bergauf nach Wollseifen zur Pfarrkirche, die dem Heiligen Rochus - dem Schutzpatron gegen ansteckende Seuchen - geweiht war. Diese Pfarrkirche soll - nach der Chronik der Diözese Trier von 1628 – 1635 an einen noch vorhandenen Teil der alten Matthias-Kapelle schief angebaut worden sein. 1660 wurde die Gemeinde Wollseifen - nachdem sie sich von der Urpfarre Olef gelöst hatte - selbständige Pfarre.
Um der Frage „Wie kam Einruhr zum St. Nikolaus-Patronat?“ auf den Grund zu gehen, muss etwas tiefer in die Vergangenheit eingetaucht werden.
Im Mechernicher Wochenspiegel (?) vom Samstag, 27. und Montag, 29. Januar 1934, erschien ein Artikel von Lehrer Peter Keller, wohnhaft in Strempt bei Mechernich, über den Walberhof bei Wollseifen. Er bezog sich unter anderem auf die „Chronik des Eifeler Bauerntums“. Dieser Artikel ist es wert, auszugsweise wiedergegeben zu werden, da er Quellen angiebt, die zur Mehrheit schon damals nicht mehr eingesehen werden konnten.
W a l b e r h o f
Aus der Chronik Eifeler Bauerntums
An der Provinzialstraße Gemünd-Aachen, unweit der alten Römerstraße, liegt hinter einer dichten Allee schattiger, uralter Buchen und Linden versteckt, der Walberhof. Wenig ist bisher über sein Alter und seine geschichtliche Entwicklung bekannt geworden. Wenn ich es nun unternehme, in nachstehenden Ausführungen einen, wenn auch leider oft lückenreichen Überblick über den genannten Hof und seine Geschichte zu bieten, so möchte ich doch damit einiges zur Ergänzung der in manchen Teilen noch dürftigen Heimatgeschichte beitragen. Ich habe mich deshalb in meinen Ausführungen nicht immer streng an das Thema gehalten, sondern hier und da auch Ortsgeschichte der nächsten Umgebung mit eingeflochten, die besonders erwähnenswert schien. Schwierig ist eine solche Arbeit schon deshalb, weil die meisten Akten, die über den Walberhof richtig Aufschlüsse geben könnten, verloren gegangen oder aber unzureichend sind. So sind die sämtlichen Akten des Wollseiffener Pfarrarchivs von der Zeit vor 1800 von Napoleon bei seiner Ocupation des Rheinlandes beschlagnahmt und in einem Amtshause in Olef in Verwahr gebracht worden, woselbst sie dann einem Brande zum Opfer fielen. Auch die Akten des Herzoglich Arenbergischen Archivs, die recht wichtige Angaben über den Walberhof enthalten, sind s. Zt. durch die belgische Regierung in Brüssel beschlagnahmt und bis heute noch nicht wieder frei gegeben worden. Ausgeschlossen erscheint es deshalb auch, eine genaue, zeitlich begrenzte Geschichte des Walberhofs zusammenzustellen.
Der Walberhof ist schon sehr, sehr alt. Der genaue Gründungszeitpunkt ist nicht bekannt. Doch wird in alten Urkunden, die im Besitze des ehemaligen Pfarrers Löchte von Wolseiffen waren, Ludwig der Fromme, der Sohn Karls des Großen, als der Gründer des „Walbur- oder Walburn-hofes bezeichnet. Klinkhammer verlegt dagegen die Gründungszeit in die spätrömische Zeit hinein. In seinem Heimatbuch „Heimatbuch des Kreises Schleiden“ nennt er den Hof „Waleburen“, d. h. welsche Siedlung von Walen, die nach seiner Angabe Nachkommen der romanisierten Ureinwohner, nämlich der Kelten sind. Diese Angabe wird dadurch glaubhafter, daß ganz in der Nähe eine Römerstraße vorbeiführte, die von Kesternich über Einruhr, Walberhof lief, halbwegs zwischen Hehrhahn-Dreiborn die Römerstraße Köln-Reims kreuzte, und weiterlaufend über Schleiden-Sistig-Hillesheim-Manderscheid-Wittlich die Mosel bei Traben erreichte. (Siehe Veith-Bonner Jahrh. 75, S. 14/15). Dadurch war die Gegend des Walberhofes damals schon dem Verkehr erschlossen und deshalb die Gründung des Hofes umso eher möglich. Entgegen diesen ersten Gründungsangaben gibt uns Birmond in seinem Buche „Geschichte des Kreises Schleiden“ eine andere Worterklärung. Wir lesen darin: „Walberhof—Walburgishof. Derselbe hat seinen Namen von einer der heiligen Walburgis geweihten, ehemals hier vorhandenen Kapelle erhalten, welche eine der ältesten in der Umgebung war. Hier soll einer der ersten christlichen Altäre gestanden haben.“ In alten Urkunden wird der Hof als „Walber im Ginster“ neben „Conzen im Venn“, „Till im Acker“ und dem „Dirlaner Hof“ bei Füssenich genannt. Über die Entwicklung des Hofes im 10. und 11. Jahrhundert ist nirgendwo etwas aufgezeichnet. Wohl berichten auch andere Urkunden, daß auf dem Walberhofe schon sehr frühe die Kapelle „ad Sanctam Walburgam“ gestanden habe, die eine der ältesten Kirchen der Gegend gewesen sei. Nach einer Archivnotiz des Klosters Steinfeld war ehedem in der ganzen Grafschaft Schleiden keine Kirche, ausgenommen die Kapelle „Sanctae Walburgam“ bei Wolseiffen.“
Wie der Volksmund wissen will, soll auf dem Walberhofe um die Zeit des Mittelalters ein Mönchskloster gestanden haben. Geschichtlichen Hintergrund hat diese Behauptung in der Schenkungsurkunde des Walberhofes an das Kloster Steinfeld durch König Konrad III. Darin wird von einem Mönche „Gelduphus“ gesprochen, der die Kapelle „Walbure“ erbaut habe! Dieser Mönch soll damals in der Kapelle auch den Gottesdienst versehen haben, an dem die umliegenden Nachbarn, so auch die von Wolseiffen, teilnahmen, weil sie ja noch keine eigene Kirche hatten. Wie der Volksmund erzählte, soll dieser Mönch später auch in Wolseiffen eine Kapelle erbaut haben, die er dem hl. Matthias weihte. Noch heute erinnern uns eine Anzahl Flurbezeichnungen des Walberhofes an das Kloster bezw. an dessen Insassen, so z. B. „Pafebom“, „Pafesief“, „Pafepötz“, „Pafenweiher“ (von dem Worte Pfaffe herkommend). Der Volksmund erzählt, die in den Fluren des Klosters beschäftigten Mönche hätten sich um die Mittagszeit am „Pafebom“ versammelt, um dort ihre Stundengebete zu verrichten.
