Flohmarkt Warum gehen Menschen zum Flohmarkt, und was ist das eigentlich?

Flohmarkt
Warum gehen Menschen zum Flohmarkt, und was ist das eigentlich?

Also Flohmarkt ist zunächst ein Wort, das für sich allein schon gute Laune schafft.

Rational kann man einen Flohmarkt nicht erklären, gut, man kann sagen, da sind ein paar Leute, die wollen verkaufen, was sie loswerden wollen, mag ja was dran sein, aber das trifft es nicht, überhaupt nicht.

Ein Flohmarkt ist viel mehr.
Zum Flohmarkt geht man weil es schön ist, man sagt sich, mal sehen, ob ich dies oder jenes dort sehe, vielleicht kann ich was gebrauchen, oder vielleicht krieg ich ja genau das, was ich suche, und preiswerter als im Laden, zum Flohmarkt geht man vor oder nach dem Mittagessen, bei Sonnenschein, und sonst auch.

Es gibt eine Erwartungshaltung in uns, gepaart mit einem gewissen Beutetrieb, der einfach Spaß macht, hier kann man wieder Jäger und Sammler sein, und das ganze mit einem inneren Lächeln, so als werfe man uns gleich einen Ball zu, da lächeln Menschen auch auf eine ganz eigene Art, hier vielleicht etwas leiser, einen Parkplatz bekommt man auch, vielleicht nicht gleich anbei, sondern etwas entfernt, aber das macht nichts.

Es ist voll heute, das ist eine reine Feststellung mehr nicht, ärgern darüber?, nein, man taucht ein in den Flohmarkt, mischt sich unter andere Menschen mit Kindern und Kinderwagen, mit und ohne Hund, und schlendert an den Ständen vorbei, bleibt stehen, weil wir etwas bestimmtes sehen, aber niemand stößt uns von hinten an, es gibt kein hastiges Gedränge, man geht freundlich miteinander um, ein wenig in sich gekehrt, es ist eine große Gemeinschaft.

Ein Flohmarkt ist kein Wochenmarkt, kein Pöttemarkt und auch kein Weihnachtsmarkt, oder von allem ein bisschen, aber nicht so ganz. Manche Flohmärkte finden in geschlossenen Räumen statt, manche kosten Eintritt, das würde aber innen mit einer Tasse Kaffee verrechnet, wie man uns versicherte.

Wir bummeln gern über den Flohmarkt, sehen die Auslagen, die Menschen - die vor dem Mittagessen da sind mit Bratwurst - und treffen manchmal Bekannte, die man schon lange nicht gesehen hat, oder kommt mit anderen ins Gespräch, bestimmte Flohmärkte haben ihre Liebhaber, je nach den Erfahrungen, die man so gesammelt hat, auf dem Flohmarkt verliert man sich immer ein wenig aus den Augen, man unterhält sich mit einem Händler, fragt was er denn für dies oder das haben will, derweil geht der andere weiter, kommt zurück und sagt, hast du das gesehen, das hatte Oma auch, oder guck mal, unser altes Album, oder das gestickte Bild, hier: Spitzweg: „Der Blumenfreund“, das gleiche hat meine Mutter gestickt, das hat so viel Arbeit gemacht und hier wird es für 3 Euro angeboten, aber entsetzt darüber ist man nicht wirklich.

Wir haben schon einige Dinge auf dem Flohmarkt gekauft, Tischlampen, ein Schild mit der Aufschrift „Vorsicht, Nachbar passt auf“, Fachliteratur, eine Digitalkamera sogar einen ganzen Computer, beide funktionieren einwandfrei, aber ein bisschen aufpassen muss man auch, das gehört dazu, so nahm ich mal ein Computerteil vom Tisch, und da ich schon ein paar Tage über 60 bin, erklärte mir die freundliche Händlerin, das sei eine Festplatte, das hätte man ihr gesagt, sie selbst habe keine Ahnung, das stimmte, es handelte sich um eine ältere Grafikkarte, was soll‘s.

