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Ein Teich mit Salat

oder: Wollgras für eine kurze Zeit

Es war nach einem der starken Regengüsse vor ein paar Tagen, da stellten wir nach langen zögern fest, unser Gartenteich droht endgültig zu verlanden, und meine Frau sagte

"Jetzt haben wir den Salat",

wir grinsten und erinnerten uns daran, wie er einst entstand, und wie er früher aussah,

es ist schon etliche Jahre her, als er angelegt wurde, und da man hier viele Fehler machen könne, riet uns unser Nachbar, diese durch einen Fachmann machen zu lassen, denn wenn wir da was falsch machten, dann hätten wir den Salat, den Fachmann aber könne man zur Rechenschaft ziehen, und zu unserem Glück hätte er auch einen parat, nämlich seinen Schwager, der wär Gärtner.

Der kam dann auch, und erklärte uns, einen Gartenteich richte man eigentlich im Mai ein, jetzt hätten wir Anfang September, aber das ginge auch noch, und von der Gartenanlage her gesehen und der Harmonie wegen, sollte er eine Wasseroberfläche von 2,50 m mal 3,5 m bei bis zu 1,20 m Tiefe haben, also nicht zu groß und nicht zu klein, das würde gut in die Landschaft passen, wir könnten ihm da vertrauen, er mache das nicht zum ersten Mal, und dafür hätte er ein Auge.

Wir willigten ein, und der Meister legte los, er wählte den Platz aus, und zwar ziemlich nahe vor der Terrasse, damit man ihn von dort aus gut sehen könne, was immer sehr schön sei,

er hob den Boden aus, es entstand ein großer Berg von Erde neben dem Teichloch, die er später geschickt im Garten verteilte, dann schuf er verschiedene Ebenen im Teich, danach kam eine Folie rein, dann die Pflanzen, erst eine Seerose in einem Eimer, dann Fieberklee mit dem etwas wehmütigen Hinweis, den hätte es früher in Ostpreußen in jedem Dorfteich gegeben, und ein Kalmus, der gehöre ganz einfach dazu, wie er sagte, und einiges andere, dann wurde geflutet, dabei stellte sich heraus, dass er den Teich nicht so voll machen konnte, wie geplant, denn unser Garten hat vom hinteren Zaun zur Terrasse hin ein etwa 10 cm starkes Gefälle, so dass der Teich bereits bei dreiviertelvoll überlaufen würde, und zwar voll auf die Terrasse, was nicht so schön sei.

Das fluten wurde eingestellt, der Meister stützte sich auf seine Schaufel, schaute mich an, und sagte:

"Jetzt haben wir den Salat, und die ausgehobene Erde ist auch weg"
"Was ist los?" fragte ich
"Naja" sagte er, dass Sie einen Garten mit Rodelbahn haben, ganz nett im Winter" und fügte hinzu:
"Das hätten Sie mir sagen müssen, jetzt haben wir den Salat"
"Wieso" fragte ich, "wollen Sie hier im Winter mit dem Schlitten runterfahren", "das nicht", meinte er, "aber die Erde hätte ich jetzt gut gebrauchen können, aber jetzt haben wir den Salat",

ich vermied es, sein geschultes Auge zu erwähnen.

Unser Nachbar sagte später, das mit dem Salat sage sein Schwager öfter, auch zu ihm, zuletzt nachdem er in seinem Garten letztes Jahr 9 Dahlien eingesetzt hatte, und im Juli die Schnecken kamen und sie wieder weggefressen hatten, da hat er auch gesagt "Jetzt haben wir den Salat", es wäre wohl so ein typischer Gärtnerspruch.

Wir schauten zu viert auf den Teich, bis der Meister sagte, das er mal nicht so sein wolle, und das ihm ein Einfall eingefallen wäre, er müsse nämlich am nächsten Tag wieder einen Gartenteich einrichten, allerdings einen viel größeren, da würde so viel Erde abfallen, dass er uns davon einen Wall, also eine Art Deich am oberen Ende des Teiches aufpacken könne, sodass dieser dann voll laufen könne, und zwar ohne die Terrasse zu überschwemmen, bis dahin solle er bleiben, wie er ist.

Zwei Tage später kam er wieder, mit mehreren Säcken Erde, zwei großen Eimern, und mit einer Erklärung:

"Das ist die Erde, von der ich gesprochen habe, und eins sage ich Ihnen gleich, die ist etwas lockerer als Ihre Ackerscholle, das macht aber nichts, das vermischt sich mit der Zeit, keine Angst".

Ich hatte keine Angst vor fremder Erde, nie gehabt, erst als er uns so beunruhigend beruhigen wollte, schaute ich etwas skeptisch drein, sagte aber keinen Ton.