Noch heute befindet sich auf dem Walberhof ein Pfädchen, daß von den Gebäuden aus an den beiden „Pafenweihern“ vorbei durch den sogenannten „Irrgarten“ zum „Pafebom“ führt. Dieses Pfädchen, das früher mit weißen Steinen belegt war, soll von den Mönchen angelegt und zu ihren Gebetsgängen benutzt worden sein.
Heute ist noch der „Pafebom“, eine alte knorrige Eiche, vorhanden, der im sogenannten “Bizebroich“ oberhalb des „Pafesiefes in der Nähe des untersten „Pafenweihers“ steht. Eine heute noch im Wolseiffener Volke lebende Sage erzählt, die auf dem Walberhof bestatteten Mönche ständen alle 100 Jahre aus ihren Gräbern auf und wandelten zur nächtlichen Geisterstunde singend und betend in den Gebäuden und Fluren des Hofes herum. Eine dieser verwandten Sage erzählt uns Lehrer D e r i c h s aus Düren in der „Volkskunde des Jülicher Landes 1. Teil Sagen aus dem Rurbezirk (…).
Das Kloster kann aber nicht längere Jahrhunderte bestanden haben, denn in den Urkunden des 15. und 16. Jahrhunderts steht nirgend etwas Diesbezügliches erwähnt. Der damals um die Mitte des 12. Jahrhunderts dem Kloster Steinfeld vorstehende Abt Ebroino oder Eberwein von Helfen .... stand in guten Beziehungen zum Königlichen Hof. Er soll sich sogar der persönlichen Gunst des Königs Konrad III. erfreut haben. In Georg Bärsch: „Das Prämonstratensermönchskloster Steinfeld in der Eifel, Schleiden 1857“, Seite 85 ist zu lesen, daß sich im Archiv des Klosters Steinfeld eine Urkunde befunden habe, durch welche der römische König Konrad dem Kloster den Hof „Walburen“ im Jahre 1145 geschenkt habe. Dagegen nennt I. H. Kaltenbach in „Der Regierungsbezirk Aachen, Aachen 1850, Seite 111, das Jahr 1155 als das Schenkungsjahr. In der „Chronik der Diözese Trier 1828“, Seite 706 lesen wir: „Walburen erscheint sehr frühe; es wurde der Abtei 1145 von Konrad geschenkt. Die Schenkungsurkunde lautet im Auszuge ins Deutsche übersetzt: Konrad, durch Gottes milde Gunst König der Römer. Denen, die Einsicht haben mit den Bedürftigen und Armen, verspricht der wahrhaft heilige Geist Glückseeligkeit und im Unglück Erlösung. Wir wollen bekannt machen, daß wir auf Bitten und durch die Fürsprache Arnolds, unseres treuen und lieben Freundes, Probst des Kölner Domes und unseres Reiches Kanzler, (...)igen Abtes von Stablo, sowie auch auf Fürsprache des Grafen Heinrich von Limburg dem ehrwürdigen Vorsteher von Steinfeld, Ebroinus, sowie den Brüdern, die in dieser Kirche Gott unter den Regeln des hl. Augustinus dienen, für jetzt und ewig ein gewisses Rottzehntland mit Gebäude schenken, wie es früher von einem gewissen Mönche Geldufas erbaut war, einen Ort, der von den Nachbarn „Walburne“ genannt wird. Wir wollen, daß vorgenanntes Rottzehntland mit allem, was dort erbaut und erworben werden kann, nicht in die Gewalt eines anderen übergeht, sondern, daß dieser Ort „Walbure“ für alle Zeiten unter dem Schutze und der Verteidigung unserer Nachfolger, d. h. der Könige oder Kaiser verbleiben soll. Worms im Jahre der Regierung.“
Kaiser Friedrich Barbarossa bestätigte dem Probste Udelrich vorbenannte Urkunde im Jahre 1162 zu Besancon. (Datum apud Besantionenses.) Die Nachfolger des Probstes Udelrich, -- Probst Otto und die Chorherren des Stiftes Aachen erließen der Abtei Steinfeld dann im Jahre 1166 den Zehnte vom Hofe Walburen.
