Einen Platz zum leben, ein Zuhause suchen, oder wiederfinden

und warum der Mond, der uns vor einigen Tagen so nah war, dafür nicht in Frage kommt

über den Mond sind einige Gedanken denkbar, und das bringt uns zunächst die berechtigte Erkenntnis, dass wir ein wenig über ihn wissen, die logische Folge daraus ist, dass wir zugeben, nicht alles zu wissen

und so einiges glauben wir lediglich zu wissen, so nimmt man an, dass es sich bei der jüngst gehörten, zunächst unerklärlichen Weltraummusik um harmlose Radiowellen handelt, die, wenn ich das richtig verstanden habe, ohne Einmischung von außerirdischen Killertomaten entstanden sind,

doch in Sachen Weltraum an sich, in dem wir ja alle leben, bleiben viele Fragen offen,

diese zum Beispiel,

"Weißt du, wie viel Sternlein stehen"

niemand konnte bislang diese Frage beantworten

geschweige denn, wie viel schwarze Löcher es gibt, in die man hineintappen kann

und ob der gute Mond, wie bislang angenommen, wirklich so ganz stille durch die Abendwolken geht, ist wegen besagter Radiowellen inzwischen auch umstritten.
nach wie vor bewahrt unsere große Laterne ein paar Geheimnisse, die im Zusammenhang, mit dem, was wir wissen, dazu führen, dass sich keiner so recht vorstellen kann, dort zu leben

und der Spruch
"ich schieß Dich auf den Mond"
unterstützt diese Ablehnung eher

doch den romantischen Mondschein wollen wir schon, genauso wie den Sonnenschein

klingt ein bisschen wie "wasch mich, aber mach mich nicht nass", ist aber legitim

gleichzeitig stellt sich die Frage, wo und wie Menschen denn gern leben wollen,
fragt man einen Immobilienmakler, worauf die Kundschaft Wert legt, wird er wohl sagen:

wichtig sind 3 Dinge
1. die Lage
2. die Lage
und 3. die Lage

und das ist verständlich, niemand möchte dort hingehen, wo man sich nicht wohlfühlt, genau so möchte niemand bleiben, wo es unerträglich geworden ist,

ich denke jedoch, wenn jemand gehen will, gibt es wohl einen Grund dafür,
das kann leichten Herzens sein,
aus Verzweiflung, weil man resigniert hat,

manchmal gehört eine gehörige Portion Mut, dazu, einen Ort möglicherweise für immer zu verlassen, der uns einmal gefiel, und der jetzt keine Hoffnung mehr bietet, der kein Zuhause mehr ist, an dem schlimme Erlebnisse die schönen Erinnerungen längst verdrängt haben,

die eigene Bequemlichkeit steht bei der Suche nach einer Heimat nicht an erster Stelle, eine ganz wichtige und gute Erkenntnis, das Schlaraffenland ist nie das Ziel, und das hat auch keiner im Angebot,
man will schon anpacken, um sich sein neues Domizil schön zu machen, doch das wollte man zuhause auch

egal, aus welchem Anlass man geht, um sein Glück woanders zu suchen, immer ist ein Abschied von Konsequenzen begleitet, mit denen man nun leben muss

und ich spreche jetzt nicht von den früheren Völkerwanderungen, oder vom aktuellen Flüchtlingsstrom, ich meine den einzelnen, der vor der Entscheidung steht, bleiben oder gehen,

wenn sich die Frage stellt: "was soll ich noch hier", haben uns die aktuellen Umstände die Möglichkeit, bleiben zu können, längst genommen, vielleicht nicht für immer, sondern mit der Option , zurückzukehren, wenn es denn geht, und der Blick zum Horizont den Weg zurück sucht, an den Ort, von dem man meinte, hier hält mich nichts mehr

denkbar ist alles

Vicky Leandros erklärte schon vor ein paar Jahren unmissverständlich, dass sie weg will, aber nicht an einen Ort, der ihr nicht gefällt, so brächten sie beispielsweise keine zehn Pferde auf den Mond

und begründet das auch, wenn sie singt:

"Auf dem Mond, da blühen keine Rosen,
auf dem Mond gibt's keinen Mondenschein,

verständliche Argumente, denn Rosen und Mondschein will sie haben, wie wir alle, aber das gibt aber nur auf der Erde, und da auch nicht überall

und so schnappt sie sich ihren Theo und fährt mit ihm nach Lodge,
um Sonnenschein, Mondschein und Rosen romantisch zu erleben, und, weil sie von der gesunden Landluft die Nase gestrichen voll hat

ob sie mit Theo in Lodge für immer leben möchte, sagt sie nicht

Caterina Valente hingegen zog es nach Lugano, und dort will sie wohl auch bleiben
aus welchem Grund auch immer

weil dort meistens die Sonne lacht?

