Wie weit ist es her mit dem eigenen (katholischen) Glauben zu Gott?
Die katholische Kirche gibt im Moment Anlass zu fürchterlichen negativen Schlagzeilen. Seit ich denken kann, hat es so etwas in diesem Ausmaß noch nicht gegeben. Viele Menschen überdenken ihre Beziehung zur katholischen Kirche neu und ich höre aus meinem Umfeld verstärkt von Katholiken die Frage: "Möchte ich zu dieser Kirche noch dazugehören?"
Es ist sehr gut, dass diese schrecklichen Dinge endlich ans Tageslicht kommen. Vielleicht trägt auch das heutige „Informationszeitalter“, dazu bei, dass es Menschen hilft, sich zu äußern, die ihr Leben lang darunter gelitten haben. Ja die Leiden waren so schwer, dass sie nicht in der Lage waren den Gesetzesweg sofort zu beschreiten. Aber nicht nur die Kirche trägt Schuld am Schweigen und Vertuschen. Die Gesellschaft in Familie und Umfeld gab damals ebenfalls nicht den Hintergrund, dass diese Menschen auf Hilfe vertrauen konnten. Denken wir doch einmal über den Tellerrand hinaus und schlagen wir nicht nur auf die heutigen Tatsachen ein. Verantwortung zu übernehmen ist auch heute noch keine Stärke. Gerne wird ein Schuldiger gesucht.
Ich sehe große Parallelen zur heutigen Zeit. Auch in der heutigen Gesellschaft wird vieles toleriert. Es wird einfach weggeschaut. Denken wir hier nur an unsere Kinder in jeder Hinsicht. Vieles liegt bei uns auch heute im Argen. Vielleicht kommt ebenfalls in vielen Jahren erst das ganze Ausmaß an Unzulänglichkeiten ans Tageslicht. Vielleicht wird dann wieder der Zeigefinger erhoben und abgeurteilt, über etwas das wiederum zweifelsfrei eine Schuld darstellt, so wie heute. Wir sind auch zukünftig nicht gefeit von solchen Dingen, ob in unserer Gesellschaft, oder in einer unserer Kirchen oder Glaubensrichtungen. Überall wollten und haben sog. Diener Gottes, Menschen ihr Bestes gegeben. Das heißt aber nicht, dass sie keine Fehler machen. Alles über einen Kamm zu scheren, wäre so falsch, wie die Betreffenden nicht zur Rechenschaft zu ziehen.
Es stellt sich die Frage, wie tief und echt haben sich Menschen, auf die Bemühungen der redlichen Gottesdiener, tatsächlich ehrlich auf Gott eingelassen? Haben sie die übermittelte Liebe Gottes und das Gute von ihnen angenommen, oder denken sie heute nur an Fehler die sie begangen haben? Ist ihnen letztendlich Gott so wenig wert, sich im Hintergrund der Fehler dieser Gottesmitarbeiter zu orientieren, und sich aus der Glaubensbahn, die Liebe bedeuten sollte, werfen zu lassen? Wollen sie sich sogar anmaßen Gott selbst dafür verantwortlich zu machen, oder können sie sich die Frage stellen, was Gott, zur Weiterentwicklung der Menschheit , damit bezwecken wollte? Die Wege Gottes sind sonderbar, das ist uns immer wieder klar geworden. Die Kriege der Welt verweisen uns immer wieder darauf. Wie tief ist also unser Glaube zu Gott und die Bereitschaft zur Läuterung der Institution (Diener-Menschen) Kirche Gottes?
Diese Vergehen der früheren Zeit werden nun angeprangert und das ist höchste Zeit. Die katholische Kirche muss sich läutern. Sie muss sich verantworten für Dinge, die „Menschen-Diener“ in ihrem Verbund getan haben. Es tut gut zu wissen, dass nichts unter den Teppich gekehrt werden kann und dass die Bereitschaft angestiegen ist, die Zukunft der Kirche im Sinne der Effektivität für Menschen dazu sein, zu steigern. So schlimm diese vorgefallenen Dinge, die nun mehr und mehr ans Tageslicht kommen auch sind, aber ist es nicht auch eine Chance, den wirklichen Hintergrund und die zu lebende Liebe wieder mehr in den Vordergrund zu rücken, ja zur Anstrengung zu verhelfen, dass alte Muster in der Kirche aufgebrochen werden und vielleicht auch mehr zeitnahes für unsere Gesellschaft getan wird? Wo Menschen sind, da „menschelt“ es und das auch in der katholischen Kirche. „Priester sind Menschen“, sie vertreten die katholische Kirche und wollen und müssen „Gott“ rüberbringen! Das heißt aber nicht, dass sie alles richtig machen. Das heißt nicht, dass wir selbst den Anspruch erheben können, für unseren Glauben die ganze Verantwortung abgeben zu können. Wer Verantwortung für seinen eigenen Glauben übernommen hat und tiefe Liebe zu Gott leben möchte, sieht hier einen deutlichen Unterschied. Die Kirche alleine ist nicht Gott – wir sind es! Die katholische Kirche und der tiefe Glaube und die Liebe zu Gott ist das eine und die Schrecklichkeiten, die durch Menschen/Priester und Verantwortliche für Schutzbefohlene begangen worden sind, sind das andere.
