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Ist der norwegische Attentäter böse oder geisteskrank? - Ein antiterroristisches Manifest

Ja, die Diskussion ist entbrannt.
Ich überlege, wie ich als Pfarrer dazu Stellung nehme. Ist er einfach nur geisteskrank oder böse? Wie sollte ich die Tat bewerten?
Ich denke an einen meiner Mentoren, damals Klinikseelsorger in Großhadern. Beim Nachdenken über eine Beerdigung stellte er fest, Böses sollten besonders wir Pfarrer auch wirklich als böses benennen.
Wir sollten dieses Böse nicht mit Hilfe der äußeren Umständen entschuldigen oder durch die innere Dispositionen zerreden oder durch irgendwelche Schubladen entschuldigen. Nach dem Motto: "Das war jetzt rechts oder links oder christlich. Oder er ist psychisch gestört und bzw. oder hatte so eine schlimme Kindheit. Er musste das deswegen so tun."
Wenn ich den Attentäter psychisch krank nenne, dann ist er unschuldig. Doch ist er wirklich psychisch krank? Klar hat er ein krudes Weltbild. Doch alles von ihm war bestens geplant und entsprechend zeitgerecht im Internet durch Veröffentlichung seiner Schrift lanciert. Kann das ein psychisch kranker Mensch? Ein Ziel ins Auge fassen, dazu einen komplizierten Plan entwerfen, alles haarklein vorbereiten und dann noch umsetzen mit leider vollsten Erfolg für die Ermordeten, den Verletzten, den für ihr Leben psychisch gezeichneten und deren Angehörigen. Das ist doch der Nachweis, dass der Attentäter im Besitz seiner geistigen Kräfte ist. Ist er nicht als Mörder zu verurteilen?

Gut, dass nicht wie bei 9/11, beim Anschlag auf das World Trade Center irgendwelche Menschen auf den Strassen gejubelt haben, weil sie sich über das Attentat gefreut haben.
Schrecklich fand ich, dass unsere Medien zunächst gleich eine Etikette auf den Bombenanschlag kleben wollte. Es wurde zunächst ein islamistischer Hintergrund vermutet. Schließlich hatte sich der Attentäter ganz stark an seinem eigenen Feindbild orientiert, den vermeintlichen Islamisten, aber es gleich in die islamistische Ecke schieben ohne hinreichende Beweise – das ist nicht in Ordnung. Es fördert nur das Misstrauen und ist eine Bestätigung der Feindbilder. Das sollten die Medien und die Medienstellen der ermittelnden Behörden sich ihrer öffentlichen Verantwortung besser bewusst sein.

Aber am Ende war klar, der Attentäter ist dem rechten Spektrum zuzuordnen. Doch das ist hier nicht das Entscheidende. Klar gibt es verschiedene Formen von Links und von Rechts, aber dieser Anschlag ist einfach böse zu nennen.
Nein, in irgendwelche Schublade werde ich den norwegischen Attentäter nicht packen.
Er nennt sich selbst Kreuzritter, doch was ist daran ritterlich, wenn er wehrlose und unschuldige Menschen angreift, ohne ihnen irgendeine Möglichkeit der Selbstverteidigung zu geben. Ein solcher hinterhältiger Angriff ist feige und böse, wie auch jedes Selbstmordattentat.
Es hat nichts ritterliches.
Und christlich ist es erst recht nicht. Ich kann Jesus Christus, den Menschenfreund, und sein Kreuz kann ich mit dieser Tat nicht in Zusammenhang bringen. Ich sehe Jesus Christus höchstens auf der Seite der Opfer. Auch er wurde durch die Menschen, die Mächtigen und Gewaltigen zu seiner Zeit Jesu für einer Idee (z.B. der Staatsräson oder der Religionspolitik oder der Freiheit anstelle Barnabas) oder als Sündenbock geopfert. Ich sehe Christus auf Seite der Opfer, die hilflos diese Tat über sich ergehen lassen. Auch er ist seinen Schergen hilflos ausgeliefert. Christus leidet mit den Opfern und den Angehörigen. Christus und sein Kreuz kann er nicht zur Legitimation seines Attentates verwenden. Das wäre ja auch was.
Sein Tat hat nichts christliches.

Doch wie kann sich so jemand sich zu der Tat bekennen und sich gleichzeitig als unschuldig bezeichnen? Ist das seine psychische Störung oder hat er diese Aussage auch schon im voraus geplant? Oder denkt er wirklich, wenn er für eine Idee tötet, dann ist diese Tat legitim?