Es handelt sich hier beim Walberhof um das Land von der Besitzgröße von 4 Königshufen. Ein Königshufen ist aber mit 45 bis 50 Hektar anzunehmen, sodaß nach der Angabe dieser Urkunde der Walberhof damals schon ein Besitztum von 750 bis 800 Morgen haben mußte. Am 22. 3. 1187 bestätigt Erzbischof Philipp von Heinsberg dem Kloster Steinfeld u. a. den Besitz des Hofes Walbure (Regesten der Kölner Erzbischöfe 2 reg. 1282).
Der Walberhof wird dann auch bereits im Jahre 1187 in einem Diplom unter den Besitzungen des Klosters als „Walbure curiam unam“ aufgeführt. Im Jahre 1265 bewilligte Walram, Herr von Montjoie und Jutta, seine Gemahlin, der Abtei einen jährlichen Zins von 14 kölnischen Denaren und den kleinen Zehnten und denjenigen vom bebauten Lande (de jurnabilis terre arabilis) ihres bei Walburen gelegenen Hofes. (Text siehe Seite 706 der Chronik der Diözese Trier!) Es hat sich bei dieser Bewilligung wohl nicht um den Walberhof gehandelt, sondern um ein in der Nähe des Walberhofes stehendes anderes Gut. Die alten Bürger wissen sich noch zu entsinnen, daß am sogenannten „Jenenk“ (d. h. wohl jenseits der Grenze) also an der Grenze zwischen Walberhof und Wolseiffen noch alte starke Mauerreste gestanden haben, die erst vor wenigen Jahrzehnten niedergerissen wurden. Scheinbar sind dies die Reste des nach dieser Urkunde „bei“ „Walburen“ gelegenen Hofes gewesen!
Im Besitze des Klosters Steinfeld wurde der Gottesdienst auf dem Walberhof noch längere Zeit fortgesetzt, weil es auch damals noch die einzige Kirche der Gegend war. Die Bewohner der Umgebung waren damals noch Pfarrgenossen der Pfarrkirche zum hl. Apostel Andreas von Steinfeld. Als dann später der Gottesdienst in die neu errichtete Kirche zu Wolseiffen verlegt wurde, wurde der Gottesdienst in der Kapelle „Walburen“ eingestellt. Allen Anschein nach ist aber der bei der Kapelle gelegene Friedhof noch lange Zeit in Benutzung geblieben; denn um die ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts werden dort Gebeinreste gefunden. So berichtet ein auf dem Walberhof wohnender Förster in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts, daß die Schweine des öfteren menschliche Gebeine aus dem Boden wühlten. Auch beim Umbau des Gutes in den Sechsiger Jahren des vorigen Jahrhunderts entdeckte man beim Ausschachten des Bodens unter den heute an der linken Straßenseite liegenden Stallungen noch teilweise erhaltene Grabkammern mit Sarg- und Gebeinresten. Es ist leider nicht festgestellt worden, um welche Funde es sich damals handelte. Vielleicht waren die letzteren Grabkammern der bestatteten Mönche. Die alte, vielgenannte Kapelle hat sich vermutlich an der linken Giebelseite des Hofes befunden und reichte bis an die Straßenfront heran. Dies ist anzunehmen, weil noch heute an der linken Seite des Toreinganges alte, schmale romanische Rundbogenfenster vorhanden sind, die wohl einstmals Kapellenfenster waren. (Siehe Bild). Anscheinend hat man beim Umbau des Hofes im vorigen Jahrhundert auf diesen dicken, festen Mauerresten die heutigen Stallungen aufgebaut und diese alten Fenster darin belassen.
Bis zum Jahre 1539 blieb der Walberhof im Besitz des Klosters Steinfeld. Eine interessante Mitteilung über den Hof ist auch im „Urbar des Klosters Steinfeld von 1503“ Blatt 30a zu sehen. Es ist ein Abschnitt mit der Aufschrift: „Dort ist solche artland, benden, busche und veld, zeinden und Zins, gehoerende in unsern kaisersvrien Hof und guet zu Walburen.“ Es folgt dann eine Beschreibung der auf 15 Teilgütern lastenden Zinsen von 18 Schilling a Acker, 15 ½ Hühnern und 13 Diensttagen! Dies ist uns ein Zeichen dafür, wie sich im Mittelalter der Grundbesitz auflöste. (Siehe Lamprecht, Wirtschaftsleben 1. 2. 7. Seite 887.) Nach Einstellung des Gottesdienstes auf dem Walberhofe war die Kapelle allmählich zerfallen. Der erste Grund war, wie schon erwähnt, die Gründung der Kapelle Wolseiffen. Ein zweiter kam noch hinzu: Während früher alle Gläubigen der Grafschaft Schleiden, denen der Weg zur Andreaskirche nach Steinfeld zu weit war, hinaufpilgerten zum Gottesdienste nach Walberhof, erbaute jetzt Graf Friedrich I. von Schleiden mit Bewilligung und Erlaubnis des Abtes und Convents von Steinfeld an seinem Schlosse in Schleiden eine Kapelle zu Ehren der Apostel Philippus und Jakobus, die dann im Jahre 1230 von dem Erzbischof Heinrich eingeweiht wurde. Diese Kapelle wurde im Jahre 1317 zu einer Pfarrkirche erhoben, doch verblieb der Abtei Steinfeld das Patronat, und der jeweilige Abt übte als Archidiakonus das bischöfliche Recht der kirchlichen Visitation aus. Es kümmerte sich nun nach dieser neuen Kirchengründung niemand mehr um die Kapelle Walberhof, und sie mußte infolge dessen jetzt völlig zerfallen. Als Taufkapelle soll sie jedoch noch bis um das Jahr 1600 bestanden haben.
