„Hoi“ deckt die ganze emotionale Bandbreite ab
Seit 1995 stehen „Herr und Frau Braun“ zusammen auf der Kabarettbühne und treten vorwiegend im schwäbischen Raum auf. Hinter den Bühnenfiguren verbergen sich die bürgerlichen Namen Roland Krabbe und Gabriela Koch. Ihre künstlerische Zusammenarbeit begann, als Kabarettist Silvano Tuiach zwei Mitstreiter für seine damalige Kabarettformation „Geisterfahrer“ suchte. Am 25. März 2007 um 19 Uhr geben „Herr und Frau Braun“ mit ihrem Programm „Hoi“ ein Gastspiel im Klostersaal in Thierhaupten. Unser Redakteur Joachim Meyer unterhielt sich mit dem Kabarettduo über den Titel ihres aktuellen Kabarettprogramms, die Funktion von „stillen“ Pointen und die erzieherische Aufgabe des Kabaretts.
myheimat: Herr Braun, Frau Braun, Ihr aktuelles Kabarettprogramm trägt den Titel „Hoi“. Können Sie uns den Bedeutungsgehalt dieses schwäbischen Allzweckwortes erklären?
Herr Braun: Wir haben sehr viel über den Titel des Programms nachgedacht. Zuerst gefiel uns „Rindviehcher aus der Region“ ganz gut. Als wir einmal in einer Kneipe saßen, hörten wir vermehrt das schwäbische Wort „Hoi“. Da haben wir uns angeschaut – das ist es.
Frau Braun: Es ist unglaublich, wie oft dieses Wort im schwäbischen Sprachgebrauch benutzt wird.
myheimat: Welche Bedeutungsunterschiede bestehen zwischen dem kurz gesprochenen und dem lang gezogenen „Hoi“?
Herr Braun: Da liegen in Augsburg emotionale Welten dazwischen: „Hoi“, äußert eine Ehefrau, wenn ihr Mann schon kurz nach Mittag von der Arbeit nach Hause kommt. Wenn er daraufhin sagt: „Ja, mi hamms nausgschmissen“, dann sagts: „Hoiii“. Über die genaue Herkunft des Wortes wissen wir allerdings bis heute nicht Bescheid. Eine hochdeutsche Entsprechung gibt es eigentlich nicht - oder?
myheimat: „Hoi“ hat doch auch das unbestreitbare Potenzial, dem Grauen den Schrecken zu nehmen…
Frau Braun: Ja, genau. Das Wort deckt die ganze emotionale Bandbreite ab. Wir haben in unserem Programm eine Passage, in der Frau Braun am Frühstückstisch aus der Zeitung eine Todesnachricht vorliest: „Da schau her, Ding isch o gstorben“, und Herr Braun nur antwortet: „Hoi“.
myheimat: Kämpfen Sie in gewisser Weise mit Ihren Kabarettprogrammen auch dafür, die dialektale Vielfalt der deutschen Sprache zu erhalten?
Herr Braun: Das ist sicherlich ein Anliegen. Dadurch unterscheiden wir uns auch von anderen Kabarettformationen.
myheimat: Inwieweit denken Sie daran, Ihre Kabarettaktivitäten auf das gesamte Bundesgebiet auszudehnen?
Herr Braun: Das „Haupteinsatzgebiet“ wird die Region Augsburg bleiben. Man muss klar sagen: Augsburg ist ein ziemlich eigenständiges „Biotop“. Die Münchner interessieren sich relativ wenig für das, was in Augsburg passiert. Dasselbe gilt für die Ulmer.
myheimat: Kommen wir zu Ihrem Humorverständnis. Ihr Kollege Bruno Jonas hat in einem Interview einmal die Ansicht vertreten, dass nicht jeder Witz zwangsläufig einen Lacher beim Publikum auslösen muss. Eine gute Pointe darf also durchaus auch mal zu tiefgründig zum Lachen sein? Teilen Sie diese Einschätzung?
Herr Braun: Dieser These kann ich zustimmen. Nicht jeder Witz muss ein brachialer „Schenkelklopfer“ sein. Manche Pointen beziehungsweise „Spitzen“ reizen nicht zum vordergründigen Lachen, sondern eher zum Nachdenken, zum inneren Schmunzeln. Solche „stillen“ Pointen haben auch ihre Berechtigung.
Frau Braun: Und manche Pointen „zünden“ auch mit Verspätung. Das Lachen breitet sich dann nach und nach wie eine Welle aus.
myheimat: Kann Kabarett beim Zuschauer etwas verändern beziehungsweise bewirken oder stillt es in allererster Linie das Bedürfnis der Zuschauer nach Unterhaltung wie Ihr Kollege Frank-Markus Barwasser meint?
Herr Braun: Man darf die Wirkmöglichkeiten des Kabaretts nicht überschätzen. Die Unterhaltung steht schon im Vordergrund. Das schließt aber nicht aus, dass der eine oder andere Zuhörer ein gewisses „Aha-Erlebnis“ hat. Reine Blödelei ohne Inhalt trägt nicht – jedenfalls nicht ein ganzes Programm. Klar, kann man auch mal rumalbern. Der berühmte erhobene Zeigefinger mit Hang zum Moralisieren ist allerdings auch fehl am Platz.
myheimat: Viele Ihrer Comedy-Kollegen arbeiten mit dem Stilmittel „Tabubruch als Selbstzweck“. Klassische Kabarettisten wie Mathias Richling, Frank-Markus Barwasser oder Bruno Jonas kritisieren, dass diese Methode zu einer inhaltlichen Verflachung der Programme beiträgt. Können Sie sich dieser Kritik anschließen?
Herr Braun: Manche Comedians machen es sich in der Tat etwas leicht. Witze über Dieter Bohlen, Verona Feldbusch oder Tatjana Gsell kann ich nicht mehr hören. Man zieht über irgendwelche Promis her, stellt sie bloß und „lebt“ letztendlich doch von ihnen.
Frau Braun: Das ist der Punkt. Die Quintessenz ist doch: Man bietet eine Plattform an und macht die vermeintlichen Promis dadurch noch wichtiger.
Herr Braun: Fairerweise muss man aber auch sagen, dass die so genannten „Schwergewichte“ des politischen Kabaretts wie Hildebrandt oder Polt aus einer „anderen Zeit“ stammen - einer Zeit, die noch wesentlich politischer geprägt war: SPD und CSU – da standen sich noch zwei Welten gegenüber. Wobei - wenn wir auf der Bühne zwei engstirnige Kleinbürger spielen - ist das dann weniger politisch, auch wenn vielleicht kein einziges Mal der Name „Merkel“ fällt?!
myheimat: Wann treten Sie in Thierhaupten auf?
Frau Braun: Wir spielen im Klostersaal in Thierhaupten am Sonntag, den 25. März 2007, um 19 Uhr.
myheimat: Vielen Dank für dieses Gespräch.
myheimat-Team:Joachim Meyer aus Friedberg |
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