Wo ist der eigene tiefe Glaube? Wie tief und echt ist die Beziehung und das Vertrauen zu Gott jemals gewesen? Ist es schwer sich an Gott direkt zu wenden, wenn seine Vertreter ihren Job nicht richtig machen? Ist es schwer Gott direkt um Hilfe zu bitten, wenn seine Mitarbeiter aus welchem Grunde auch immer sich nicht um die Schafe gekümmert, sondern sie gerissen haben?
Es sind jetzt Menschen gefragt, die einen tiefen Glauben zu „Gott“ haben, nicht mit ihm hadern, sondern sich fragen, warum so etwas in früherer Zeit passieren konnte/musste?
Welche Aufgabe ist für die heutige Zeit, für die Kirche und deren Menschen heute dahinter versteckt? Oberflächlichkeit in vielen Dingen ist auch heute an der Tagesordnung. Es ist an der Zeit etwas für die Kirche und nicht dagegen zu tun. Der Anstoß für die Frage „Wie weit ist es her mit dem eigenen Glauben zu Gott?“ ist sehr groß und nicht erst seit Bekanntwerden dieser Taten. Wenn wir uns durch Zweifel an „Gott und seiner Liebe“ die Wurzeln und den Halt unseres Lebens entziehen lassen, was haben wir gewonnen?
@Andreas aus Niedersachsen
Es werden mind. 90 % aller Missbrauschsfälle in der BRD vertuscht - hier ist die Kirche auch nur "normal". Von den geschätzten 200.000 - 300.000 Missbrauchsfällen pro Jahr in der BRD werden bestenfalls 18.000 angezeigt.
Wobei gerade die letzten Fälle zeigen das man es in der katholischen Kirche anders macht. Die ganze Lawine wurde von den Jesuiten in Berlin angestoßen, die an die Öffentlichkeit gegangen sind und aufgedeckt haben. Ettal zum Beispiel war ähnlich und auch in anderen Schulen ist man von sich aus tätig geworden. Zwar erst nachdem die Lawine los getreten war, aber mancherorts schon auch viele Jahre vorher.
Alleine daran zu sehen das sehr viele Fälle (die meisten?) die wir diskutieren alte Fälle sind wo die Täter längst bestraft wurden und die Fälle schon vor 20 Jahren diskutiert wurden (siehe auch den Fall mit dem wieder eingesetzten Pfarrer in der Diözöse München-Freising).
Nicht ohne Grund gibt es kaum Fälle seit 2002. Das liegt nicht daran das die Katholiken nun alle durchswegs heilig sind, sondern daran das man es besser macht als früher. Das man früher reagiert, das man umgehend mit der Staatsanwaltschaft zusammen arbeitet, das man im Umgang mit Kinder und Jugendlichen anders arbeitet etc...
Und genau das ist das unwahre an der Geschichte. An statt dessen das man zur Kenntnis nimmt das man es besser macht als früher, wird die katholische Kirche dafür von der Öffentlichkeit als Verheimlicher dargestellt die sich nicht an Recht und Gesetz halten. Natürlich wird immer noch verheimlicht - Katholiken sind auch Menschen - aber bei weitem nicht mehr wie früher und wenn es geschieht dann wird sehr hart durchgegriffen.
Nur was lernt man aus dem jetzt? Das es besser ist zu Verheimlichen, denn genau das kann man beobachten. Hätten die Jesuiten in Berlin nur den Mund gehalten ... werden sich viele sagen. Ich kann verstehen das viele nun auf diesen Gedanken kommen.
Denn um die Opfer geht es ja nicht. Würde es um die Opfer gehen, dann würde die Presse auch Fälle aufgreifen die außerhalb der katholischen Kirche passieren und die bekannt werden. Davon gibt es sehr sehr viele. ca. 18000 pro Jahr, ca. 1 Millionen in den letzten 60 Jahren. Das reicht um alle Zeitschriften und Zeitungen der BRD jeden Tag komplett von vorne bis Hinten zu füllen.
PS.: Sorry ... aber ich bin sehr Betroffen über das ganze. Mir gehen die Vorgänge sehr nahe, ich lese viel über das Thema und habe viele Bilder im Kopf die nicht schön sind. Aber noch schlimmer für mich ist es das ich Menschen kenne die Missbrauch erlebt haben und wie viele davon denken Heute darüber nach warum sich niemand Gedanken darüber macht was ihnen zugestoßen ist. Hat man vielleicht doch selber Schuld daran?