Im Jahre 1509 verpachtete Abt Johann V. den „kaiserfreien Hof“ zu Walburen, der jetzt, nach Einstellung des Gottesdienstes nur mehr landwirtschaftlichen Charakter hatte. Ebenso machte es der Abt Gottfried II. nach Ablauf der ersten Pachtzeit im Januar 1517.
Um die Mitte des 16. Jahrhunderts entwickelten sich auch in der Grafschaft Schleiden Reformationsbestrebungen, die auch für den Walberhof nicht ohne Bedeutung blieben. Unter der Herrschaft des Grafen Dietrich IV. von Manderscheid drangen die Reformationspläne Martin Luthers auch bald in unseren Kreis Schleiden ein. Nach „Küllenberg“ nahm Graf Dietrich an diesem wichtigen Ereignis Anteil und war diesen neuen Bestrebungen zugeneigt. Vielleicht aus diesem Grunde entwickelten sich damals zwischen dem Abte des Klosters Steinfeld und Graf Dietrich mancherlei Schwierigkeiten. So wird uns in der „Eiflia sacra“ berichtet, daß Steinfeld durch den Machteinfluß des zum Protestantismus übergetretenen (?) Grafen von Manderscheid-Schleiden sogar genötigt wurde, vorübergehend einen protestantischen Pfarrer in Niederrehe zu besolden. Infolge des erwähnten Streites wurde dann im Jahre 1539 von dem Abte Simon zufolge Vergleichs die Kirche zu Schleiden nebst Zehnten jenseits des „Helgenbaches“ sowie das Gut Walburen nebst Partinentien an Schleiden abgetreten und dagegen nur die Vikaria Erp nebst Zehnten von Steinfeld eingetauscht. Über die Abtretung des Walberhofes an Schleiden berichten uns auch die „Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein“, Kapitel: Die Prämonstratenserabtei Steinfeld von Beginn des 15. Jahrhunderts mit folgenden Zeilen: „ Der Streit über den Zehnten (zwischen Abt Simon von Steinfeld und Graf Dietrich von Manderscheid-Schleiden) kam erst im Jahre 1539 durch einen Vergleich zum Austrag, durch den die Olef als Grenze des Zehntbezirks bezeichnet, und die Zehnten von den Ländereien auf dem linken Ufer der Abtei zugesprochen wurden mit der weiteren Bestimmung, daß die Pfarrkirche zu Schleiden samt den Zehnten zu Schleiden und Hellenthal und dem Hofe „Walburen“ und allem Zubehör an die Herren von Manderscheid-Schleiden übergingen, während die Abtei als Entschädigung dafür das Personat und Vikariat in Erp mit den zugehörigen Zehnten erhielt.“ Als bischöflicher Archidiakon stand aber dem Abte auch weiterhin das Visitationsrecht der Kirche Schleiden zu. Von einer solchen Visitationsreise erzählt uns Bärsch in seinem Buche „Die Prämonstratenserabtei Steinfeld im Jahre 1887“ Seite 87. Er berichtet: „Als nun Abt Johann VII. Luckerath im Jahre 1679 gelegentlich einer solchen Visitationsreise nach Walburen kam, fand er die Kapelle ganz zerfallen. Man zeigte ihm noch Mauerwerk, welches von der Kapelle herrührte und versicherte, daß noch Leute am Leben seien, welche in der Kapelle getauft wurden. (Demgemäß muß also die Kapelle bis um 1600 als Taufkapelle benützt worden sein!) Der Abt bemerkte dabei, daß die Kapelle mit dem Hofe 1145 zu Worms dem Kloster von dem römischen König, Konrad III, Heinrich von Limburg geschenkt worden sei. Kaiser Friedrich 1. habe diese Schenkung 1162 zu Besancon bestätigt. Seit der Abtretung des Hofes an den Grafen von Manderscheid im Jahre 1539 habe man die Kapelle gänzlich zerfallen lassen. Die Kapelle sei uralt gewesen und in ihr soll einer der ersten christlichen Altäre errichtet worden sein.
