Totensonntag war Schluss

dann wurde Schlittschuh gelaufen

so erinnert sich Georg jedes Jahr an die Totensonntage seiner Kindheit in Ostpreußen, obwohl das zeitlich nicht so ganz stimmte, fügte er hinzu,
es gab zwar Ende November regelmäßig Schnee, manchmal auch recht heftig, doch so kalt, dass die Seen und Teiche so dick zufroren, das man darauf Schlittschuh laufen konnte, war es zu dieser Jahreszeit eher nicht, mehr feuchtkalt, nebelig, so richtig ungemütlich,
eine scherzhafte Wettermeldung aus Ostpreußen, die er vor Jahren irgendwo gehört hätte, träfe es genau, meinte er, sie lautete:

"wejen des starken Nebels war hier kein Wetter zu erkennen nich jewesen"

an einen Herbst wie wir ihn dieses Jahr erleben, mit einem langen wunderschönen Altweibersommer, hätte es in Ostpreußen, soweit er sich erinnern könne, nie gegeben,
das Schmuddelwetter hielt sich meist bis kurz vor Weihnachten, dann kam der Winter, aber richtig

und er zitierte Napoleon, der sich auch einige Zeit in Ostpreußen aufgehalten hatte, als er so oder ähnlich sagte:

"hier gibt es 9 Monate Winter und danach keinen Sommer", was natürlich so auch nicht stimmte

wäre er des ostpreußischen Dialektes mächtig gewesen hätte er wohl gesagt
"sowas kann ich nicht "läiden"
und ahmte nach eigenen Worten einen ostpreußischen Dialekt nach, wobei er das "äi" immer ein bisschen übertrieb

egal, mir gefallen die Worte" Totensonntag war Schluss, dann wurde Schlittschuh gelaufen"

an diesem Tag gehen viele Menschen ganz bewusst auf die Friedhöfe und besuchen die Gräber von Verwandten oder Freunden, und werden vielleicht stärker als sonst daran erinnert, das etwas für immer vorbei ist, Totensonntag und Schluss erklären sich irgendwie,
und danach?
da wird nicht die Trauer erwähnt, sondern eher die Freude auf etwas, was uns die Zeit danach bietet,

"dann wird Schlittschuh gelaufen"

trotz November und "es war einmal" ist das Leben in uns, und man sollte es nutzen

Gerd Szallies