Einzelkämpferin - Mein Leben ohne beste Freundin
In den Sozialen Medien springen Sie mir zur Zeit täglich entgegen. Posts, die der besten Freundin huldigen. Artikel, wie toll es ist eine beste Freundin zu haben. Bilder, die zeigen wie einzigartig beste Freundinnen zusammenhalten. Immer wieder wird mir mitgeteilt, dass man ohne eine beste Freundin nicht leben kann, dass sie wichtiger ist als der Partner. Sogar Gewinnspiele gibt es, bei denen man nur mitmachen kann, wenn man eine beste Freundin hat. Und spätestens da haben ich ein Problem. Ja, ich gebe es zu: Ich habe keine beste Freundin.
Natürlich habe ich viele Menschen in meinem Leben, die ich mag und die mich (hoffentlich) auch mögen. Menschen, mit denen ich schöne Zeiten erlebe, die mit mir tolle Momente geteilt haben. Manche kennen sogar ein paar meiner Geheimnisse. Nicht die dunklen. Aber zumindest ein paar.
Wenn ich offen darüber rede, dass ich so etwas wie eine beste Freundin nicht habe, sind die Reaktionen meistens sehr ähnlich. Ich ernte mitleidige Blicke, werde gefragt woran das denn liegt. Ob mir nichts fehlt. Ob ich mich nicht oft einsam fühle.
Mir fehlt nichts!
Die Antwort ist nein. Zu allem. Tatsächlich fehlt mir nichts. Ich fühle mich weder allein noch habe ich einen inneren Drang danach, eine Person in meinem Leben zu haben, die mich besser kennt als ich mich selbst und die einfach alles über mich weiß. Trotzdem haben mich diese Reaktionen dazu gebracht, über das Fehlen einer solchen Person in meinem Leben nachzudenken.
Als Kind hatte ich eine beste Freundin. Wenn man das im Kindesalter so nennen kann. Sie hieß Melanie und wir waren zusammen im Kindergarten und in der Grundschule. Später besuchten wir verschiedene Schulen und ich musste häufig umziehen. Wir haben uns dann aus den Augen verloren. Durch die häufigen Schulwechsel und Umzüge fiel es mir schwer, tiefe Freundschaften zu schließen. Und so blieb ich übrig auf dem „Bestefreundinnenmarkt“.
Ich habe das nie als Makel empfunden. Jetzt frage ich mich aber schon, ob ich damit alleine bin. Bin ich ein Sonderfall? Gibt es noch andere wie mich? Seit wann ist es gesellschaftlich so immens wichtig, eine beste Freundin zu haben? Gibt es irgendwo im Internet eine Beste-Freundinnen-Börse für Frauen (und auch Männer) ohne beste Freundin? Herrscht bei besten Freundinnen eigentlich das Monogamiegebot oder kann man davon mehrere haben? Aber dann wäre das mit der einen einzigen Person, die alles weiß und kennt, wohl nicht mehr gegeben. Und wieviel Zeit nimmt so eine Überfreundschaft in Anspruch? Ja, man merkt, ich habe keine Ahnung.
Alle Guten sind schon vergeben?
Dabei hätte ich, meiner Meinung nach, recht gute BFF-Qualitäten (Best Friends Forever), bin ich doch zuverlässig, pünktlich und schweige wie ein Grab. Mit mir kann man trinken, lachen, feiern, schweigen, auch mal ernst sein und ich mache so ziemlich jeden Mist mit. Aber es scheint mit der einen besten besten Freundin so zu sein wie mit der Suche nach einem Partner: alle Guten sind schon vergeben. Wir sind in einem Alter, in dem man entweder eine beste Freundin hat oder allein untergeht!
Am Ende ist es wohl so, dass es manche Menschen sehr gut schaffen, auf dieser Welt ohne eine bessere Hälfte, ohne Schwester im Geiste, auszukommen. Das diesen Personen dabei auch nichts fehlt. Vielleicht weil man nicht vermisst was man nie hatte. Vielleicht weil man sich selbst die beste Freundin sein kann. Vielleicht weil man so viele liebe Menschen um sich hat, dass man trotzdem nichts vermisst.
Sollte ich irgendwann in diesem Leben doch noch eine beste Freundin finden habe ich mir jedoch ganz fest vorgenommen, sie in Ehren zu halten. Weil sie ja dann die eine ist.
Bürgerreporter:in:Simone K. aus München |
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