Recht interessant ist auch ein Bericht eines Pfarrers Mockel-Harperscheid in dem Buche „Kunstdenkmäler des Kreises Schleiden“, wonach sich zwei Glocken der ehemaligen Kapelle „Walburen“ heute noch in Harperscheid befinden. Nach seiner Angabe stammt die erste Glocke aus dem Jahre 1478 und hat folgende Inschrift:
„Maria Heissen ich, Heinrich va (N) (F) Errada Gues Mich. MCCCCL XXVIII. (1478)“
Die Zweite Glocke stammt nach seiner Angabe aus derselben Zeit und trägt die Inschrift:
„Sent Quirinus Bet für uns.“
Seit 1539 war der Walberhof nun im Besitze der Grafen von Schleiden. Da diese keine persönliche Verwendung für diesen rein landwirtschaftlichen Betrieb hatten, so verpachteten sie ihn. Von einer solchen Verpachtung für die Jahre 1660—1674 berichtet uns das Frhr. von Harffsche Archiv mit folgenden Zeilen: „Der hoff Walber mit inschluß des darzu gehörigen Erbzehenden ist jetziger Zeit uff gewisse Jahre ausgepacht, ahn Roggen 10 Mltr, ahn Habern 40 Mltr., ein fet Liebes Schwein 8 Rtlr., daneben jährlichs zu fuederen und en beweiden schultig 300 stück Schaaf, und den Schäffer uff seine Costen zu underhalten, außerhalb daß die Gnädige Herrschaft dem Schäffer eine belohnung mit 24 Gulden zu zahlen verpflicht und wird diessem nach die Abnutzung der Schäfferey weniger nicht als 80 Rtlr. (Archiv v. Harff, Amt Wolseiffen, Rentgefälle.)“
Im Jahre 1669 wurden die umliegenden Ortschaften des Walberhofes, wahrscheinlich auch er selbst, von der asiatischen Beulenpest heimgesucht, die von Euskirchen her bis in die Gegend von Gemünd vordrang, nachdem sie um das Jahr 1635 schon mal in Gemünd gewütet hatte. Anzunehmen ist es schon deshalb, daß der Hof von dieser Krankheit mit heimgesucht wurde, weil die Leichen der Umgebung auf dem Friedhof des Walberhofes beerdigt wurden. Birmond berichtet uns in seiner „Geschichte des Kreises Schleiden“, daß im Jahre 1669 besonders Herhahn und Morsbach hart betroffen worden seien, während nur Olef durch vollständige Absperrung verschont geblieben sei. Die Sterblichkeit soll so groß gewesen sein, daß selbst die nächsten Anverwandten sich abwandten vor dem schwarzen Tod und man nur mit Mühe noch Leute auftreiben konnte, die die Verstorbenen in roh gezimmerte Särge legten und zum Friedhof brachten.
Im Jahre 1670 änderte der Walberhof dann wieder seinen Besitzer. Am 8. Juli 1670 verkaufte Franz Anton, Graf zur Mark und Schleiden den Walberhof mit mehreren anderen Besitzungen an Johann, Freiherrn von Harff, Herrn in Dreiborn. In dem Kaufvertrag heißt es: „unser ambt Wolseiffen, bestehend im Dorf Wolffseiffen, und auf der Ruhren (Einruhr), Walberhof und einige Häuser unden zu Morsbach sampt den underthanen, renthen, zehnden, Zinsen, Capeunen, hoeneren, Schatz, fischereyen etc. für 10000 Reichstaler. (Archiv von Harff.) Der Freiherr von Harff hatte aber schon früher größere Geldsummen an Franz Anton entliehen. Er selbst berechnete die Kaufsumme folgendermaßen: Capital 16560 Rtlr., Interesse bis zum Besitz 3324 Rtlr., Neues Haus bei Walberhof 900 Rtlr., zusammen 20784 Rtlr. Graf Franz Anton bedauerte schon bald den Verkauf der Besitzungen. Es kam zu Streitigkeiten um den genannten Besitz und später sogar zu einem Prozeß, der in Mecheln im Jahre 1680 mit einem für Freiherr von Harff günstigen Urteil endete.
Die Wolseiffener Bewohner waren mit der Behandlung von Seiten des Besitzers Frhr. von Harff sehr unzufrieden. Im Jahre 1697 brach eine „Rebillon“ unter ihnen gegen von Harff aus. Der Schultheiß H. Heupgen und die Schöffen wandten sich klagend an den Provinzialrat von Luxemburg. Der v. Harff`sche Statthalter von Reiffenberg stellte 21 Pflichten der Wolseiffener gegenüber seiner Herrschaft zusammen. Unter diesen stand unter sub. lit. 21: „Auf Walberhof jährlich die Schafe zu waschen und zu scheren.“ Die Streitigkeit endete erst am 23. 10. 1700 in einem Vergleich, worin die Verpflichtung, die Schafe auf Walberhof zu waschen und zu scheren, wieder erscheint.(…)
Das Amt Wolseiffen war jülisches Lehen, das durch Erbschaft der Mechtilde von Schönforst im Jahre 1377 an Peter von Kronenburg kam. Es ging dann im Jahre 1467 von den von Kronenburg an die von Virneburg über. Metza von Virneburg brachte Wolseiffen an die von (…) Kuno von Manderscheid-Schleiden. Im Jahre 1670 ging es dann in den bereits erwähnten Verkauf mit dem Walberhof in den Besitz des Frhr. Von Harff in Dreiborn über.
Schon seit einiger Zeit stand damals die Grafschaft Schleiden in arger Bedrängnis durch Luxemburg, das sich die Lehnshoheit über Schleiden anmaßte. Obschon ihm dieses niemals zugestanden wurde, hat es sich wohl infolge der Schwäche des damaligen Kaisers, als Herrscher in der Grafschaft benommen. Zur Zeit des Grafen Franz Anton von Schleiden durchzogen luxemburgische und spanische Truppen die Grafschaft und quartierten sich dort überall ein. Es ist anzunehmen, daß auch der Walberhof unter ihrer Willkür zu leiden hatte. Müller bezeichnet in seinem Buche „Aus den Eifelbergen“ S. 228 diese Zeit als die unglücklichste, die die Grafschaft Schleiden jemals erdulden mußte. Von einem edeldenkenden spanischen Ritter dieser Zeit erzählt uns dagegen die Wolseiffener Geschichte: Als die spanischen Reiter damals die Grafschaft durchzogen, fanden Wolseiffener Einwohner in den sumpfigen Wiesen des „Mömmesauel“ bei Jägersweiler einen spanischen Edelmann namens Anton von Campanien. Er war mit seinem Pferde gestürzt und hatte sich lebensgefährlich verletzt. Man brachte ihn nach Wolseiffen und pflegte ihn dort bis zu seinem Tode. Da er kein Geld mehr bei sich trug, vermachte er kurz vor seinem Tode der Kirche von Wolseiffen seinen Degen mit goldenem Knauf mit der Bestimmung, das Geld zur Herstellung einer Monstranz zu verwenden. Die ältesten Einwohner Wolseiffens wissen sich noch genau zu entsinnen, daß dieser Edelmann noch bis in die sechsiger Jahre des vorigen Jahrhunderts im Totenregister der Kirche Wolseiffen als „Anton von Campanien“ verlesen wurde.