Ich treffe einen ehemaligen Kollegen, ihm gefällt der Flohmarkt auf einem Parkplatz eines Baumarktes am besten, er hätte dort beim letzten mal drei Einkaufswagen verkauft,…merke: „verkauft“ und sich dort von dem Geld am nächsten Tag eine Gartenbank gekauft, er hat immer so einen skurrilen Humor, ich kannte das schon, und überhaupt ginge er jetzt lieber zum Flohmarkt als zum Pferderennen, da würde er sich immer so aufregen beim wetten, das sei hier schöner, das kann ich nachfühlen, ich war auch mal zum Pferderennen, ich hab auch gewettet, das Pferd hieß „Dorfkaiserin“ und strauchelte gleich beim ersten Hindernis, wir schauten uns mitfühlend an, von ihm erfuhr ich auch, das sich der Kauf eines Gegenstandes hier immer zuerst im Kopf abspiele, das hat er wahrscheinlich irgendwo gelesen, klingt aber gut, wie ich zugeben musste.

An einem Stand wurden Telefone angeboten, neuere, ältere mit Wählscheibe und noch ältere mit Wählscheibe, so eines nahm unser Freund hoch und sagte „So einen Apparat hatten wir früher auch, in weiß, die waren monatlich etwas teurer als die schwarzen“, und fügte hinzu, „da konnte man noch nachts unerkannt seinen Zahnarzt anrufen und ihn nach dem Zahn der Zeit befragen“, und er grinste so, als wüsste er, wovon er sprach.
Auch Lebenserfahrungen werden hier mitgeteilt, so sinnierte eine Verkäuferin, die u. a. Kuchen anbot, „Dauernd höre ich, ist der Kuchen auch frisch“, sie wäre zur Kur gewesen, dort fragte das keiner, da fressen sie alles rein, ich nahm das zu Kenntnis, ich war noch nie zur Kur, aber irgendwie glaubte ich ihr, währenddessen sortiert eine Frau an einem Obststand Äpfel in einen kleinen Korb, einen davon hält sie hoch und lacht, sie ruft ihren Mann dazu, und der lacht auch, beim bezahlen amüsiert sich auch der Standinhaber, es müssen wohl besondere Äpfel gewesen sein, in einem Supermarkt hab ich das noch nicht erlebt.

Ein Händler bietet Armbanduhren an, in mehreren Reihen liegen sie dicht nebeneinander auf dem langen Tisch, alle Zifferblätter auf den Uhren zeigen die gleiche Zeit an….10 vor 2, das soll ein lächelndes Gesicht suggerieren, und das klappt auch.

Vor einem anderen Stand unterhielten sich einige Besucher, während der Standinhaber etwas genervt wirkte, er hatte nichts dagegen, dass ein paar Leute seinen Stand belagerten, wenn sie sich für seine Auslagen interessierten, aber hier ging es bloß um die umstrittene Gesichtsfelderkennung bei Facebook.
Einer aus der Gruppe nahm immer ein Handy vom Tisch und hielt es so, wie der Staatsanwalt bei einer Gerichtsverhandlung im Fernsehen, wenn er den bewussten „stumpfen Gegenstand“ präsentiert, dann legte er es wieder hin.

Man findet nicht immer das, wonach man sucht, so haben wir bislang keine grüne Glaskuppel für unsere Goethelampe gefunden, die beim Versuch sie vorsichtig abzunehmen auf dem Fussboden zerplatzt ist, und sind überhaupt der Meinung, dass gerade Lampenschirme hier kaum vertreten sind, eigentlich erstaunlich bei der sonstigen Vielfalt, das musste mal gesagt werden, aber es ist ja wieder bald irgendwo Flohmarkt, mal sehen.

Die Zeit vergeht wie im Fluge, und irgendwann verlassen die Menschen den Flohmarkt mit oder ohne Schnäppchen, unzufrieden ist eigentlich keiner und sie werden wieder kommen, irgendwo dort, wo ein Flohmarkt ist und wieder mit einem Lächeln auf so eine eigene Art, innerlich, so als werfe man ihnen einen Ball zu, vielleicht etwas leiser.

Also, bis dann,

Gerd Szallies

Bürgerreporter:in:

Gerd Szallies aus Laatzen

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