„Wollen Sie Pfänden?“ Internet-Leihhaus Pfandy in der Kritik
Bargeld gegen Pfand. Und das Ganze online. Vor zwei Jahren wurde von den Betreibern der Webseite www.pfandy.de noch zum Sturm auf das klassische Leihhaus- und Pfandkreditgeschäft geblasen, der Markt würde komplett umgekrempelt werden. Auf der Internetseite warten Pfänder wie Uhren, Schmuck, Computer und Pelzmäntel auf Geld- und Kreditgeber. Gleichzeitig warnen Verbraucherschützer unisono vor dem Angebot. Was ist dran an dem Angebot und den Gerüchten?
Weltweit erstes und gleichzeitig größtes Online Pfandhaus. So bezeichnet sich die Kredit-Vermittlung Pfandy. Und lockt mit hohen Gewinnen Pfandy potentielle Kreditgeber auf ihre Seite. Kreditnehmern macht sie das Angebot schmackhaft mit dem Hinweis, Zinssätze können deutlich günstiger ausfallen, als beim klassischen Leihhaus. Gleichzeitig spare man sich weite Wege und kostspielige Transporte. Nur bei der Waren- und Geldübergabe müssen sich Kreditgeber und Kreditnehmer begegnen. Und bei einer späteren Auslösung des Pfandes.
Die Gründer der Webseite, die „Strecker & Wittliff & Freiss GbR“ sahen ihre Idee schon zu Beginn „als bestes StartUp für das Jahr 2008 aus Deutschland.“ Großes finanzielles Risiko gingen die drei Jungunternehmer nicht ein. Die drei 1990 in die BRD zugezogenen Russlanddeutsche traten lediglich als Kreditvermittler auf. Genauso, wie sie auf ihrer gerade vier Monaten älteren Erotik-Plattform Romeomust.com sexuelle Dienstleistungen nur vermittelten. Was aus dem Gründungstrio geworden ist bleibt unklar. Offiziell wurden beide Firmen an Aleksandr Schnjakin nach Orenburg in Russland verkauft. Was man der Adressangabe im Impressum in kyrillischer Schrift entnehmen kann. Doch selbst wenn der Firmensitz offiziell im Ausland ist, wird die Registrierung neuer Mitglieder auf Pfandy.de weiterhin in Rinteln abgewickelt, dem vorherigen Sitz der Strecker & Wittliff & Freiss GbR. Eine schriftliche Anfrage blieb leider unbeantwortet.
Ist Pfandy eine Konkurrenz zu den etwa 200 klassischen Pfandhäusern in Deutschland? „Ganz klar nein“ sagt Stephan Kraushaar, Betriebsleiter in Käfers Leihhaus in München. Er hält das Geschäftsmodell sogar für eine Totgeburt. Denn: „Pfandhäuser unterliegen strengen gesetzlichen Auflagen, was die Höhe von Zinsen und Gebühren angeht“. Diese Auflagen sieht Kraushaar bei willkürlich festgelegten Zinsen bis zu zwanzig Prozent im Monat nicht erfüllt. Im Gegenteil: der Verdacht des Wuchers liegt seiner nach Einschätzung nahe. Außerdem geht der größte Vorteil des normalen Leihhauses verloren: die Schnelligkeit. Auch, wenn man dafür den Weg zum nächsten Pfandleiher auf sich nehmen muss. Dort wird das Pfand geschätzt. Der Kunde erfährt sofort die Höhe eines möglichen Kredits. Auf Pfandy dümpeln Angebote schon seit mehreren Wochen oder sogar Monaten herum. Die ältesten Angebote auf Pfandy.de sind vom Februar 2008. Schnelle Kreditvermittlung sieht anders aus.
Bei der Bewertung des Pfandes sind Anbieter und Geldgeber auf sich alleine gestellt. Wie kann jemand, der nicht vom Fach ist, Brillanten, Uhren, Schmuck, Häuser oder Autos bewerten? „Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr Fragen stellen sich mir. Ohne Antworten“, sagt Stephan Kraushaar. Zum Beispiel ist nirgends geregelt, wie ein Pfand aufbewahrt werden muss. Die beliehene Rolex in der Küchenschublade? Der Van Gogh in der Garage? „Die Wenigsten haben einen Tresor zu Hause,“ so Kraushaar weiter. Unklar ist bei Pfandy, wer für Schäden aufkommt, wenn ein Pfand verloren geht oder gestohlen wird“. Und schließlich sei fraglich, ob sich Pfandy überhaupt als Pfandhaus bezeichnen darf. Denn dann müssten die Anbieter selbst Kredite anbieten und sich an den engen gesetzlichen Rahmen halten. Ebay bezeichnet sich genau aus diesem Grund nicht als Auktionshaus, sondern Online-Marktplatz. „Ich kann jedem, der eine Sache verpfänden möchte, nur raten, zu einem normalen Leihhaus zu gehen“ sagt Kraushaar. „Leihhäuser gibt es in nahezu jeder größeren Stadt. Dort wird man kompetent beraten. Und man hat als Kunde mehr Sicherheit, denn Leihhäuser unterliegen, wie gesagt, strengen gesetzlichen Richtlinien. Bei Pfandy ist das für mich nicht erkennbar“.
Nach Paragraf drei der Pfandy-AGB sieht sich der Betreiber auch mehr als Vermittler. Alle Abreden werden zwischen Geldverleiher und Kreditnehmer getroffen – ohne jede Vorgabe. Eine Seite mit Kreditangeboten ist aus dem Online-Angebot verschwunden. Aus guten Grund. Zum einen unterliegt auch das Kreditgeschäft Regeln. Zum anderen gab es Kreditangebote mit bis zu 1700% Zinsen im Jahr, wie es die Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen öffentlich machte. Auch wenn die Stiftung Warentest und mehrere Verbraucherzentralen vor Pfandy.de warnen, selbst in einschlägigen Internetforen fehlen die Beschwerden geprellter oder geschädigter Kunden. Das ist kein Persilschein, lässt aber den Schluss zu, dass an der Behauptung der Betreiber etwas dran ist, dass sich nur Leute auf das Geschäft einlassen, die wissen, was sie tun – und im Zweifel die Finger davon lassen. „Sie entscheiden selber, wer ihnen Geld leihen darf und wer nicht“ heißt es in einer Pressemitteilung von Pfandy. Von genau diesem Recht sollten Verbraucher auch Gebrauch machen. (tb)
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Coole Idee!