Die Untertänigkeit des Frhr. von Harff unter die Lehnshoheit Luxemburg ist auch dadurch bewiesen, daß bei der Erbteilung der von Harff am 14. September 1702, durch die Jean Friederique Guilhaume v. Harff Seigneur de Wolseiffen wurde, dieser dem Grafen von Autel, Gouverneur der Stadt und Provinz Luxemburg, angezeigt, daß er „ahant pris la .eelle et actuelle possession de la dite terre“. (D. h. daß er den waren und wirtschaftlichen Besitz des Gutes übernommen habe.) Eine weitere Notiz des Harffschen Archivs besagt, daß er anfing auf dem Walberhof „einen Sitz zu formieren“. Er wollte also dort Residenz nehmen.
Nach der Gewaltherrschaft der Luxemburger und Spanier fiel die Grafschaft Schleiden wie auch die Besitzung des Frhr. von Harff in die Gewaltherrschaft der Franzosen. Auch diese spielten sich als sehr üble Desperaten auf. Sie hausten in der ganzen Gegend übel, (nach Küllenberg) belegten die D(...) mit starker Einquartierung, nahmen die eingescheuerten Früchte und trieben es derart, daß die Güter keine Pacht mehr aufbringen konnten und großes Elend entstand. Nachstehend eine französische Verordnung vom 22. November 1681: „Louis Par la Grace de Dieu Roy de France et de Romane » verordnet, daß die von Harff-Drimborn vor dem Metzer Parlament dem Grafen Franz Anton von der Mark zurückerstattet : le Bailliage de Wolseiffen kosistant en quatrevilla es, le Cents de Valbuer et Crummenauel et le moulin dit le Weyer ihupl. Gemäß dieser Verordnung war also der Streit zwischen Graf Anton von Schleiden und dem Frhr. von Harff immer noch nicht erledigt, sondern dauerte fort bis am 13. Januar 1682 Philipp Wilhelm von Harff bei Todesstrafe aufgefordert wurde, vor dem Metzer Parlament zu Verhandlung zu erscheinen. Er nimmt dort Mauel, Wolseiffen mit den dazugehörigen Dörfern und den Höfen Walberhof und Crummenauel von Ludwig XIV. als „Lehen“ an.
Glücklicherweise dauerte das Zwangsregiment der Franzosen nicht mehr lange. Im Ryswicker Frieden im Jahre 1697 mußten die Franzosen auf die Lehnshoheit über die Grafschaft Schleiden Verzicht leisten.
In einem Vergleich zu Düsseldorf 1713 einigte sich der Frhr. von Harff nach langem Streite noch mal mit dem Grafen von Schleiden. Er trat dort Wolseiffen und den Walberhof wieder an Schleiden ab.
Im Jahre 1748 sollte die Grafschaft und mit ihr der zu ihr gehörige Walberhof mal wieder seinen Besitzer ändern. Mit dem Grafen Ludwig Engelbert erlosch nämlich die Herrschaft der Grafen von der Mark in Schleiden. Durch die Ehe der einzigen Tochter Engelberts mit dem Herzoge Karl Maria Raymund von Aremberg ging die Grafschaft Schleiden, mit ihr also auch der Walberhof am 18. Juni 1748 in den Besitz der Linie von Aremberg über. Über diese Zeit ist uns leider infolge der eingangs erwähnten Beschlagnahmung der Akten des Arembergischen Archivs durch die belgische Regierung nichts genaueres bekannt. Der Linie von Aremberg sollte der Besitz des Walberhofes auch nur für einen Zeitraum von 46 Jahren beschieden sein.
Bereits im Jahre 1794 besetzte Napoleon auch den Kreis Schleiden. Aus Furcht vor ihm flohen die meisten Fürsten. Napoleon erklärte sämtliche Burgen, Klöster und Höfe als Nationaleigentum und versteigerte sie in lokalen Versteigerungen zu Schleuderpreisen. So kam der Walberhof damals in den Besitz einer altangestammten Wolseiffener Familie May. Durch Erbteilung in dieser Familie wurde aber dann die Besitzgröße stark geschmälert. Bei Übernahme des Hofes hatte derselbe einen ungefähren Besitz von 1000 Morgen. Dieser Besitz ist leicht zu errechnen, wenn man die abgetrennten Fluren zu den heute noch zu dem Hofe gehörigen Ländereien zuzählt. Früher reichte der Walberhof stellenweise bis an das Dorf Wolseiffen heran. Ferner gehörte zu ihm 1. der ganze „Beienberg“, 2. große Wiesen des heute zur Urfttalsperre gehörigen Gebietes, so der „Hengesauel“, „Tellebend“, „Kruckauel“ und das „Kuckenpännchen“, 3. die Wiesen im „Helingsbachtal“, 4. auch noch zahlreiche, nicht näher bekannte Grundstücke, die an der Morsbacher Seite des Hofes und in der Wolseiffener Gemarkung liegen. Durch diese Erbteilungen verblieben dem Hof nur noch ca. 540 Morgen Besitztum.
