Junge Nachtigall
Da ich momentan das Fenster im Lichtschacht offen habe – wegen der guten Luft draußen und damit es hier ein wenig auskühlen kann – bekomme ich zumindest akustisch mit, was im Vorgarten so alles passiert.
Gegen 2000 begannen ein paar Vögel zu zetern, gelegentlich hörte ich sie auch flattern und in den Blättern rascheln. Also schnappte ich mir eine Kamera und ging nach oben, nachsehen und vielleicht ein paar spannende Bilder schießen. Als ich im Vorgarten ankam, flatterte etwas dunkles im Fliederbaum, und in der Blutbuche bewegten sich ein paar Äste.
Ich ging vorsichtig näher heran – aber nicht vorsichtig genug – und sah eine Nachtigall aus dem Flieder fliegen und auf der gegenüber liegenden Straßenseite auf einer Hecke landen. Also zog ich meine Sandalen aus, um leiser schleichen zu können, schoss gleichzeitig ein paar Bilder von der geflohenen Nachtigall.
In der Blutbuche bewegte sich immer noch etwas. Und diesmal schlich ich mich hinreichend vorsichtig weiter an, kroch dann extrem vorsichtig zwischen die Äste – fast ohne zu rascheln – und sah etwa einem Meter vor mir einen Vogel. Also drückte ich auf den Auslöser der Kamera.
Und die Blitzte! Das wollte ich eigentlich nicht, aber ich hatte vergessen, die Automatik abzuschalten. Als ich sah, dass sich der Vogel durch den Blitz nicht gestört fühlte – er kannte das von den häufigen Gewittern der vergangenen Tage – schoss ich ein zweites Foto mit Blitz. Ohne wär es im Gestrüpp der Blutbuche sicher zu dunkel gewesen.
Dann schlich mich wieder vorsichtig weg, um den armen Vogel nicht noch mehr zu erschrecken, sah mir die Bilder am Rechner an und begriff, dass ich gerade eine junge Nachtigall fotografiert hatte. Ich vermute mal, dass die Nachtigallen in der Blutbuche ihr Nest haben/hatten, Verstecke gibt es hier mehr als genug.
Noch während ich die Bilder ansah, hörte ich durch die Lichtschacht die beiden Altvögel zurückkommen und in der Blutbuche rascheln. Möglicherweise übernachten die dort. Das würde auch die Richtung erklären, aus der sie am Morgen kommen, wenn sie im Nachbargarten Futter suchen.