Unser Gärtner baute jetzt besagten Wall zwischen Terrasse und Teich, der an beiden Seiten des Teichs bis zur Hälfte abfallend auslief.

Wir konnten nun zwar nicht mehr den ganzen Teich überblicken, wenn wir auf der Terrasse sitzen und das sehr schön finden würden, wir sahen nur noch die hintere Hälfte, doch wenn man vom Garten her darauf blicke, meinte er, wäre das auch immer sehr schön,

dann holte er die beiden Wassereimer, öffnete sie, und sagte "Jetzt hab ich noch eine Überraschung", und wir durften einen verdutzten Blick in die Eimer werfen, er hatte uns 11 Goldfische mitgebracht, und zwar aus seinem eigenen Teich, also keine hoch gezüchteten aus irgendeinem Aquarium, wie er versicherte, sondern diese Fische seien wetterfest, und kennen sich aus im Wurstkessel, er hätte auch noch andere Arten da, aber das seien alles Schwarmfische, und dafür sei unser Teich zu klein.

An Fische hatten wir überhaupt nicht gedacht, schon gar nicht im Schwarm, doch der Meister meinte, Fische müssen rein, schaute mich an und fragte

"Oder wollen Sie die Mücken fressen"?

Das wollte ich nicht, wir waren daher dankbar für den Tipp, auch sehr erfreut und die Fische wurden sanft in ihre neue Heimat entlassen, damit war das Werk vollbracht, und was der Teich jetzt brauche, sei unbedingte Ruhe, das gilt auch für die Fische, sagte er noch zum Abschied.

Beim Weggehen warf er noch einen Blick in Nachbars Garten, und entdeckte dessen zwei Katzen, sagte "Oh Oh" und verabschiedete sich.

Wir freuten uns über unser neues Gartenbild, es wirkte friedlich und beruhigend, den Fischen gefiel es offensichtlich auch, alle waren zufrieden.

Am nächsten Morgen führte unser erster Weg zum Teich, wir zählten die Fische, und stellten fest, es waren nur noch zehn.

Im Laufe des Tages rief ich unseren Gärtner an und teilte ihm mit, das ein Goldfisch die Umsiedlung wohl nicht verkraftet hätte.

"Doch doch" meinte er, "nur habe ich beim weggehen gesehen, dass euer Nachbar Katzen hat,
das hätten Sie mir sagen müssen, jetzt haben wir den Salat, als ich Nachbars Katzen sah, hab ich gleich gesagt "Oh Oh".

um es kurz zu machen, acht Fische haben lange überlebt, waren putzmunter, dann gaben wir sie an einen Bekannten weiter, trotz Mückenwarnung, auch um die Katzen vom Nachbarn nicht unnütz zu reizen.

dann schlug der Teich nochmal zu, und zwar gegen seinen Schöpfer.

es war im nächsten Jahr, im Laufe des Frühlings entwickelte sich ungeahntes Leben an seinem Ufer, und wir trauten unseren Augen nicht, es war Wollgras, an mehreren Stellen auf dem künstlichen Damm blühte Wollgras, ein herrliches Bild, unser Gärtner hatte es offensichtlich und garantiert nicht absichtlich mit der neuen leichten Erde mitgebracht.

Als wir ihm das mitteilten, sagte er "Das hätte er mir sagen müssen"
- wie gesagt, der Mann war Gärtner -

Ich feixte heimlich und dachte nur:
"Jetzt haben wir den Salat"

Der Traum vom Wollgras hielt nur zwei Jahre an, dann hatten sich wohl Ackerscholle und leichte Erde so vermischt, dass kein Wollgras mehr nach wuchs,
vielleicht hat ja auch der Wind den Samen weg getragen, an einen Ort, wo Wollgras heimisch ist, wir jedenfalls konnten es nicht halten,

wir seufzten und müssen uns jetzt gegen die drohende Verlandung was einfallen lassen,

sonst haben wir den Salat.

Gerd Szallies

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13 Kommentare

Danke Andreas

> "erst neulich hat jemand zu mir gesagt "Gerd, du merkst aber auch alles, braucht nur etwas Zeit"

*lach*

"Eine tolle Geschichte" würde man normalerweise sagen > Dies ist aber keine Geschichte, sondern ein ganz toll beschriebener "Tatsachenbericht", wie man ihn sich lebendiger nicht vorstellen kann, so lebensnah, > auch wenn man keine Zeit hätte weiterzulesen.... gibt's nicht.... So spannend, dass man gefesselt ist davon, man nicht aufhören kann zu lesen!
Gruß
Gerhard

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