Besonders schwere Zeiten machte der Hof, wir auch alle anderen Ortschaften des Kreises in der Hungersnot des Winterhalbjahres 1816/17 durch. Noch heute weiß der Volksmund manches über die damalige grauenhafte Notzeit zu berichten. In diesem Jahre war der Schnee so stark gefallen, daß er bis Juni hinein liegen blieb. Infolgedessen konnte die Saat nur teilweise und nur spät eingebracht werden. Am Michaelistage (29. 9.) brachte man das erste, bereits verdorbene Heu ein. Als es dann Anfang November wieder Schnee gab, stand die meiste Frucht noch im Felde. Sie konnte entweder gar nicht oder doch nur unreif und verdorben geerntet werden. Die Kartoffeln, die ohnehin schlecht geraten waren, erfroren auf den Feldern. So mußte damals selbst der Landmann einen harten, entbehrungsreichen und hungervollen Winter überstehen.
In den sechsiger Jahren des vorigen Jahrhunderts wechselte der Hof dann wiederum seinen Besitzer. Er wurde von der Familie May an eine Familie Nelessen in Aachen verkauft. Nach dem Tode der Freifrau von Nelessen, die Käuferin des Gutes war, ging der Besitz an den Grafen Karl von Nelessen über. Nach dessen Tod im Herbst 1927 kam das Gut in den Majoratsbesitz der Familie Nelessen, in dem er sich noch heute befindet.
In der Zeit der Übernahme des Hofes durch die Familie Nelessen war derselbe gründlich reparaturbedürftig und baufällig geworden. Er war nach dem Stil der alten Vennhäuser erbaut und bestand zum großen Teil aus Lehmfachwerkbauten und strohbedeckten Dächern, die an der Straßenseite (Schlagseite) bis fast auf den Boden hinabreichten. Bei der nun erfolgenden Renovierung wurden die Scheunen neu aufgebaut. Das Wohnhaus und die Stallungen wurden neu hergerichtet und später neu aufgebaut.
Nach erfolgter Renovierung verpachtete die Freifrau von Nelessen den Hof an einen gewissen Radelmann. Dieser wußte sich aber mit der eigenen Bewirtschaftung des Hofes nicht abzufinden und mußte ihn infolge größeren Defizits wieder aufgeben. Nach ihm ließ die Familie Nelessen den Hof durch einen Verwalter Mretgens verwalten. Im Jahre 1880 verpachtete diese den Hof dann an eine aus Einathen bei Eupen stammende Familie Keutgen, die noch heute Pächter des Hofes ist. Ein Viertel der zum Hofe gehörigen Fläche ist auch heute noch felsiges Oedland, nur mit dürrer Heide, spärlichem Graswuchs und stellenweise dichtem Ginster bestanden, so daß also auch heute noch die in alten Urkunden erwähnte Bezeichnung „Walber im Ginster“ teilweise zutrifft. Schon vor Jahrhunderten suchte sich der jeweilige Hofbesitzer dem dürftigen Grasaufwuchs durch eine größere Schafherde nutzbar zu machen. In den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts berichtet ein auf dem Walberhof wohnender Förster, der Hof habe einen Bestand von 1000 Schafen und besitze in der Wollieferung an Dürener Wollfabrikanten ein bedeutendes Nebeneinkommen. Diese Schafzucht hat sich bis zum Jahre 1920 erhalten, mußte aber dann infolge dauernder bösartiger Reudekrankheiten eingestellt werden. Heute hat der Hof eine ansehnliche Zucht schwarzbraunen Viehes, das, besonders in der Glut des Hochsommers, wenn es Kühlung im Wasser des „Pafenweyers“ sucht, dem vorüberziehenden Wanderer ein imposantes, malerisches Idyll ländlicher Schönheit bietet. Wie überhaupt auf der Dreiborner Hochfläche ist auch das Land des Walberhofes nicht mit besonderer Fruchtbarkeit gesegnet. Steiniger, kalkarmer Boden ist hier vorherrschend, trotzdem bringt auch hier eine gute Bodenbearbeitung und zweckentsprechende Düngung recht gute Kartoffel- und Roggenerträge. Die Arbeit ist aber dem Bauersmann auf der rauen, dem in der Nähe liegenden Venn zustrebenden Hochfläche mit seiner harten Scholle nicht gerade leicht.
