... alles doch nur Schwachsinn?
Liebe Freundin, lieber Freund,
ich unterrichte in der Berufsoberschule.
Wir vergleichen die beiden großen Konfessionen miteinander - die Römisch-katholische und die Evangelische Kirche. Es geht um das Eingemachte. Leider nicht um das Eingemachte am Tisch. Die Schülermägen hängen in den Kniekehlen. Vor lauter Hunger geht nur noch wenig - die sechste Stunde, die letzte Stunde vor der Mittagspause eben.
Wer hat da noch Lust auf Religion?
Völlig genervt will Martin die Diskussion beenden. Er plappert nach, was andere ihm vorsagen: “Religion ist doch alles nur Schwachsinn!”
Wer denke nicht so oder so ähnlich vom christlichen Glauben?
Gerade dann, wenn der Magen leer ist: “Erst kommt das Fressen, dann die Moral.” Und - so ergänze ich in Gedanken - die Religion.
Caroline kann sich damit überhaupt nicht abfinden.
Sie fährt ihrem Mitschüler heftig in die Parade: “Das würde ja heißen, dass sich die Menschen erst dann der Religion zuwenden, wenn sie bereits satt und zufrieden sind, wenn sie im Leben bereits alles haben.”
Das erlebt sie eben nicht so.
Leute mit vollem Magen suchen die Religion erst gar, weil sie sich von all dem Konsum ablenken lassen. Sie hetzen in ihrem Leben von Begierde zu Genuss und von Genuss zu Begierde, die Diktatur eines ewigen Kreislaufes.
Im Grunde orientieren sie sich an den Fleischtöpfen, an dem, was ihnen der Markt als wahre Bedürfnisse des Lebens einredet, und führen dabei ein völlig oberflächliches Leben - ohne Sinn, ein schwachsinniges Leben.
Und ich denke mir, Paulus würde sagen ein Leben des Fleisches. Diese Fleischmenschen, so Caroline, sagen dann, der Glaube böten ihnen als einziges nur Vertröstungen. Kein Wunder, dass bei diesen Menschen die Religion schlechte Noten bekommt.
Alles also doch nur Schwachsinn?
Ich sage: “Das Wort Schwachsinn setzt aus zwei Wörtern zusammen: Schwach und Sinn.”
Schon unterstützt mich Caroline: “Eben, Herr Pfarrer Maiwald, der Glaube schenkt uns doch Mut, Zuversicht und Sinn.
Ohne ihren Glaube, sage Ihre Uroma,
hätte sie den zweiten Weltkrieg mit seinem Wahnsinn und seiner Bösartigkeit nicht überlebt. Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf. Ihre Uroma war damals nicht satt und zufrieden, sondern sie war oft am Rande des Wahnsinns, der Verzweiflung und Lebensüberdrusses. Immer wieder wollte sie aufgeben, doch der Glaube und das Gebet hat ihr Kraft geschenkt.
Da meldet sich plötzlich Martin.
Sein jüngerer Bruder sei an Leukämie gestorben. Dieser Bruder sei eben am Ende immer ruhiger und gelassener geworden. Er sei so dankbar gewesen für die Zeit, die ihm geschenkt war.
Gegen Ende strahlte er immer mehr.
Er wußte, er würde in Gottes Hand geborgen sein. Aufgrund unseres Gespräches verstehe er seinen Bruder jetzt besser.
Ich ergänze:
“Gerade für Menschen, die schwach, elend und verzweifelt sind, ist Jesus gekommen. Er fordert sie auf geradezu auf, zu ihm zu kommen, wenn er sagt: Kommt her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid. Ich will Euch erquicken. (Mt. 11,28)
So der Verlauf der Stunde.
Martin hatte uns gerade eben nicht auf den wunden Punkt im Christentum hingewiesen, sondern wir kamen direkt ins Zentrum des Glaubens. Gott lädt uns Menschen ein.
Mit seinem Spruch “Religion ist doch alles nur Schwachsinn.” hatte er also genau ins Schwarze getroffen - gewollt oder ungewollt.
Lassen Sie sich, liebe Freundin, lieber Freund, immer wieder von Gott einladen.
Ich verspreche Ihnen im Namen Gottes, er wird Sie erquicken! Er wird Ihnen Kraft, die Aufgaben und Herausforderungen Ihres Lebens zu meistern.
Ihnen eine behütete Zeit und Gottes guten Geist an Ihrer Seite: Machen Sie es gut!
Ihr Pfarrer Markus Maiwald aus Meitingen
Lieber Roland, es sind immer die eigenen Erfahrungen, die prägen. Im Gegensatz zu Dir, habe ich Repressalien erfahren, die man mit Ausgrenzung bezeichnen könnte. Doch das allein, wäre kein Grund gewesen, für meinen Austritt. Es sind und waren andere Gründe, die mich heute in der kath. Amtskirche -die- Kirche erkennen lassen, die dem Geist der Einheit am meisten im Wege steht.
Außerdem bin ich weit davon entfernt, mir über den Ort der Hölle - wer da hingehört oder nicht hingehört - Gedanken zu machen. Da ich weiß, dass wir alle einmal vor unserem Richter stehen werden.
Wer sich selbst als Sünder erkannt hat und zugegebener Maßen auch immer wieder unter dem Einfluß der Sünde steht, wird auf einem schmerzhaften Weg lernen müssen, sich um sein eigenes Seelenheit beizeiten zu sorgen. Wer dann zu Jesus gehen kann und um seine Vergebungsbereitschaft weiß, darf sich glücklich schätzen.
Nichts für ungut, lieber Roland. Jetzt gehts für mich in die Küche. Ich glaube es ist sowieso besser, wir lassen das jetzt.
Gruß Heidi