Das Betriebsrente zu nennen ist schon mehr als dreist.
Der Betrieb fungiert dabei nur als Zwischenhändler, als Zubringer für die Versicherungsindustrie.
Kapieren die Beschäftigten nicht, was für eine gigantische Korruption dahinter steckt?
Und für sie gar nichts dabei raus springt, sondern die gesetzl. Rente mit solchen Versicherungen noch geringer wird? Und nur den risikoreichen Finanzmarkt füttert. . . .
Was springt für Politiker und Gewerkschafter dabei raus, wenn sie behaupten, dass zukünftige Rentner mit solchen Trickbetrügereien mehr Rente haben werden?
. . . Die NachDenkSeiten erklären diesen Deal exakt:
Gewerkschaften blinken in der Rentenpolitik links und biegen heimlich rechts ab.
Reiner Heyse, Mitbegründer des Internetauftritts seniorenaufstand.de sah sich nach dem Besuch des Sozialstaatskongresses der IG Metall (IGM) in der Pflicht, einen offenen Brief an den IG-Metall Vorsitzenden Jörg Hofmann zu formulieren.
Hofmann hatte in einem Interview (Handelsblatt, 02.06.2016) gesagt:
„Und nicht zuletzt wollen Beschäftigte sicher sein, dass sie von ihrer Rente leben können. Dafür braucht es einen Kurswechsel in der Rentenpolitik. Das weitere Absinken des Rentenniveaus muss gestoppt und langfristig erhöht werden. Die betriebliche Altersvorsorge muss als verpflichtende Zusatzversorgung ausgebaut werden. Die Sicherheit, nicht in Altersarmut zu fallen, sondern auch Lebensqualität im Alter zu erhalten, zählt hoch bei den Beschäftigten.“
Der IG Metall Vorsitzende übernimmt Positionen, die PROGNOS und Rürup für den Gesamtverband der Versicherungswirtschaft aufgeschrieben hatten.
Heyse zitiert dieses Interview und weist darauf hin, dass er dieselben Positionen bereits im Mai 2014 gelesen habe:
„und zwar in der Auftragsstudie „Die Zukunft der Altersversorgung“, die von Bert Rürup und PROGNOS für den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) erstellt wurde und die eine Antwort auf das Riester-Desaster liefern sollte (das Dokument ist hier zu lesen
Ich kann Dich und die Mitlesenden nur auffordern, zumindest den Abschnitt „Ausbau der kapitalgedeckten Altersvorsorge trotz Niedrigzinsphase“ auf den Seiten 74 bis 80 der Studie nachzulesen. Sie decken sich in fast allen Punkten mit den von Dir vorgetragenen Forderungen!“
Weiter formuliert Heyse im offenen Brief:
„Für mich wird die Geheimniskrämerei, die von den Gewerkschaften, zuvorderst von der IG Metall, um die Reform der betrieblichen Altersversorgung betrieben wird, jetzt verständlich. Seit zwei Jahren gibt es dazu Expertenrunden, an denen die Versicherungswirtschaft, die Arbeitgeberverbände und die Gewerkschaften beteiligt sind. Ich habe mich wirklich intensiv bemüht, Informationen über den Stand der Verhandlungen und die Position der IG Metall oder anderer Gewerkschaften zu finden. Da gibt es bis zum heutigen Tag nichts.
Seit zwei Jahren kann ich mich über einschlägige Medien und Grundsatzpapiere über die verhandelten Themen und die Positionen der Versicherungswirtschaft und der Arbeitgeberverbände informieren. Die unterrichten ihre Klientel nämlich gründlich und zeigen sich sehr zufrieden mit dem, was zur Zeit festgezurrt zu sein scheint.“
Fragen an den IG Metall-Vorsitzenden:
Reiner Heyse stellt im Offenen Brief an seinen Vorsitzenden wichtige und richtige Fragen:
„Wenn durch Tarifverträge Unternehmen an der Finanzierung der bAV beteiligt werden, wird das auf künftige Entgelterhöhungen angerechnet. Wollen wir das?
Wenn ökonomisch betrachtet, durch verstärktes Sparen Mittel auf der Nachfrageseite entzogen werden: welche Auswirkungen hat das auf die Konjunktur? Oder wollen wir die Frage ignorieren?
Wenn in noch höheren und breiteren Umfang Entgeltumwandlung betrieben wird, fehlt das Geld in den Kassen der Sozialversicherungen. (Anmerkung des Verfassers: durch die Beitragsfreiheit der umgewandelten Beträge in der Sozialversicherung) Wollen wir das wirklich?
Wenn jetzt durch obligatorische und hohe Sparbeiträge das Geld zur Bestreitung des Lebensunterhalts fehlt, trifft das Ganze besonders stark die jungen Kolleginnen und Kollegen. Ist uns das bewusst?“
Bereits im Juli hatten die Nachdenkseiten auf diesen Etikettenschwindel hingewiesen Im Jahre 2007 schon wurde auf den Nachdenkseiten die problematische Beitragsfreiheit der Entgeltumwandlung erläutert.
Wir sind gespannt, ob und wenn ja wie der IG Metall-Vorsitzende auf den offenen Brief reagieren wird.
