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„ ... und sie weint nie wieder!“ Eine Glosse

... Begierig näherte ich mich ihr, begierig darauf, sie schwach zu sehen, ihre Tränen zu sehen und sie vielleicht trösten zu dürfen.
Doch schon von weitem schallte mir ihr freudiges „Hallo Schatz!“ entgegen. „Wie geht’s? Hilfst Du mir ein wenig?“ Ich konnte meine Enttäuschung kaum verbergen und stammelte nur: „J-Ja, gleich.“
Die Szene war gespenstisch. Meine Frau schnitt Zwiebeln. Der sicherste Moment der Woche, sie tränenaufgelöst, sie schwach, sie hilflos zu erleben. Doch sie lachte. War sie etwa immun geworden gegen die Zwiebel-Tränen? Hatte sie Augentropfen entdeckt, die sie gegen den Tränenreiz gefeit sein ließen?
Gerade, als ich ihr, immer noch enttäuscht und ratlos, zu Hilfe eilen wollte, entdeckte ich eine aufgeschlagene Zeitung. Angekreuzt war ein kleiner Artikel, Überschrift: „Keine Tränen beim Zwiebelschneiden“. Ich überflog den Artikel, erfuhr, dass australische und japanische Forscher herausgefunden hätten, dass der Tränen-Reizstoff der Zwiebel durch ein Enzym ausgelöst werde, das man „gentechnisch außer Gefecht setzen“ könne – und mir war klar:
Der technische Fortschritt, er nimmt mir die letzten kleinen Freuden dieser Erde. Widerstrebend half ich ihr beim Anbräunen der Zwiebeln – voll Sehnsucht nach der guten alten Tränenzwiebel. Nun würde ich meine Frau nie wieder schwach erleben – dank „tearless-onions“. Und mir wurde klar:
Wahren Forschritt kann es nur durch Rückschritt geben ...

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6 Kommentare

Wer weiß, vielleicht lacht er ja mit, der Herrgott -
und ärgert sich bei einem Teller Zwiebelsuppe, dass er selbst nicht auf diese geniale Idee gekommen ist? "Nobody is perfect" - und die Evolution hat viel Murx hervorgebracht:

Denk mal an das unnötigste aller Tiere, die Zecke: ein glatter Fehlgriff der Schöpfung, der Evolution - nur die Zecke wird das anders sehen. Aber da steh ich drüber - ich, der Mensch, die erlesene Krone der Schöpfung ...

Roland, Du erzählst ja mir da eine "Horror-Vision"!
Meinst Du vielleicht, meine Frau weint beim Reiben von fränkischen Kren (Meerrettich) zum Sauerbraten auch nicht mehr?
Dann sehe ich ja nie mehr Tränen, so brav bin ich!
Herzlichen Gruß willi

Ach Wilfried,
wenn Du den Kren selbst reibst, siehst Du auch Tränen - Deine eigenen. Aber die kann man natürlich auch "weg-genen"; dann wird's in der Tat eng mit unseren Tränen.
Die Polarität, lieber Dietrich, gepaart mit der Dualität, die sind natürlich immer zu beachten. Wäre die Zecke viel größer, hätte ein Pelzchen und treue blaue Augen (und ein paar andere Sachen müsste man auch noch "weg-genen"), ja dann hätte jeder halt statt einer Katze ein "Zeckchen" zu Hause. Die Ernährung wäre vielleicht ein wenig teuer, aber wenn man bei jeder Blutspende ein wenig abzwackt ...

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