Viele Jahrhunderte ernster und heiterer Tage sind am Walberhof vorübergezogen. Viele Geschlechter hat er überdauert und sich mehrmals äußerlich umgestalten lassen, und seinen Besitzer gewechselt. Er hat nicht die klingende Vergangenheit unser Eifelburgen und Schlösser, in denen einstmals bedeutender Rittergeschlechter wohnten und der Nachwelt eine glorreiche Geschichte überlieferten. Er darf aber für sich als besonderen Ruhm in Anspruch nehmen, einstmals mit seiner damals einzigen Kapelle der Grafschaft Schleiden im Mittelpunkt der Christianisierung unserer Gegend gestanden zu haben. Auch heute noch ist er dem Eifeler seiner Gegend ein liebes Stück alter, trauter Heimaterde, geweiht durch die segensvolle Arbeit frommer Mönche. Blühe, wie im Perlentau Rosen leuchten in der Au! Wachse, wie der Eiche Mark eichenfest und heimatstark! Here, heil`ge Heimaterde:
Ihm gelte auch das schöne Dichterwort des Eifel- (...) und sie heiligten, in dessen uralter Kapelle einst unsere Ahnen zusammenströmten um dort, nach weitem Marsche dem Gottesdienste beizuwohnen und Gottes Segen für ihrer Hände harte Arbeit zu erflehen.
„Gottgeweihte Heimaterde: grüne, blühe, wachse, werde! Grüne wie der Wiese Grund lenzesfroh in Morgenstund! Bis einstmals in seinen Fluren und Gebäuden wallten dichters Schregel:
Grüne, blühe, wachse, werde!“
Eine Menge Daten waren dies! Aber diese Exkursion war nicht umsonst, denn sie zeigt, wie belebt das Land Überrur schon vor rund 1000 Jahren war, obwohl der größte Teil als ein Wildbann dem Kölner Erzbistum diente. Nebenbei bemerkt, die Kapelle und die Höfe wurden ebenfalls 1145 von Konrad III. an Heinrich von Limburg geschenkt. Möglicherweise ist dies der Grund wodurch das Haus Limburg in den Besitz des Landes Überrur kam.
Oben wurde aufgezeigt, dass sich die Bürger von Wollseifen noch erinnerten an ein wüstes Gebäude, das „jenenk“ von Walberhof lag. Es wurde vermutet, dass dies die Reste des 1265 erwähnten außerhalb des Walberhofs gelegenen Bauernhofs gewesen sein können. Am Ende des Geländes von Walberhof, das 4 Königshufe = 750 bis 800 Morgen groß war, liegt aber auch Einruhr, dem damaligen St. Niclaesbrugge => uff der Ruiren => Rour => Inruhr (um nur einige Namen zu nennen).
In Einruhr gibt es genügend Hinweise auf klösterliches Leben. Da befinden sich zwei Flurbezeichnungen von Walberhof her kommend am so genannten „Jieschhecksdechelche“, „An der Pfaffenheck“ und „Auf der Pfaffenheck“ (Heck = niederes abfallendes Waldgelände). Oder der „Pfaffenauel“, eine Wiesenparzelle unterhalb des heutigen Wassertretbeckens – zwischen Tretbecken und Wiesentalstraße. Dann die saftigen Wiesen an der Rur in Einruhr, die dem Kloster auf der kahlen Höhe nicht zur Verfügung standen. Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, dass die Terrassen, die sich vom Hostertberg (Hostert = Siedlung/Neusiedlung) an bis hin zum Jieschhecksdechelche ziehen, von den Mönchen des Klosters Waleburen als Weinberg oder Gärten angelegt worden sind.
Doch etwas anderes, viel bedeutenderes ist der Name St. Niclaesbrugg (früheste urkundliche Erwähnung 1516); mit ihm verbunden ist der Schutzpatron Heiliger Nikolaus. Der Volksmund will wissen, dass sich das Steinrelief des Heiligen Nikolaus, das heute im Turm der Pfarrkirche St. Nikolaus eingemauert ist und davor im Bruchsteingemäuer der Kapelle eingearbeitet war, früher in der alten Rurbrücke (unterhalb des heutigen Naturerlebnisbads) befunden hat. Diese Tatsache weist darauf hin, dass es schon sehr früh in Einruhr eine - wenn auch kleine – kirchliche Gemeinde gegeben haben muss, die ihren Gottesdienst bestimmt in einer Kapelle, einem Vorgängerbau der Kapelle von 1749 verrichtet haben. Die Inschrift im Sandsteinrelief lautet: S. NICOLAVS ORA PRO NOBIS. (Dies bedeutet: Heiliger Nikolaus bete für uns) Anno 1679; ob diese Jahreszahl etwas mit der Gründung bzw. einer Erweiterung der Vorgänger-Kapelle zu tun hat kann vermutet werden, weil der Abt Johann Luckenrath vom Kloster Steinfeld möglicherweise 1679 nicht nur die Reste der Kapelle auf dem Walberhof observierte, sondern auf dem Weg zur Einweihung der Sankt Nikolaus-Kapelle war. Oberhalb des Reliefs befindet sich ein Medaillon mit dem Eintrag: JHS (griechische Buchstaben Jota, Eta, Sigma); was bedeutet: Jesus Hominum Salvator (Jesus, Erlöser der Menschen).
Der Kreis schließt sich bei den Mönchen vom Kloster Waleburen, die dieses Gotteshaus gebaut haben können, denn es ist erwiesen, dass viele Kapellen von Klöstern dem Heiligen Nikolaus geweiht wurden. Der Kult des Heiligen Nikolaus wurde wegen seiner Verehrung durch die Kaiserin Theophanu (*955, +15.6.991 in Nimwegen), eine byzantinische Prinzessin, die sich 972 mit Kaiser Otto II. vermählte, im Deutschen Raum verbreitet. Als eine so genannte Modeerscheinung wurden in der Folgezeit viele Kirchen diesem Heiligen geweiht.
Bürgerreporter:in:Klaus Wilhelm von Ameln aus Simmerath |
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