Mit offenen Augen
Interview: Alfred Vogler ist Mitglied des Kunstvereins und Hobby-Historiker für Schwabmünchner Geschichte
myheimat: Hallo, Herr Vogler, bitte stellen Sie sich kurz vor!
Vogler: Mein Name ist Alfred Vogler, geboren 1950, seit 1975 war ich Lehrer am Leonhard-Wagner-Gymnasium für Latein und katholische Religionslehre. Später dann auch für Dramatisches Gestalten, Italienisch und ich arbeitete in der Schulleitung mit. Seit 2015 befinde ich mich im Ruhestand und engagiere ich mich unter anderem im Kunstverein Schwabmünchen als stellvertretender Vorstand und Schriftführer. Daneben ist mir aber besonders meine Familie mit Frau, den – ziemlich erwachsenen – Kindern und mehreren Enkeln wichtig.
myheimat: Als Mitglied des Kunstvereins Schwabmünchen liegt Ihnen die Förderung von Kunst und Kultur am Herzen. Wie beschreiben Sie die Kunstszene in Schwabmünchen? Wo gibt es noch Förderungspotential durch die Stadt?
Vogler: Ich denke, dass es in Schwabmünchen viele gute Angebote vom Kulturamt, der Buchhandlung, im Museum und nicht zuletzt bei uns im Kunsthaus gibt. Was ich mir wünschen würde, ist aber, dass die Hemmschwelle, sich bildende Kunst anzusehen, geringer wird. Vernissagen und Ausstellungen in der Galerie oder im Saal sind nichts Elitäres, man kann einfach hereingehen und schauen ... und natürlich auch sehr gute, echte Kunst zu attraktiven Preisen kaufen: aber man muss nicht!
Mit der Förderung durch die Stadt sind wir durchaus zufrieden, noch ein paar mehr Vertreter der Stadt bei Ausstellungseröffnungen würden uns aber gefallen.
myheimat: Sie sind auch selbst schöpferisch aktiv: Im Mai 2024 brachten Sie das Theaterstück „Die Brandstifterin“ auf die Bühne im Kunsthaus Schwabmünchen. Wovon handelt das Stück?
Vogler: Zwischen 1798 und 1801 erschütterte eine Serie von Brandstiftungen den Ort Schwabmünchen. Über 43 Gebäude, Häuser und Stadel fielen dem Feuer zum Opfer. Verschiedene Personen kamen in Verdacht und wurden auch ins Zuchthaus nach Buchloe eingeliefert, bis im November 1801 ein Mann namens Adam Schlögel den Täter auf frischer Tat ertappte. In diesem Fall die Täterin – es war Maria Frankin, die Frau des Schmids Isidor Frank. Im achten Verhör gab sie „frei und ungezwungen“ alle Missetaten zu. Das Urteil lautete, „dass die Beschuldigte zur Richtstätte geführt und daselbst an ihr die Strafe des Schwertes vollzogen, deren entseelter Körper aber verbrannt und die Asche zur gänzlichen Vertilgung ihres ruchlosen Andenkens in einen Fluß gestreut werden solle.“
Und das Theaterstück folgt nun diesen Taten bis zur Hinrichtung.
Doch dann ist da noch mehr: Wie wird jemand zum Straftäter, was konnte vorliegen, dass eine junge Frau so schreckliche Dinge unternimmt? Im zweiten Akt nach der Pause mischt sich Historisches auf der Bühne mit Fiktivem: War es Gewalt, Ausgrenzung, Ablehnung – wir würden heute Mobbing dazu sagen – die die Frau des Schmids trafen und sie zu diesem Handeln verführte? War die Täterin zugleich auch ein Opfer? Es ist Spekulation. Doch die Person, die Maria bei ihren Erinnerungen immer begleitet, zeigt Verständnis und wirbt für eine zweite Chance ... bei einem – vielleicht himmlischen – Gericht.
myheimat: Das klingt nach viel historischer Recherche. Woher nehmen Sie Ihr fundiertes Wissen über die Geschichte von Schwabmünchen?
Vogler: Besonders hilfreich war Frau Nonino-Keiß vom Stadtarchiv. Dort lagern viele Quellen, die diesen Prozess genau abbilden, so zum Beispiel das Gerichtsurteil oder die Rede des damaligen Pfarrers anlässlich der Hinrichtung. Das Original-Richtschwert konnte uns das Museum leider nicht überlassen, aber dafür echte Handschellen, in denen Maria F. vielleicht wirklich vorgeführt wurde.
myheimat: Dass Sie sich für die Schwabmünchner Geschichte begeistern, wird auch in Ihrer Beitragsreihe „In Schwabmünchen unterwegs“ als Bürgerreporter für myheimat sichtbar. Warum ist es Ihnen wichtig, über Historisches aufzuklären? Warum ist myheimat das richtige Medium hierfür?
Vogler: Ich möchte nur ein wenig mithelfen, mit offenen Augen durch die Stadt zu gehen. An vielem gehen wir einfach vorbei und nehmen es als selbstverständlich kaum noch wahr ... doch manchmal steckt eben doch eine interessante Geschichte dahinter. Und myheimat bietet eine sehr gute Plattform eben für solche Artikel.
myheimat: Auf welche Projekte und Ausstellungen dürfen wir uns 2025 freuen?
Vogler: Im Kunsthaus wollen wir wieder Theater spielen, Mitte Dezember spielten wir „Acht Frauen“. Eine nächste Aufführung ist dann für den Frühling geplant. Dazu kommen viele Ausstellungen in der Galerie und in der großen Halle. Eine besondere Herausforderung wird das alle zwei Jahre stattfindende internationale Künstlersymposium sein, das für Ende Juli geplant ist.
myheimat: Wie spannend, bitte erzählen Sie uns mehr über das Künstlersymposium.
Vogler: Zum Kunstsymposium laden wir alle zwei Jahre Künstler aus verschiedenen Ländern ein, die für eine Woche bei uns wohnen, mit uns essen und zusammen mit uns arbeiten. Unter einem Thema, beim letzten Mal war es „Energieform Kunst", entstehen Bilder und Skulpturen, die am Ende dieser Woche in einer Vernissage gezeigt werden.
Künstlerinnen und Künstler kamen bisher aus der Türkei, Italien, England, Österreich, Ungarn und natürlich auch aus Deutschland. Für 2025 steht eine Liste noch nicht fest. Zusammen mit ihnen können Mitglieder des Kunstvereins kreativ arbeiten, dazu stehen die Ateliers und die Halle auch allen interessierten Besuchern offen.
Leisten können wir uns dieses teure „Vergnügen“ nur dank etlicher großzügiger Sponsoren. Doch der gegenseitige Austausch, die interessanten Begegnungen und die entstehenden Kunstwerke, von denen immer welche hier im Kunstverein verbleiben, sind jeden Euro wert.
myheimat: Zu guter Letzt noch eine persönliche Frage, die man zwar häufig hört, aber auf Ihre Antwort bin ich wirklich gespannt: Mit welcher historischen Persönlichkeit würden Sie gerne mal zu Abend essen und welche Fragen würden Sie ihr stellen?
Vogler: Schwer zu sagen, aber als Altphilologe vielleicht mit Julius Cäsar. Eventuell könnte man ihm beibringen, seinen Politikkurs zu verändern und echte Demokratie zu fördern, damit er nicht so bald erdolcht wird: Rom hätte sich dann wohl auch ganz anders entwickelt.
myheimat: Danke für das interessante Gespräch, Herr Vogler!
myheimat-Team:Madlen Ellmenreich aus Augsburg |
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