Coronakrise: Letzte Hoffnung Fußball
Die Kinder daheim, der Urlaub abgesagt und im Fernsehen läuft nur die Fußball-WM von 2014. Immerhin eines davon könnte bald wieder zur Normalität zurückkehren - wenn man doch nur wüsste wie.
Wohl wir alle sehnen uns aktuell aufgrund des Coronavirus nach einer Zeit zurück, die bis vor wenigen Wochen noch alltäglich schien, heute dagegen in weite Ferne gerückt zu sein scheint. Zu dieser Normalität gehörte für viele von uns auch die Fußball-Bundesliga. Seit nun sechs Wochen muss auch diese pausieren und alle hoffen auf ihren baldigen Wiederbeginn. Nach einem von den Bundesligisten ausgearbeiteten Plan wäre dieser Start am 9. Mai, allerdings nur wenn bis dahin alle Bedenken ausgeräumt sind und es grünes Licht von Seiten der Politik gibt. Natürlich nicht ohne indirekt starken Druck auszuüben, so sagte etwa BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke vor wenigen Tagen “Wenn wir die nächsten Monate nicht mehr spielen, dann säuft die ganze Bundesliga ab”. Da kann man ja fast nur noch in Panik geraten und auch einige Experten des Arbeitsministeriums beschäftigten einem Bericht des Spiegels zufolge mit dem Thema, ob und wie ein Neustart möglich wäre und kamen dabei auf ganz besondere Ideen.
Masken für alle (Fußballer)!
Die Mitarbeiter des Ministeriums bringen dabei zwei verschiedene Varianten ins Spiel: Im ersten Vorschlag sollen sich "alle Spieler, Trainer, Betreuer, medizinisches Personal und weitere Personen, welche direkten Kontakt zu den Spielern haben müssen" gemeinsam und bis Saisonende in Quarantäne begeben, etwa in einem ausreichend großen Hotel. Deutlich kurioser mutet schon Variante zwei an: Alle Spieler sollen "sportgerechten Mund-Nasen-Schutz" tragen. Inwiefern es mit der Gesundheit vereinbar ist, schlecht Luft zu bekommen während man körperliche Höchstleistungen erbringt, ist dabei wohl für das Ministerium erstmal zweitrangig. Dafür wurde an andere wichtige Punkte gedacht: Während ansonsten der Appell gilt Masken mit medizinischem Standard dem Gesundheitspersonal zu überlassen, benötigen Profisportler wohl diese Masken ebenfalls, damit diese "auch bei Sprints, Kopfbällen und Zweikämpfen nicht verrutschen".
Die Reaktion von Arbeitsminister Heil auf die Vorschläge seines Ministeriums
Und eine Maske pro Spieler ist dabei natürlich nicht ausreichend, denn: "Da die Masken wegen des erhöhten Atemvolumens erheblich schneller durchfeuchten und damit unbrauchbar sind, müssen diese spätestens alle 15 Minuten ausgetauscht werden." Dabei darf dann natürlich auch nicht der Mindestabstand von 1,5 Metern vernachlässigt werden und da ist den Experten gleich noch was aufgefallen: "Jeglicher weitere Kontakt zu Mit- oder Gegenspielern, also Umarmen nach Torerfolg, kleine Rangeleien um den Ball etc., ist nicht zulässig und sollte durch den Schiedsrichter mindestens abgemahnt werden". Der zuständige Minister Hubertus Heil, dem davor der Arbeitsentwurf noch nicht vorgelegt worden war, erteilte nun aber in der BILD am Sonntag den Vorschlägen eine Absage, denn er halte "Spiele mit Masken nicht für vorstellbar".
Wie geht es nun weiter mit der Bundesliga?
Man befindet sich nun natürlich in einer schwierigen Lage: Einerseits waren sich sogar die beiden Kontrahenten Armin Laschet (CDU) und Markus Söder (CSU) einmal einig, dass man ab dem 9. Mai mit Geisterspielen in der Bundesliga starten könnte (wie genau das funktionieren kann, sagten sie natürlich nicht, aber: „Ein Wochenende mit Fußball ist deutlich erträglicher als ein Wochenende ohne Fußball“, wie uns Söder bei BILD live nochmal erinnerte). Andererseits sind selbst Ultra-Gruppierungen wie “Fanszenen Deutschlands” der Meinung: "Eine baldige Fortsetzung der Saison wäre blanker Hohn gegenüber dem Rest der Gesellschaft". Eventuell offenbart also die ganze Diskussion teilweise auch vielmehr wie sehr die Bundesliga in der Zwischenzeit abgehoben zu sein scheint. Als weiteres Beispiel soll hier etwa an all die VereinsmitarbeiterInnen erinnert werden, die aktuell in Kurzarbeit sind und dabei deutlich weniger verdienen als mancher Spieler pro Woche.
Klassische 5-0-Niederlage für die Putzfrau
Genau diese Leute haben jetzt völlig zu Recht Angst um ihre Zukunft während jene Millionäre sich dafür feiern lassen, dass sie auf 10 oder sogar 20 % ihres Gehalts verzichten (oder nur stunden, man muss sich ja den neuen Guccipullover auch in Zukunft noch leisten können). Genau deswegen wäre es eventuell wirklich schade, wenn die Bundesliga nicht bald wieder beginnen könnte. Denn die Verlierer wären mit Sicherheit am Ende ansonsten nicht die Robert Lewandowskis, Marco Reus’ oder alle anderen Spieler (ja Spieler, denn Frauenfußball ist schließlich ein komplett anderer Sport und ist deswegen vollkommen zurecht aus dieser Diskussion ausgeschlossen), sondern alle GeschäftsstellenmitarbeiterInnen, FanshopverkäuferInnen oder prinzipiell alle, die nicht mit dem Ferrari zur Arbeit fahren können.
Achten Sie auf Risiken und Nebenwirkungen der Bundesliga
Ist es aber auch in Ordnung, wenn während eines einzigen Bundesligaspiels über 150 Masken verbraucht werden, die an anderer Stelle eventuell viel mehr und dringender gebraucht würden? Und ist es in Ordnung, wenn die Spieler alle drei Tage getestet werden sollen, während anderswo die Kapazitäten nicht ausreichen? Das könnte man vielleicht tatsächlich anzweifeln, aber andererseits gefährdet man ansonsten zahlreiche Existenzen und auch viele Fans freuen sich bestimmt mal wieder über etwas Abwechslung. Oder um mit einem Zitat und Gedanken von Christian Stöcker zu dieser Thematik zu enden: “Lasst sie halt wieder spielen, die Fußballer. Oder lieber doch nicht. Eins von beiden ist auf jeden Fall richtig.” Denn am Ende haben wir doch genauso viel Ahnung davon, ob ein Bundesligastart jetzt richtig wäre oder nicht, wie davon, ob man den Lockdown wirklich wieder lockern sollte oder warum wir bei der WM 2018 in der Vorrunde ausgeschieden sind - deutlich mehr als alle anderen natürlich!