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Neue Zahlen zur Stromlücken-Lüge der Atomkraftbefürworter

Raimund Kamm (Vorstand)
FORUM Gemeinsam gegen das Zwischenlager
und für eine verantwortbare Energiepolitik e.V.

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Stromüberschuss auf Rekordhöhe

Neue Handelszahlen widersprechen der Stromlücken-Lüge

Nach jetzt veröffentlichten Zahlen hat Deutschland im ersten Vierteljahr 2010 doppelt so viel Strom exportiert wie importiert. Allein der Ausfuhrüberschuss war größer als die Gesamtproduktion der sieben alten deutschen Atomreaktoren Neckarwestheim I (1976), Biblis A (1974), Biblis B (1976), Brunsbüttel (1976), Isar 1 (1977), Unterweser (1978) und Krümmel (1983).

Deutschland importiert und exportiert schon immer viel Strom. Mal bieten die Österreicher viel Wasserkraftstrom und im Winter kaufen sie Atom- und Kohlestrom von den Nachbarn, meistens suchen die Italiener französischen Atomstrom, der häufig über Deutschland und dann Österreich oder die Schweiz nach Italien fließt und dabei die deutsche Stromhandelsbilanz aufbläht. Und fast immer haben die Deutschen Strom im Überfluss.

Aufschlussreich ist der Saldo von Stromexporten minus Stromimporten. Noch in den 1990er Jahren waren Deutschlands Stromein- und –ausfuhren ausgeglichen. In manchen Jahren ein kleines Plus - z.B. 1992 ein Ausfuhrüberschuss von 5,3 Milliarden Kilowattstunden, auch Terawattstunden, TWh, genannt- und in anderen Jahren ein kleines Minus - z.B. 1995 ein Einfuhrüberschuss von 4,8 TWh.

Mit dem Ausbau der Windkraftwerke, der Biogas- und Photovoltaikanlagen stieg Deutschlands Stromexportüberschuss: Im Jahr 2005 schon 8,5 TWh, 2007 bereits 19,1 TWh und im Jahr 2009 dann 14,3 TWh.

Die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen der Verbände der deutschen Energiewirtschaft hat gerade einen Bericht zum Energieverbrauch im 1. Quartal 2010 veröffentlicht. www.ag-energiebilanzen.de/viewpage.php?idpage=118 . Die Zahlen der AG zeigen für das erste Vierteljahr 2010 Rekordwerte: 9 Milliarden Kilowattstunden, also 9 TWh, wurden importiert und 18 TWh exportiert. Nie zuvor hat Deutschland in nur einem Vierteljahr einen Stromexportüberschuss von 9 TWh erzielt.

Rechnerisch wurde somit die Produktion von sieben großen und besonders gefährlichen alten Atomreaktoren für den Ausfuhrüberschuss exportiert. Diese Zahlen zeigen: Deutschland hat keine Stromlücke sondern einen wachsenden Stromüberschuss. Das Abschalten der Alt-AKW ist aus Sicherheitsgründen und wegen der ungelösten Atommüllentsorgung dringend notwendig! Die aktuellen Handelszahlen zeigen, dass dies nicht einmal die deutsche Stromversorgung beeinträchtigt.

Und wir können es noch viel besser. So weist das Bundesumweltamt darauf hin, dass wir schnell jährlich 110 TWh sparen können allein mit Hochwirkungsgradmotoren mit lastabhängiger Drehzahlreglung, Unterbindung der Leerlaufverluste, Top-Runner-Programm usw. Wenn wir endlich die von den Verschwendungsinteressierten blockierten Effizienzmöglichkeiten nutzen und die Erneuerbaren Energien vernünftig weiter ausbauen, können wir schnell die gefährlichen und ohne Entsorgung laufenden Atomkraftwerke abschalten sowie Zug um Zug auch die klimavergiftenden Kohlekraftwerke stilllegen.

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7 Kommentare

> "Atomkraftwerke und Kohlekraftwerke abschalten? Dann wird auch sein Bildschirm jetzt dunkel"

Richtig ;)

Der nachfolgende Artikel gibt eine der vielen Begründungen für die Notwendigkeit eines beschleunigten Ausstieges aus der Energieerzeugung durch AKWs. *

TAZ 06.08.2010

Der doppelte Atomskandal
STROMPREIS Wie die AKW-Betreiber die Verbraucher mit den Erneuerbaren abzocken - und Laufzeitverlängerungen das Ende der Energiewende sind

BERLIN taz | Im Mai 2009 war es so weit: Die Erneuerbaren Energien lieferten in den Mittagsstunden am Himmelfahrt-Wochenende mehr Strom, als die deutschen Haushalte eigentlich brauchten. Am Pfingstwochenende 2009 wiederholte sich das, und Fronleichnam schon wieder: Dank der Sonnenkraft produzierten die grünen Kraftwerke mehr Strom, als in Deutschland verbraucht wurde.