vielleicht,

und es ist ok, sich ein wenig Sonnenschein in sein Leben zu holen, auf jeden Fall ist es Grund genug, sich für eine Stadt im Tessin zu entscheiden, nämlich Lugano, schon der Name ist Musik

doch wenn es nicht nur darum geht, ein bisschen Sonne zu haben, sondern weil man keinen Sinn mehr darin sieht, zu bleiben, und man sich entschließt, für immer zu gehen, ist wohl das schrecklichste wahr geworden,

nicht immer ist ein Ort gemeint, an dem man nicht leben will, oder nicht mehr leben kann, verständlich kann auch der Wunsch sein:

diesen Weg möchte ich nicht gehen,
oder nicht mehr weitergehen,
oder so nicht mehr weitergehen,
und gemeint ist, weil ich verzweifelt bin,

weil Advent und Weihnachten nur noch eine wehmütige Erinnerung an früher ist,

oder, weil man Stephan Sulke Recht gibt, wenn er in einem Lied meint "Liebe gibt’s nur im Kino"

allen ist gemeinsam, dass es eine Vorstellung von einem Leben gibt, wie es sein sollte, oder wie es einmal war, und woanders wieder sein könnte

die wohl bekannteste Geschichte, in der zwei Menschen auf der Suche nach einer Bleibe sind, zumindest für kurze Zeit, ist die Weihnachtsgeschichte,

und Maria und Josef haben einen Ort sicher nicht verlassen, weil es dort so schön war, und man gehen soll, wenn es am schönsten ist, wie ein sarkastischer Rat empfiehlt,

mindestens genauso schlimm ist es, sich zwischen zwei Möglichkeiten nicht entscheiden zu können, wie es Penny McLean beschreibt in ihrem Lied "zwischen zwei Gefühlen", der deutschen Version von "Torn between two lovers" von Mary MacGregor

wie dem auch sei, es kann auch ganz anders kommen, man hat den Schritt gewagt, ist gegangen, und zunächst ist auch alles wunderbar, doch irgendwann erinnert Dich etwas an zu Haus, nichts besonderes, vielleicht der Duft von Schweinebraten, und man hört ein Lied von Reinhard Mey, in dem er schwärmt:

"Füße unterm Tisch und Braten in der Röhre,
kein Platz auf der Welt, wo ich jetzt lieber wär,
ich schwöre"

und der Duft von all dem lässt Dich nicht mehr los, und eines Tages hast du nur noch einen Wunsch, Du willst zurück an den Ort, wo es das alles gab, und irgendwann gehst Du zurück, setzt dich an einen Tisch und vor Dir steht ein Teller mit Schweinebraten, Klößen und Rotkohl,

und du atmest tief durch, du bist wieder zu Haus und nur noch glücklich

irgendwie sind wir jetzt bei
"es war einmal" angekommen,
und gemeint ist eine Zeit, die wohl jeder von uns kennt, in der alles noch so überschaubar einfach war, eine Zeit, die uns gefiel, und die man wiederhaben will,

oder wie Reinhard Mey in einem anderen Lied meint:

"Ich wünschte, es wär wieder viertel vor sieben, und ich wünschte, ich wäre zu Haus"

doch selbst, wenn dieser Wunsch in Erfüllung geht, es ist etwas anderes, wenn man nach langer Zeit zurückkehrt, und seine kleine Stadt wieder sieht,
weiß Gunther Emmerlich, wenn er singt:

"Nur im Frühling des Lebens wächst am Wegrand der Mohn, nie mehr schmecken die Himbeeren so süß"

aber das liegt nicht an den Himbeeren, es liegt an uns, wenn wir "es war einmal" akzeptieren müssen, und erkennen, dass es ein Zurück wohl nicht geben kann

trotzdem, auch im wiederkommen kann eine Chance liegen
denn auch mit

"es war einmal dass jemand, fortging und wiederkehrte"

fangen Märchen an
und die gehen immer gut aus,
das haben Märchen so an sich,

und die Zeit im Advent, die jetzt beginnt, die Zeit der Hoffnung, ist auch die Zeit der Märchen, in der Wünsche wie im Märchen wahr werden können,

nicht von vornherein
an Märchen muss man glauben, und dazu ist man nie zu alt

mit Geschichten, die entstanden sind, verhält es sich ganz anders,
sie haben ein Eigenleben, man weiß nie, was noch passiert
und das haben Geschichten so an sich,
und mehr erwartet man auch von ihnen nicht

und um noch einmal John Lennon zu bemühen, zumindest in etwa

"Leben ist das, was um Dich herum grad passiert, während Du noch fleißig dabei bist, andere Pläne zu machen"

das ist kein Rat, sondern eher die manchmal schmerzhafte Erkenntnis, nicht das richtige getan zu haben als die Zeit dafür gekommen war, als es darauf ankam, eine wunderbare Chance zu nutzen, die vielleicht einen Abschied erspart hätte, den letztlich keiner gewollt hat, vielleicht ganz einfach mit den Worten:

"Bitte bleib doch"

wer zu spät kommt, den bestraft das Leben, sagte Herr Gorbatschow völlig richtig, wer seine Zeit nicht nutzt, würde ich sagen, dem passiert das gleiche, und so entsteht jetzt eine neue Geschichte,

oder ein Märchen, wenn man erkennt, dass manches nicht unmöglich ist,
lediglich schwer,

und das ist ganz was anderes

Gerd Szallies

Bürgerreporter:in:

Gerd Szallies aus Laatzen

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