Würde ich denn einen solchen hinterhältigen Anschlag oder irgendwelche andere bösen Taten anders bewerten, wenn er in Namen einer vermeintlich guten Sache ausgeübt wurde? Ich könnte ja in einem verzweifelten Akt auf die lebensfeindlichen Auswirkungen der Atomkraft oder auf die gefährliche weltweite Verbreitung von Atomwaffen hinweisen und dabei weite Landschaften vergiften. Würde meine vermeintlich gute Idee, auf regenerierbare Energiequellen zu setzen oder Atomwaffen ganz abzuschaffen, meine schreckliche böse Tat legitimieren? Hilft es den Eltern, den Familien, der Freunde der Opfer, zu wissen, aus welchen Beweggründen der norwegische Attentäter gehandelt hat?
Es ist egal, welche Etikette ich ihm aufklebe, in welche Schublade ich ihn stecke, sei es Terrorist, Extremist, Kreuzritter, Rechtsradikaler. Er ist ein Mörder. Und er hat nur dem Bösen einem Dienst und sonst nichts und niemandem.

Natürlich sollten die Verantwortlichen in Norwegen und bei uns überlegen, auf welchem Nährboden dieses Böse wachsen konnte. Auch ist es ja die Aufgabe des Christen, dass Böse mit Gutem zu vergelten.
Erstens kommt in verschiedenen Länder rechtes Gedankengut auf, weil bestimmte gesellschaftliche Schichten vom wirtschaftlichen Fortschritt abgehängt werden. Sie kommen nicht mehr. Sie können sich das Leben in ihrer Heimat nicht mehr leisten. Sie finden keine Jobs mehr, mit denen und von denen sie gut leben können. Eine große Unzufriedenheit ist da - vor allem, weil ein gesellschaftlicher Trend seit langem anhält. Die Reichen werden immer reicher und die Armen immer ärmer und immer mehr. Dies ist dann der Nährboden für extrem rechte, fast rechtsradikale oder ganz und gar rechtsradikale Parteien. Sie sehen im Fremden, im Anderen den Sündenbock – im Gastarbeiter, der für weniger Geld arbeitet, in dem, der eben anders ist und zum Teil im Beruf ein Konkurrent. Ein gängiges Feindbild ist der Islamist, weswegen als erstes ein islamistischer Hintergrund vermutet wurde.
Dieser gesellschaftliche Entwicklung muss die Politik mit entsprechenden Struktur-, Steuer- und Bildungsmaßnahmen entgegenwirken. Die eigentliche Wurzel des Problems muss angegangen werden. Die Vermögensverhältnisse dürfen nicht immer extremer werden. Dazu nur ein Zitat: „Dem einkommensstärksten Zehntel der Bevölkerung standen 2007 durchschnittlich 317.000 Euro an individuellem Vermögen zur Verfügung, während der entsprechende Wert für das einkommensschwächste Zehntel nur rund 32.000 Euro betrug.“ (Bericht Bundeszentrale für politische Bildung) Bis 2011 hat sich die Kluft noch weiter aufgetan.

Zweitens hat sich, was viel schlimmer ist, im vergangenen Jahrhundert der Terrorismus mit dem Extremismus gepaart. Der terroristsche Unabomber ist ein fanatischer Naturfreund und Technologiehasser, Breivik ein rechter. Die dschihadistischen Terrorist verfassen keine Manifeste, sondern morden durch Selbstmordattentate oder auf gut Glück verschossene Raketen auf Israel. Die allgemeine staatliche Ächtung von Terrorismus und Terroristen muss sein. Jeder Akt des Terrorismus ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und sollte weltweit von allen Staaten und Staatenverbünden geächtet und entsprechend strafrechtlich und völkerrechtlich verfolgt und geahndet werden. Dabei darf es nicht nur um Einzeltäter oder bestimmte Organisationen gehen, sondern auch um terroristische Regime, die das Menschen des Volkes mit Füßen treten. Es müßte eine weltweites Manifest gegen den Terrorismus, der irrsinnig gesteigherte Form des Krieges. Terrorismus darf kein Mittel in der Politik sein. Menschen sollten nicht jubeln, wenn ein feiger, hinterhältiger, böser Terrorakt geschieht gegen unschuldige und wehrlose Menschen.

