Zug der Erinnerung
Montag, der 9. November 2009
Ich stehe auf dem Hannoverschen Hauptbahnhof, Gleis 3 +4 und suche nach einem ganz bestimmten Zug.
Ganz weit draussen, der Bahnsteig ist längst zu Ende, steht er, der "Zug der Erinnerung".
Draussen nasskalter grauer November, drinnen im Zug das nackte kalte Grauen.
Ich hatte vor zu fotografieren, aber wo anfangen und was?Alles? Unmöglich -- ich mache gar keine Aufnahmen, bin zu erschüttert.
Der Zug besteht aus mehreren Waggons, in denen die europäischen Deportationen von fast 1,5 Millionen Kindern und Jugendlichen in die Vernichtungslager der Nazis in beispielhaften Biografien erzählt wird.
Kinder aus jüdischen Familien, aus Familien der Sinti und Roma sowie Kinder, deren Eltern Nazi-Gegner waren.
Kinderfotos an den Wänden aus glücklicheren Tagen, 1. Schultag mit großer Schultüte, lachende Kinder beim Spielen, Klassenfotos und mehr -- ein schockierender Kontrast zu dem, was man ihnen in unsäglich menschenverachtender Weise angetan hat.
Dokumente, Schriftstücke, akribisch aufgelistete Transport-Abrechnungen der Reichsbahn. Eine wahrlich dicke Einnahmequelle!
Die Bilder von Zügen im trostlosen Gleisgewirr, vollgestopfte Viehwaggons, Menschenmassen wecken in mir die Erinnerung an unsere Flucht aus Ostpreußen.
Aber da gibt es einen gravierenden Unterschied: Für uns Flüchtlinge war jedes Transportmittel, eben auch Viehwaggons, die Richtung Westen gingen, eine Hoffnung aufs Überleben - eine Chance.
Diese Chance gab es für die Kinder in den Deportationszügen nicht!
Nun stehe ich wieder draussen im zugigen Abseits dieses Bahnhofsgeländes. Mich fröstelt, aber es ist mehr ein inneres Frösteln. Und zu der Trauer über das einst Geschehene packt mich Wut über die Deutsche Bundesbahn, denn heute wie damals verdient sie wieder kräftig mit an dem Leid, kassiert pro Tag 2.000,-- Euro dafür, dass der "Zug der Erinnerung" da stehen darf, wo er steht - weit abseits auf einem entlegenen Gleis, damit auch nichts und niemand gestört wird?!
Aus der Thora:- Unsere Erlösung liegt in der Erinnerung-
Für alle Interessierten: www.zug-der-erinnerung.eu
@ Verbesserung beim Zug der Erinnerungen, seit einiger Zeit ist der Zug jetzt
seitens der Bahn kostenlos. Vielleicht haben Veränderungen in der Bahnführung, dazu beigetragen.
In Lehrte wurden 2. Filme über die Sache, der Transporte im Kino gezeigt.
Von dem Ortskartell des DGB bekannt gemacht und angeschrieben,
waren beim zweitem Film nur 8. Zuschauer anwesend. (Das "Andere Kino")
Eine Theatervorführung, mit der Ausstellung der Dokumentation,( im Forum.)
der Zwangsarbeiter in Lehrte, durch die Schüler, einiger Schulen,
wurde überwiegend von Schülern, kaum von Älteren und sytomatisch,
von keinem Politiker, besucht, vielleicht auch, da es keine Sitzungsgelder gab.
Die Ausstellung wurde aber sogar in Brüssel gezeigt.
Der vollständige Bericht mit Bildern, befindet sich auf meiner Seite.