Dank des weiteren Ausbaus der Erneuerbaren wurden solche Situationen auf dem deutschen Strommarkt 2010 zur Normalität. Das Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (Iwes) hat im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe untersucht, was das für die deutsche Stromwirtschaft bedeutet. "Wir stehen vor einem massiven Zielkonflikt", fasst Iwes-Experte Carsten Pape das Ergebnis zusammen. Die regenerativen Stromproduzenten genießen nämlich einen sogenannten "Einspeise-Vorrang": Decken Wind-, Wasser-, Biomasse-, Solar- oder Geothermie-Kraftwerke den Strombedarf, müssen alle anderen deutschen Kraftwerke abgeschaltet werden - also Kohlekraftwerke genauso wie Gas- oder Atomkraftwerke.

Das allerdings ist technisch gar nicht möglich: Atomreaktoren beispielsweise haben einen technisch komplizierten und deshalb langwierigen An- und Abfahrtsprozess. Selbst wenn die vier Atomkonzerne Deutschlands wollten: Sie haben gar keine Möglichkeit, die juristisch verbriefte Einspeisegarantie der Erneuerbaren umzusetzen. Weil aber im Stromnetz immer nur so viel Strom sein kann, wie von den Verbrauchern auch benötigt, müssen schließlich Windparks abgeschaltet werden.

Wer nun glaubt, dies sei ein Skandal - schließlich wird Atommüll produziert, wo doch zur gleichen Zeit Windräder komplett müllfreien Strom liefern könnten -, der irrt! Der Skandal nämlich ist, dass die Verbraucher dafür doppelt zahlen müssen. Zum Beispiel an Vattenfall im vergangenen Januar. "Im Netz war so viel Strom aus AKWs, dass ganze Windparks im Netzverantwortungsbereich von Vattenfall abgeschaltet werden mussten", erläutert Jürgen Quentin, Jurist bei der DUH. Juristisch gedeckt sei dies durch einen Passus im Energiewirtschaftsgesetz.

Allerdings muss der Netzbetreiber - in diesem Falle Vattenfall - dann den Windparkbetreiber für den nicht produzierten Strom entschädigen. "Und dies machte der Konzern über die Umlage nach Erneuerbare-Energien-Gesetz", so jetzt Quentin. Bedeutet: Die Privathaushalte zahlen doppelt - einmal dafür, dass Vattenfall Atomstrom ins Netz lieferte, ein zweites Mal dafür, dass der Windparkbetreiber keinen Windstrom produzieren konnte und entschädigt werden muss.

Rainer Baake, Chef der Deutschen Umwelthilfe, prognostiziert, dass es immer häufiger zu dieser Form von Kundenabzocke kommen wird: "Das Märchen von der Harmonie der Erneuerbaren mit der Atomkraft ist entlarvt", so Baake. Klar sei, dass die Erneuerbaren noch Zeit brauchen, um zur tragenden Säule der deutschen Energieversorgung zu werden. Baake: "Um die Schwankungen der Regenerativen auszugleichen, brauchen wir deshalb schnell einsetzbare Gaskraftwerke statt solch schwerfälliger Erzeugungssysteme wie Atomreaktoren." Für ihn sei deshalb klar, dass der Tag, an dem Laufzeitenverlängerungen für AKWs beschlossen werden, "das Ende des Einspeisevorrangs für die Erneuerbaren nach sich ziehen muss". NICK REIMER

"Das Märchen von der Harmonie der Erneuerbaren mit der Atomkraft ist entlarvt"

> "Das allerdings ist technisch gar nicht möglich: Atomreaktoren beispielsweise haben einen technisch komplizierten und deshalb langwierigen An- und Abfahrtsprozess."

Das ist doch nichts Neues. Trotzdem müssen diese Wärmekraftwerke da sein und laufen, um die Unregelmäßigkeiten von Wind&Sonne ausgleichen zu können.

> "Um die Schwankungen der Regenerativen auszugleichen, brauchen wir deshalb schnell einsetzbare Gaskraftwerke"

Wenn man keine nuklearen Wärmekraftwerke einsetzen will, dann eben solche Wärmekraftwerke mit fossilem Brennstoff. Welche auch immer - irgendwas muss wegen der Unzuverlässigkeit von Wind&Sonne vorgehalten werden.

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