Zum einen müsste uns Trauer gegenüber dem Leid und Wut gegenüber den Terroristen befallen und weltweite Solidarität für die Opfer ergreifen.
Zum anderen sollte wir wirklich endlich nachhaltig etwas gegen die Armut weltweit unternehmen, die eigentliche Wurzel des Terrorismus. Wir brauchen mehr Chancengerechtigkeit.

Ja, wie ist es nun? Ist Herr Breivik geisteskrank oder geistig gesund? Trägt er Verantwortung für seine Taten oder ist er psychisch krank? Was meinen Sie?

Und braucht die Welt ein weltweit anerkanntes antiterroristisches Manifest? Wenn sich nachher alle Ideeträger zur Durchsetzung ihrer Positionen terroristischer Methode, dann die Menschheit ganz schnell am Abgrund.

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23 Kommentare

Edgard, das hast du in deinem Kommentar zitiert:

"Wir glauben aber an das Christentum als kulturelle, soziale und moralische Plattform. Das macht uns zu Christen." hat er gesagt, der Killer." vorher hatte er noch gesagt, dass er und seinesgleichen nicht unbedingt eine persönliche Beziehung zu Gott haben.

Und da sehen wir genau das wieder, es ist ein eigen-inzinierter Glaube und hat mit Glauben nichts zu tun. Er glaubt an einen Kulturkreis. Kultur wie ganz vieles andere auch sind nicht unbedingt, nein, sind NICHTs, was auf Gottes Inzinierung gründet, sondern auf Satans. Er ist derjenige, der immer noch diese Welt beherrscht und er beherrscht Individuen. Es steht doch geschrieben, dass falsche Christen und falsche Christusse da sein werden, die ein leicht abgewandeltes Bekenntnis zur Schau tragen. Man kann sie spotten und muss wegen ihrer Ausführungen deshalb nicht die echten verdammen.

"es ist ein eigen-inzinierter Glaube und hat mit Glauben nichts zu tun."

Miriam, JEDER Glaube ist eigen-inszeniert. Jeder glaubt auf seine Weise und nach seinem Verständnis den "richtigen" Glauben zu haben und verurteilt die "Anderen" des Un- oder Falsch-Glaubens mit mehr oder weniger Vehemenz.
Daß dies bei uns nicht durch Mord und ToTschlag passiert wie in anderen Ländern ist sicherlich nicht in erster Linie der Verdienst der Religionen.

Miriam - ich bin sehr sicher daß viele Christen ebenso Deine Interpretation der Christentums ablehnen.. und auch Du bist nicht bereit " in den Schuhen des Anderen zu gehen".

"Kultur wie ganz vieles andere auch sind nicht unbedingt, nein, sind NICHTs, was auf Gottes Inzinierung gründet, sondern auf Satans."
Kultur schlechthin als Teufelswerk zu bezeichnen - das ist schon starker Tobak! Danke daß Du meine Forderung nach strikter Trennung von Staat und Religion so eindrucksvoll unterstreichst.

naja, Edgard, du hast mir ganz offensichtlich nie zugehört. Mein Glaube IST NICHT "eigen-inziniert"!!!!!!
Oder hast du vergessen, was ich erzählt habe?! Meinst du, ich spinne? Zu denen gehöre ich nun nicht. Mir gings eher wie einst dem Paulus.

Das ist eben der grosse Unterschied zwischen uns. Du beurteilst ohne beurteilen zu können und ich, weil ich gezwungen bin, Stellung zu nehmen - aus dem Erleben heraus. Es geht NICHT um "meine" Interpretation. Und dass es genügend Leute gibt, die "diese Interpretation" ablehnen, steht schon in der Bibel. Meinst du, es ist einem der Apostel anders ergangen? Es ist doch völlig egal.
ICH WEISS, dass es sehr Viele und sehr Nachdenkliche gibt, die sich aufgrund dessen, was ich sage, ernsthafter überlegen, womit wir zu tun haben und das es wichtig ist, sich damit auseinanderzusetzen - anders, als wir es traditionell in den sonntäglichen Diensten mitbekommen, denn dort wird nicht gelehrt.
Was übrigens für viele Pfarrer ein Stellbein sein wird.

Kultur ist weiter nichts als Menschenwerk, dass sich, wie alles, sehr leicht in etwas wandeln kann, was der Seele nicht eben förderlich ist. Es ist Ablenkung.
Aber soooo extrem, wie du es hier aufgefasst hast, will ich es nicht darstellen.-
Edgard.

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