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BRK-Seniorenwohnen Kieferngarten
Ein letzter Besuch im Café

Das Foto zeigt eine typische Betreuungsszene im BRK-Seniorenwohnen Kieferngarten (FOTO: SSG).

BRK-Seniorenwohnen Kieferngarten startet Projekt „Zeitintensive Betreuung“ (ZiB) – indem Sterbende begleitet werden.

Frau F. war Nähe fremd. Als sie mit über 90 in die stationäre Pflege des Seniorenwohnen einzieht, trägt sie gerne Schmuck und gepflegte Kleidung. Allerdings ist sie distanziert und mag keinen Körperkontakt. Doch als die 92-Jährige vor zwei Monaten verstirbt, hatte sich das geändert. „Den Tod vor Augen hat Frau F. zaghafte Berührungen angenommen“, wie Petra Heuser berichtet. Eine Hand halten, sie länger drücken – die beruhigende Wirkung des Hautkontaktes in sich aufnehmen.
Die Betreuungsassistentin der sozialen Therapie hat die letzten Tage von Frau F. begleitet. „Sie hatte keine Kraft mehr und wollte nicht mehr leben“, erinnert sich Heuser. Sie besucht die alte Dame vier Wochen regelmäßig. Liest Geschichten und Gedichte vor, hört mit ihr klassische Musik und ist einfach da. Die gemeinsame Zeit am Lebensende schafft vertrauen. Frau F. kann zaghafte Berührungen annehmen und erlebt ihre letzten Stunden beruhigt.

ZiB im Kieferngarten

Im oft stressigen Pflegealltag sind solche Begleitungen kaum möglich. Damit es dennoch möglich ist, dafür soll das Projekt „Zeitintensive Betreuung“ (ZiB) sorgen. Seit Mai 2023 schaufelt ZiB im Seniorenwohnen Kieferngarten Zeit frei. Zusätzliche Stunden für Menschen in „besonderen Lebenslagen“ – also für Menschen, die palliativ gepflegt werden und sterben.
Fünf Pflege- und Betreuungskräfte vom Seniorenwohnen Kieferngarten haben für dieses Projekt teilweise ihre Arbeitszeit beim Träger reduziert und einen zusätzlichen Arbeitsvertrag mit dem Christophorus Hospizverein geschlossen. In der Arbeitszeit beim Hospizverein sind sie ausschließlich für die Bewohnerinnen und Bewohner in besonderen Lebenslagen zuständig. In Summe stehen somit bis zu 80 zusätzliche Stunden für die zeitintensive Versorgung zur Verfügung. Die Mitarbeiterinnen verfügen über eine palliative Zusatzausbildung.

Tränen in die Augen

Was das im Alltag bedeutet, hat Herr Z. erlebt. Der starke Raucher wohnt im betreuten Wohnen des Kieferngarten. Er ist ein Einzelgänger. Familie oder Freunde gibt es keine. Trotz Lungenproblemen und Sauerstoffgerät raucht er weiter. Sein Zustand hat sich die letzten Wochen rapide verschlechtert. Als die ZiB-Fachkraft Ruzica Grgic ihn fragt, was sein sehnlichster Wunsch sei, meinte der 83-Jährige, dass er so gerne nochmals ins Café möchte. An einem Nachmittag fährt Grgic den Mann im Rollstuhl ins hauseigene Café. Gemeinsam sitzen sie draußen im Brunnenhof und trinken einen Kaffee. Herr Z. raucht. Ihm steigen Tränen in die Augen, als er sagt, dass er seit zwei Jahren nicht mehr aus seinem Appartement rausgekommen sei und dass es für ihn so viel bedeutet, im Café sein zu dürfen.

Es geht um mehr Zeit

Michèle Schori fasst zusammen, was das Projekt ZiB leisten soll: „Am Ende geht es um mehr Zeit“, so die Pflegedienstleiterin. Etwa für eine Grundpflege, welche die Lebensqualität im Fokus habe. Oder für Gespräche über Sorgen und (Todes-)Ängste. Auch die Beratung von Angehörigen sowie die Koordination von Arztgesprächen, eine Kontaktaufnahme mit dem Hospizverein und die Erfüllung letzter Wünsche, verlangten Freiräume, die ZiB nun ermögliche.

Stiftung finanziert

Hintergrund: Das Projekt "Zeitintensive Betreuung" läuft seit 2015 in verschiedenen Häusern in Bayern. Es wird im Kieferngarten vom Christophorus Hospizverein organisiert und von der Paula-Kubitschek-Vogel Stiftung bundesweit finanziert. Hinzu kommen Fördermittel des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege. ZiB soll im Seniorenwohnen Kieferngarten ein Jahr laufen, aktuell wird nach einer Anschlussfinanzierung gesucht. Doch schon jetzt ist deutlich, dass das Mehr an Zeit für Bewohnerinnen und Bewohner sowie für Fachkräfte ein großer Gewinn ist.

Was wichtig ist

Das sieht auch Petra Heuser so. Für die Betreuungsassistentin ist es wichtig, dass niemand allein sterben muss und von bekannten Menschen umsorgt wird. Sie kennt alle Bewohner im stationären Bereich und kümmert sich als Betreuungsassistentin ums Wohlergehen, Freizeitgestaltung, gemütliches Beisammensein und vieles mehr. „Wenn die letzte Lebensphase anbricht, ist es mein Anspruch, dass ich da bin und das tue, was die Sterbenden sich wünschen“, sagt Heuser. Das ZiB-Projekt ermöglicht ihr, für dieses Herzensanliegen mehr Zeit zu haben.

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