Dringender politischer Handlungsbedarf: Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes gegen die Sonntagsarbeit gefährdet tausende Arbeitsplätze

Es gibt ein bundesweit einheitliches Gesetz, dass Sonntagsarbeit verbietet. Davon können die lokalen Behörden abweichen und Sondergenehmigungen vergeben, da dies in der Praxis nicht praktikabel ist. Wer möchte denn ernsthaft am Sonntag auf Hotels, Kinos, Taxifahrer, Tankstellen, Bäckereien, Fernsehsender, Krankenhäuser verzichten, und: Wer möchte denn ernsthaft auf die damit verbunden Arbeitsplätze verzichten?

Diese Sondergenehmigungen wurden in den letzten 15 Jahren immer häufiger verteilt, bis es sich durchsetzte, dass man im Grunde fast immer arbeiten kann, wann man will. Jeder, der einmal in Berlin war weiß: Da kann man an 7 Tagen in der Woche in den Supermarkt oder zum „Späti“ um die Ecke gehen, teilweise fast rund um die Uhr.

Etliche Dienstleistungen müssen gerade dann verfügbar sein, wenn viele Menschen Zeit für private Erledigungen haben, sei es eine Bestellung oder der Neuabschluss einer Versicherung: All dies wird gerne auch telefonisch erledigt. Hierfür gibt es interne und auch externe CallCenter

Jetzt hat die Kirche in Hessen dagegen geklagt, dass es beim Verbot der Sonntagsarbeit so vieel Ausnahmen gibt. Diese Klage hat die Kirche, die dabei von der Gewerkschaft ver.di unterstützt wird, in Hessen verloren. Dann zog man eine gerichtliche Instanz weiter, eben zum Bundesverwaltungsgericht. Hier wurde nun geurteilt: Es müssen mit Wirkung vom übernächsten Sonntag an, unter anderem alle Callcenter in Hessen am Sonntag ihre Arbeit ruhen lassen. Ob die Mitarbeiter nun arbeiten wollen oder nicht, oder ob die Kunden von HSE oder von Versicherungsgesellschaften oder Sky nun ein Problem haben oder nicht, die Callcenter dürfen keine Fragen beantworten, die Kunden müssen sich bis Montag gedulden.

CallCenter werden gedanklich oft mit ungebetenen Anrufen in assoziiert, bei denen Lose oder andere Produkte angepriesen werden.
Seriöse Dienstleister wie beispielsweise die in München ansässige tricontes GmbH machen so etwas nicht. Das TÜV zertifizierte Unternehmen arbeitet für eine Reihe namhafter Firmen. Es werden von Montagmorgen bis Sonntagabend Bestellungen angenommen, Schadensmeldungen bearbeitet und weitergeleitet oder Kunden bei der Auswahl des passenden Tarifs bei Strom, DSL oder auch KfZ-Versicherungen beraten, nie werden Kunden angerufen, es werden ausschließlich eingehende Anrufe beantwortet. Die Mitarbeiter werden sorgfältig in ihre Tätigkeit eingearbeitet, um eine gute Beratungsqualität und einen optimalen Service zu gewährleisten.

Thomas Zachariacs, Geschäftsführer der tricontes GmbH kritisiert das Urteil und die zu Grunde liegende Gesetzeslage: „Dass es nun - wie bei uns - viele Menschen gibt, die aufgrund ihrer persönlichen Situation gerne auch an einem Sonntag arbeiten, dass ist dem Gesetzgeber und der Kirche und vor allem der Gewerkschaft ver.di egal.
Nehmen wir beispielsweise einen Mitarbeiter von uns, dessen Freundin bei der Polizei arbeitet. Sie hat permanent Schichtdienst. Unser Kollege konnte bislang seine Schichten größtenteils so legen, dass die beiden möglichst oft gleichzeitig arbeiteten. Deshalb hatten sie gemeinsame Freizeit. Nun darf unser Kollege (wenn er in Hessen arbeiten würde) nicht mehr am Sonntag arbeiten.

Und vergessen wir nicht die vielen Künstler, Schauspieler, Fotografen, DJs oder Musiker, die bei uns arbeiten und überhaupt nicht in der Lage wäre, ihrer Leidenschaft nachzugehen, wenn wir nur behördengleich von Montag bis Freitag arbeiten würden.

Konkret für uns in Bayern bedeutet das nun Folgendes: Die Kirche und insbesondere ver.di werden versuchen, in allen anderen Bundesländern ebenfalls vor Gericht zu ziehen, um uns die Sonntagsarbeit zu verbieten. Und wenn das Gesetz nicht geändert wird, dann passiert in Bayern das selbe, was in in Hessen passiert ist. Wir machen am Sonntag zu. Einige wird es freuen, für andere ist es eine ganz üble Entscheidung.

Falls das Gesetz nicht geändert wird und die Gewerkschaft in Bayern eine eventuelle Klage gewinnt, werden wir Anrufe verlieren, die wir bislang am Sonntag bearbeiten konnten, sie würden uns einfach fehlen. Damit hätten wir rein theoretisch zu viele Mitarbeiterressourcen an Bord und müssten in Folge dessen Mitarbeiter kündigen.

Alternativ hat die Bundesregierung nun die Chance, schnell dieses Gesetz zu überarbeiten, und somit könnte verhindert werden, dass diese Entscheidung überall in Deutschland umgesetzt werden muss.“

Die Kunden der CallCenter werden auch bei einer im Sinne von ver.di positiven Gerichtsentscheidung natürlich nicht darauf verzichten, am Sonntag ihren Kunden den gewohnten Service zu bieten, bereits heute haben viele Unternehmen ihre CallCenter ins außereuropäische Ausland verlagert. Wer beispielsweise bei einem großen Mobilfunkanbieter anruft, weil er mit seinem Blackberry Probleme hat, wird nach Kairo verbunden. Dort erwarten ihn kompetente, perfekt Deutsch sprechende Mitarbeiter.

Sollte der Gesetzgeber also nicht rasch reagieren, ist die logische Konsequenz, dass viele Unternehmen diesem Beispiel folgen und so tausende Arbeitsplätze unwiderruflich verloren gehen. Es ist natürlich illusorisch zu glauben, dass diese Firmen nur dann aktiv werden, wenn dies in Deutschland gesetzlich nicht zulässig ist.

„Samstags gehört Papi mir“. So lautete ein Gewerkschaftsslogan aus vergangenen Zeiten. Dies war eine durchaus berechtigte Forderung, alles darum ging, die Sechstagewoche abzuschaffen. Heute ist es eine andere Situation: Es kann und darf nicht Aufgabe vom Gesetzgeber und Gewerkschaften sein, dass mündigen Bürgern Lebensentwürfe und die Arbeitszeiten vorgeschrieben werden, niemand wird dazu gezwungen, am Wochenende zu arbeiten, wenn er das nicht möchte.

In der Bibel steht: Am siebten Tag sollst Du ruhen. Kein Widerspruch. Aber muss dieser siebte Tag unbedingt der Sonntag sein?

Bürgerreporter:in:

Victor Fuchs aus München

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