Die Gewerkschaften sind auf einem falschen Weg: Entgeltumwandlung usw.
Ohne all diese Informationen kann man leicht den Eindruck bekommen, die Gewerkschaften seien auf einem richtigen und guten Weg. Liest man die einschlägigen Veröffentlichungen hierzu, beim DGB zum Beispiel hier, wird einerseits für eine Stärkung der ersten Säule, der gesetzlichen Rentenversicherung, auf den Seiten 18 und 19 jedoch wird für eine Stärkung der betrieblichen Altersversorgung geworben.
Bei der IG Metall heißt die entsprechende Kampagne „Mehr Rente – mehr Zukunft“ Und auch im folgenden Zitat finden wir dort das Glaubensbekenntnis für eine zu stärkende betriebliche Altersversorgung:
bAV statt Riester
Der Bremer Ökonom Prof. Dr Winfried Schmähl hat in einem Beitrag zur unsinnigen Subventionierung von Privatvorsorge und betrieblicher Alterssicherung folgende Aussagen gemacht:
„Die Subventionen für Privatvorsorge und betriebliche Alterssicherung könnten bei einem höheren Leistungsniveau der GRV reduziert und sozialpolitisch gezielter eingesetzt werden. Heute profitieren besonders Personen mit höheren Einkommen davon, während zur Finanzierung auch diejenigen beitragen, die die Förderung nicht nutzen. Es ist an der Zeit, die Subventionierung umfassend zu überprüfen, auch die der beitrags- und steuerbefreiten Entgeltumwandlung. Diese trägt übrigens mit zu einer Reduzierung des Leistungsniveaus in der GRV bei und geht im Förderumfang weit über die Subventionierung der Privatvorsorge hinaus, erreicht sie für einen Durchschnittsverdiener bei voller Nutzung immerhin 8%.
Gesamtwirtschaftlich sinnvoller wäre es, einen Teil der Subventionierung von Finanzkapital zur Förderung von Humankapital (so auch zur Weiterqualifizierung Älterer) oder für eine aufgabenadäquate Finanzierung der GRV einzusetzen. Manche liebäugeln auch mit einer obligatorischen privaten oder betrieblichen Vorsorge. Stattdessen sollte die GRV gestärkt werden. Für einen Richtungswechsel ist in der Politik Mut erforderlich, auch um sich gegen einflussreiche Interessengruppen durchzusetzen. Doch wenn man sieht, dass frühere Entscheidungen für einen Großteil der Bevölkerung mehr Schaden als Nutzen stiften, dann sollte man den Mut haben. Es ist noch nicht zu spät, aber höchste Zeit.“ (Beitrag Widi 10-21016-Zeitgespräch)
Ähnlich hatte er bereits 2006 argumentiert.
Professor Schmähl hat Recht: Es führt kein Weg an der Stärkung der Gesetzlichen Rentenversicherung vorbei. Dass die Gewerkschaften dieses schizophrene Spiel betreiben, und die Riesterrente zwar für „gescheitert erklären, im selben Atemzug jedoch eine andere Form der „privaten Vorsorge“ vehement unterstützen, kann nur schwer nachvollzogen werden. Nähe zu den Arbeitgeberverbänden? Nähe zur Versicherungswirtschaft? Nähe zu Andrea Nahles? Unterstützung der „eigenen Produkte“ (Metall-Rente)?Bestechlichkeit von Betriebsräten? Oder von allem ein bisschen etwas? Arbeitnehmerfreundliche Rentenpolitik sähe anders aus!
Die Politik jedenfalls hat schon mal „Nägel mit Köpfen“ gemacht:
Die seit längerem angekündigte Reform der betrieblichen Altersversorgung nimmt Gestalt an. Hier finden Sie eine Kurzübersicht zum Entwurf (Stand 04.11.2016) eines Gesetzes zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze (Betriebsrentenstärkungsgesetz).
Liest man die Einleitung, findet sich unter „C-Alternativen“ folgender Passus:
„Eine höhere Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung wäre auch mit einem gesetzlich obligatorischen Betriebsrentensystem zu erreichen oder auch damit, dass ein alle Arbeitgeber verpflichtendes gesetzliches Options- bzw. Opting-Out-System eingeführt würde. Solche Systeme weisen aber eine höhere Eingriffsintensität für Arbeitgeber wie Beschäftigte auf. Deshalb sollen vordringlich die Möglichkeiten für einen weiteren freiwilligen Ausbau der betrieblichen Altersversorgung ausgeschöpft werden.“
Damit wissen wir, dass wir an einer „verpflichtenden Betriebsrente“ gerade mal so vorbeigeschrammt sind. Bis jetzt.
Lesen Sie die zweiseitige Zusammenfassung
er wichtigsten Regelungen, dann wissen Sie, wo „die Reise hingehen soll“
Fazit:
Es ist höchste Zeit, alle Kräfte zu bündeln, um diesen Unsinn zu verhindern und das durchzusetzen, was die Gewerkschaften vordergründig fordern und hintergründig ad absurdum führen: die Stärkung der Gesetzlichen Rentenversicherung mit allen Mitteln.
Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=35704
Bürgerreporter:in:Ingeborg Steen aus Moormerland |
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